„Ballermann“ und wertlose UNESCO-Nobilitierung auf Norderney

BUND_Norderney_OZ_03Aug2016

Bildzitat (Screenshot) Ostfriesen Zeitung online, 03. August 2016, https://www.oz-online.de/-news/artikel/210127/Neuer-Titel-fuer-die-Norderneyer-Watt-Welten

Fast jeden Tag kann man neue Etiketten-Propaganda im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ lesen, die aber ohne inhaltlichen Naturschutzwert ist. Am 03. August 2016 ließ sich das BUND-Nationalparkhaus (Watt Welten) auf der Insel Norderney von Umweltminister Stefan Wenzel adeln, mit einer nichtssagenden „Unesco-Zertifizierung“; nun ist das Haus ein „Unesco-Weltnaturerbe-Besucherzentrum“. Wem soll das neue Etikett nützen, nur dem BUND selbst? In der Tat, mit dem neuen Etikett ist auch eine neue Förderung des Hauses verbunden und erhält eine jährliche Förderung von 145.000 Euro,

„Mit der neuen Funktion und der damit verbundenen erhöhten Förderung kann das Informationsangebot auf Norderney erweitert werden: Die Stadt wird vier Vollzeitstellen einsetzen, um den gestiegenen Anforderungen an eine moderne und umfassende Öffentlichkeitsarbeit im UNESCO Weltnaturerbe und Nationalpark Wattenmeer nachzukommen“ heißt es in der Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung vom 03. August 2016 (s.u.). Das Besucherzentrum wird in gemeinsamer Trägerschaft des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, der Stadt Norderney und des BUND-Landesverbandes Niedersachsen betrieben und informiert die Touristen über den Nationalpark, was ohne Zweifel zu begrüßen ist. Es klafft aber ein gewaltiger Unterschied zwischen dem „Naturschutz im Saale“, der in den Nationalparkhäuser dargestellten Watten-Natur, und der Wirklichkeit draußen in der Fläche. Die marode Wirklichkeit wird in den Info-Zentren nicht vermittelt.

Der BUND als windkraftnaher „Umweltverband“ hat eine Positivwerbung dringend nötig, steht er doch seit Jahren in der öffentlichen Kritik wegen seiner Verfilzung mit der Windenergiewirtschaft (siehe auch aktueller Wattenrat-Bericht BUND reagiert auf ARD-Beitrag „Kampf um die Windräder“).

Als vom 27. – 31. Juli 2016 fünf Tage lang die Bässe am Nordstrand der Inseln dröhnten und das „Summertime“-Event mit einem Feuerwerk zu Ende ging, hörte man nichts vom BUND oder der Nationalparkverwaltung, die blind und taub für diese enormen Störungen für Rastvögel und Seehunde sind. Auf Norderney gibt es sogar eine BUND-Gruppe, die ebenfalls zu den lautstarken Störungen schwieg und offensichtlich fest in das Inselsoziotop integriert ist. Die Verflechtungen des BUND mit der Stadt Norderney und dem Umweltministerium – siehe die Fördergelder für das Nationalparkhaus – lassen kritische Stellungnahmen auch gar nicht erst erwarten.

Ais einer riesigen Bühne dröhnten fünf Tage lang enorme Bäse über den Ntionalpark: Foto Wattenrat Ostfriesland

Aus einer riesigen Bühne dröhnten fünf Tage lang enorme Bässe über den Nationalpark:  (hier ein Foto von einem ähnlichen „Event“ vom Nordstrand auf Norderney aus 2015), Foto: (C:) Eilert Voß

Der Strand ist Teil der Erholungszone des Großschutzgebietes Nationalpark, lärmintensive Veranstaltung sind nach dem Nationalparkgesetz auch in dieser Zone verboten. Die Veranstaltung fand unmittelbar außerhalb der Grenzen des Nationalparks statt, die enormen Bässe dröhnten aber weit in Erholungszone hinein.Ob eine Ausnahmegenehmigung (ggf. mit welcher Begründung?) vorliegt, konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht werden.

