Wir gratulieren Horst Stern zum 93. Geburtstag

Man-of-war

Willem van de Velde (II): Het Kanonenschot, Rijksmuseum Amsterdam, Foto: Wikipedia

Am 24. Oktober 2015 wurde der Journalist und Publizist Horst Stern 93 Jahre alt. Er ist der Nestor des politischen Naturschutzes, der wortgewaltig und treffsicher viele Missstände in Fernsehfilmen und Zeitungen aufgriff und thematisierte. Bundesweit bekannt wurde er durch die Fernsehserie „Sterns Stunde“. Darüber hinaus machte er sich als Filmautor (z.B. über Spinnen: „Am seidenen Faden“) oder als Buchautor und Literat („So verdient man sich die Sporen“, oder der vielbeachtete Roman über den Stauferkaiser Friederich II. „Mann aus Apulien“) einen Namen.  Stern war als passionierter Segler Herausgeber u.a. der Wassersportzeitschrift „Yacht“ und ab 1980 der Zeitschrift „Natur“. Hier im Holtgaster Koordinierungsbüro war er 1996 zu Gast. Er war damals entsetzt über die vielfältigen zugelassenen Nutzungen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der seit 2009 als „Weltnaturerbe“ touristisch vermarket wird. Horst Stern lebt heute völlig zurückgezogen in Passau. Einige seiner Kolumnen können Sie hier beim Wattenrat nachlesen: Gehen  Sie mit dem Mauszeiger auf die Wattenrat-Startseite,  ganz oben finden Sie den Tab „Horst Stern“; ein Dropdown-Menü zeigt Ihnen mehrere Kolumnen zur Auswahl an.

Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE) hat ihn anlässlich seines Geburtstages gewürdigt. Mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde übernehmen wir deren Text:

Als kürzlich das deutsche Fernsehen einigermaßen fundiert den Blick auf das Verhältnis zwischen Jagd und Ökologie richtete, war es für die älteren Zuschauer ein unverhofftes Wiedersehen mit dem Journalisten Horst Stern, der in den 1970er und 80er Jahren Fernsehgeschichte schrieb. Am Heiligen Abend 1971 präsentierte Stern der Fernsehnation eine schonungslose Reportage über den von Rothirschen ruinierten Wald. Stern führte vor, was ein aus ökologischem Unverstand und des Trophäenkults wegen gehätschelter Wildbestand aus dem deutschen Wald gemacht hatte. Stern verlangte ein Ende des Trophäenkultes, statt den „Boom“ ums prestigeträchtige Geweih mehr „Bumm“, wie Stern es formulierte. Man rette den deutschen Wald ja nicht, indem man „O Tannenbaum“ singt.
Eine Reportage, welche die Jagdlobby als ungeheuren Tabubruch empfand und eine hitzige forstpolitische Debatte auslöste. Alles dies – heute unvorstellbar – zur besten Sendezeit. Der Bildschirm war weniger flach, der Bildungsanspruch öffentlich-rechtlicher Sender (andere gab es nicht) größer und die Programmverantwortlichen von anderem Format. In bis 1979 ausgestrahlten 26 Folgen „Sterns Stunde“ konfrontierte der Journalist eine materiell orientierte Wohlstandsgesellschaft auf eine neuartige und unsentimentale Weise mit des Menschen Verhältnis zu Tier und Natur.
Während sich zur selben Zeit Bernhard Grzimek und Heinz Sielmann auf ihre Weise mit unterhaltsam schönen Bildern aus entlegenen Teilen der Erde an sich derselben Sache verpflichtet fühlten, ging es Stern um die Aufdeckung der ungeschönten Wirklichkeit hierzulande. Sein Konzept brach mit den paradiesischen Aufnahmen aus der Tierwelt der Kollegen. Sterns Stärken: die scharfe Recherche, die unbestechliche gesellschaftskritische Analyse, die präzise, pointierte Sprache und der provokative, politisierende, bisweilen polemische Stil.
Noch zum Ende der 90er Jahre griff Stern als Kolumnist der Wochenzeitungen „Die Woche“ und „Die Zeit“ Missstände an, so etwa in deutschen Nationalparks, die ob ihres unzureichenden Schutzes wegen das Etikett nicht verdienen, das ihnen die Länderregierungen angehängt haben.
Seit Stern hat niemand mehr die Vermarktung der Landschaft und das Elend der Tiere so öffentlich wirksam angeklagt. Sterns Schlussfolgerungen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Sie waren für Politiker, Unternehmer und Konsumenten gleichermaßen unbequem. Seine Kritik galt nicht allein der bloßen Ahnungslosigkeit, sondern zielte auf die hemmungslose Profitgier und damit einen Eckpfeiler der kapitalistischen Gesellschaft – noch bevor das Motiv für die Ausbeutung des Tieres und der Natur mit dem Schlagwort der Globalisierung verschleiert war. Sterns Kritik der Zustände ist aktueller denn je.
Stern begeht im Oktober 2015 den 93. Geburtstag. Stern ist unvergessen – jedenfalls in der EGE. Die meisten der dort tätigen Personen kamen während der Zeit (und wohl auch durch Stern) zum Naturschutz, als Stern ihm Stimme, Gesicht und Gewicht verlieh. Horst Sterns Widerspruchsgeist und Unbestechlichkeit pausen bis heute in der Zeitschrift durch, die er vor mehr als 40 Jahren ins Leben rief: „Nationalpark“. Klicken Sie hier, wenn Sie sich über ein Probeabonnement der Zeitschrift informieren möchten. Der Abonnent bleibt einem Mann verbunden, der mit dem Mut zur Emotion und dem Gewicht einer Feder für die Sache des Naturschutzes mehr erreicht hat als die Vielzahl der heutigen Naturschutzvereinigungen mit Mitgliederzahlen, Personal, Gehältern und Einfluss, die Sterns Wirken ihnen verschafft hat.

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