Norderney selbst vermarktet sich im Internet u.a. so:

„Die Insel ist in gut 45 Minuten vom Festland aus (Norden-Norddeich) mit der Fähre erreichbar. Ebenso verfügt Norderney über einen eigenen Flugplatz. Mit einer Gesamtfläche von 26,29 Quadratkilometern ist die Insel die zweitgrößte ostfriesische Insel. Fast 85 Prozent der Insel gehört zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, welches auf der Weltnaturerbeliste der Unesco steht. Norderney ist die touristisch stärkste ostfriesische Insel. 2010 wurden 3,15 Millionen Übernachtungen gezählt. Seit dem Jahr 2002 konnten die Übernachtungszahlen kontinuierlich gesteigert werden. Mit 43 Prozent hat Norderney die höchste durchschnittliche Bettenauslastung aller ostfriesischen Inseln. Die stärksten Monate sind der Juli und der August mit 650.000 Übernachtungen bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von fast acht Tagen.“

Laut Statistik der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg werden aber erst Häuser ab 10 Betten erfasst, die Übernachtungs- und Gästezahl dürfte damit noch weitaus höher liegen, dazu kommen noch die Scharen der Tagestouristen. Die Wohnbevölkerung auf der Insel Norderney beträgt ca. 6.000 Einwohner. Auch am Beispiel der Inseln Norderney lässt sich belegen, dass dieser Nationalpark mit Hilfe der Nationalparkverwaltung zu einem Spaßpark verkommen ist. Jahrelang wurde z.B. auf der Insel illegal eine Kitesurfschule im Watt betrieben – und schließlich von der Nationalparkverwaltung legalisiert.

Norderney, Riffgat: Kitesurferausbildung im NAtionalpark Nds. Wattenmeer ohne Genehmigung, 2009, heute legalisiert, Foto (C): Eilert Voß)

Norderney, Riffgat: Kitesurferausbildung im Nationalpark Nds. Wattenmeer ohne Genehmigung, 2009, heute legalisiert, Foto (C): Eilert Voß

Es ist wissenschaftlich gut untersucht, welche enormen Auswirkungen Höhenfeuerwerke auf wildlebende Tiere haben können, noch in mehreren Kilometern Abstand kommt es zu Fluchtreaktionen. Die Auswirkungen sind identisch, egal ob das Feuerwerk trickreich wenige Meter außerhalb der Nationalparkgrenzen oder – verbotswidrig – innerhalb des Nationalparks gezündet wird. Der „Südstrandpolder“ auf Norderney, ein Brut- und Rastgebiet, liegt nur 2 Kiliometer vom Ort des Feuerwerks entfernt. Nicht nur Brut- oder Rastvögel reagieren panisch darauf, auch der Tourismus-Werbeträger, der rundköpfige und kulleräugige Seehund, ist von diesem Höllenlärm betroffen. Seehunde führen jetzt Jungtiere. Feuerwerke kommen zu den zahlreichen bestehenden Belastungsfaktoren im Wattenmeer hinzu. Der Wattenrat ist mit seiner Kritik nicht alleine. Dazu eine Stellungnahme des Leiters der Seehundaufzuchtstation in Norddeich, Dr. Peter Lienau:

[…] Segel- und Motorboote, Surfer, Flugzeuge und Watt-Spaziergänger hat Lienau als häufige Störungsquellen ausgemacht. Hinzu kommen unerfahrene Kajakfahrer, die im Juni während der Wurfzeit zu nahe an Seehundbänke und in die Priele fahren. ´Der größte Horror für alle Wildtiere sind Silvester-Feuerwerke mit Knall- und Blitzeffekten´, sagt Lienau. Auch das am Sonntag geplante Feuerwerk auf der Insel Langeoog sei eine massive Störung und lasse sich nicht mit Naturereignissen wie Gewitter vergleichen. […]“

zitiert aus der Online-Zeitung idowa (Isar-Donau-Wald), aus Straubing am 23. Juli 2016, weitab vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Norderney, Foto (C): Eilert Voß

Norderney, Foto (C): Eilert Voß

Dreistigkeit, zusammen mit der Gleichgültigkeit oder gar Dummheit gegenüber wildlebenden Tieren, sind offensichtlich das Markenzeichen des Nordseetourismus geworden, der aber umso stärker mit dem Etikett „Weltnaturerbe“ für noch mehr Touristen wirbt! Deutliche Positionen der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven gegen die störenden sommerlichen Feuerwerke oder lärmintensive Großveranstaltungen sucht man vergebens. Auch die 15 „anerkannten“ Naturschutzverbände von BUND bis NABU in Niedersachsen hüllen sich dazu in Schweigen.

Störungsempfindliche Löffler, Norderney, Foto (C): Eilert Voß

Störungsempfindliche Löffler, Norderney, Foto (C): Eilert Voß

Fachliches Personal gibt es in dieser Nationalparkverwaltung ohne Zweifel, aber es fehlt an Persönlichkeiten! Ein Wechsel in der Nationalparkspitze mit naturschutz- statt propagandaengagierten Mitarbeitern wäre ein Gewinn für das Schutzgebiet.

Nachfolgend diePressemitteilung der Nationalparkverwaltung vom 03.08.2016, die wieder einmal das begrenzte Problembewusstsein des Umweltministers Wenzel (Bündnis90/Die Grünen) zeigt. Weder „versauert“ das Wattenmeer durch „Kohlendioxid“, noch steigt der Meeresspiegel dramatisch an. Der Meeresspiegel der Nordsee steigt seit 12.000 Jahren, seit dem Ende der letzten Kaltzeit, kontinuierlich an, mit derzeit ca. 1,7mm im Jahr oder 17cm im Jahrhundert, der bekannte „säkulare Anstieg“. Die Gefahr „potenzieller Schiffsunfälle“ wird durch die neuen künstlichen Riffe der vielen Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee noch steigen. Vom Artenschwund und dem Massentourismus im Nationalpark sprach der Minister nicht…

Norderney: Nationalpark-Haus wird UNESCO Weltnaturerbe Besucherzentrum

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel war heute zu Gast bei den „Watt Welten“ auf Norderney. Anlass des Besuchs war die Umwidmung des Nationalpark-Hauses in ein UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum. Damit bekommen die „Watt Welten“ eine neue Bedeutung im Sinne der Richtlinie über die Informationseinrichtungen in niedersächsischen Nationalparks und Biosphärenreservaten und erhalten eine jährliche Förderung von 145.000 Euro.

Mit der neuen Funktion und der damit verbundenen erhöhten Förderung kann das Informationsangebot auf Norderney erweitert werden: Die Stadt wird vier Vollzeitstellen einsetzen, um den gestiegenen Anforderungen an eine moderne und umfassende Öffentlichkeitsarbeit im UNESCO Weltnaturerbe und Nationalpark Wattenmeer nachzukommen.

Das künftige UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum auf Norderney sowie die weiteren 15 Nationalpark-Häuser und -Zentren an der Küste und auf den Inseln informieren umfassend über das dynamische Ökosystem des Wattenmeeres, Naturschätze und kulturhistorische Aspekte sowie die damit verbundenen Schutzanstrengungen und sind Lernlabor für viele Besucherinnen und Besucher. Minister Wenzel: „Die Informationszentren und -häuser als Botschafter des Umwelt- und Naturschutzes sind unerlässlich für den Nationalpark. Sie schärfen den Blick für die Lebenszusammenhänge im Wattenmeer und sind Anlaufstelle für alle, die mehr Natur erleben wollen“. Die Einrichtungen werden von den Kommunen betrieben, zumeist in Kooperation mit Umweltverbänden – auf Norderney mit dem Landesverband des BUND.

Das Wattenmeer sei eine einzigartige Naturlandschaft, die weltweit ohne Beispiel ist, sagte Wenzel. „Gerade deshalb müssen wir auch die Bedrohungen im Blick haben: Stickstoffeinträge aus Verkehr und Kraftwerken, die Versauerung des Meerwassers durch Kohlendioxid, Mülleinträge, geplante Rohstoffnutzungen, potenzielle Schiffsunfälle, Schadstoffeinträge von Land und von Schiffen, steigende Meeresspiegel, Flussvertiefungen und die Verklappung von Baggergut. Um dem zu begegnen, müssen wir immer wieder um Bündnispartner ringen, die mit uns diesen Lebensraum für Mensch und Natur schützen.“

Das Niedersächsische Wattenmeer wurde 2009 als UNESCO Weltnaturerbe anerkannt.

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