Niedersachsens rot-grüne Landesregierung hat das Landesjagdgesetz novelliert, es gelten wieder einmal andere Jagdzeiten. Bezogen auf die Wasservogeljagd ist nur die Einstellung der Jagd auf Bläss- und Saatgänse zu begrüßen, das war aber auch schon zu Zeiten der CDU-FDP-Landesregierung bis Dezember 2007 so, erst dann wurde die Gänsejagd vor der Landtagswahl 2008 auf diese beiden Arten wieder ausgeweitet. Die nun beabsichtigte Verkürzung der Jagdzeiten auf Wasservögel (Enten und Gänse) in EU-Vogelschutzgebieten bis zum 30. November (statt vorher bis zum 15. Januar) als „fairen Kompromiss“ zu bezeichnen, ist völlig verfehlt. Die Jagd auf Graugänse ist in den Vogelschutzgebieten bereits ab dem 1. August (bis zum 30. November) erlaubt, also genau mit dem einsetzenden Vogelzug der nichtjagdbaren Watvögel, was zu enormen Störungen in den Vogelschutzgebieten führt. Dieser vorgebliche „Kompromiss“ ist ein fauler: „Kompromisse“ beim Artenschutz gibt es nicht, die Tiere sind nach der Jagd im Ergebnis kompromisslos tot oder verletzt, auch die nicht jagdbare Arten werden weiträumig von ihren Rast-, Nahrungs- und Schlafplätzen durch die Jagd vertrieben, in Vogelschutzgebieten, daran ist auch nichts „ökologisch“! Viele dieser Flächen in EU-Vogelschutzgebieten dürfen von Normalbürgern aus Naturschutzgründen nicht betreten werden, Jäger dürfen darin töten. Der „Kompromiss“ wurde auf den Druck der gut organisierten Freizeitjäger, die die Jagd auf Wasservögel als Hobby betreiben, durchgesetzt. Die Landesjägerschaft in Niedersachsen darf sich „anerkannter Naturschutzverband“ nennen, das ist der eigentliche Skandal!
Landwirtschaftsminister Meyer (Grüne) konnte sich nicht gegen den Koalitionspartner, im Besonderen die SPD-Fraktionsvorsitzende im Niedersächsischen Landtag, Johanne Modder aus dem gänsereichen Rheiderland, durchsetzen, die zusammen mit SPD-Jägern die Gänsejagd in den Schutzgebieten weiterhin unterstützt.
Die Gänsejagd wird also weiter auf den Inseln im Großschutzgebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“ und EU-Vogelschutzgebiet) und in den EU-Vogelschutzgebieten an der Ems ausgeübt werden. Wie die ab 2015 vorgesehene „Intervalljagd“ in den Vogelschutzgebieten im Detail aussehen wird, ist noch unklar. Das Jagdgesetz sieht eine Intervalljagd gar nicht vor. Die Jägerschaft soll dann mit einem „Monitoring“ selbst die Auswirkungen feststellen. Wie dann die Ergebnisse ausfallen werden, lässt sich schon jetzt unschwer erahnen.
Der Wattenrat hatte in den vergangenen Jahren immer wieder auf eklatante Jagdverstöße bei der Wasservogeljagd in Vogelschutzgebieten hingewiesen und diese auch akribisch dokumentiert. Die Jagd wurde z.B. „nach Gehör“ bei Dunkelheit und Nebel und z. Zt. auch ohne gebrauchsfähige Jagdhunde durchgeführt, dabei wurden auch nicht jagdbare Arten verletzt oder getötet; alle Anzeigen verliefen im Sande und wurden eingestellt. Der Wattenrat-Mitarbeiter Eilert Voß, der die Verstöße jahrelang mit der Kamera dokumentierte, wurde hingegen wegen „Jagdstörung“ zu einer Geldstrafe, ersatzweise Haft, verurteilt. Die Freizeitjäger sind wie ein Staat im Staate bis in die Verwaltungsspitzen und die Justiz gut organisiert.
Novellierung der Jagdzeitenverordnung zum 1. Oktober
Minister Meyer: Fairer Kompromiss für Jäger, Landwirte und Naturschützer
Neue Jagdzeitenverordnung tritt morgen in Kraft – Modernes Gänsemanagement
HANNOVER. Grünes Licht für die neue Jagdzeitenverordnung (JZVO) in Niedersachsen: Diese wird nach der erfolgten Abstimmung zwischen Umwelt- und Agrarministerium morgen (Mittwoch, 1. Oktober) wie geplant in Kraft treten. „Uns ist ein fairer Kompromiss zwischen Landwirten, Jägern und Naturschützern gelungen. Dass die Naturschutzverbände stärkere Reduzierungen der Jagdzeiten fordern, die wiederum die Jäger als zu weitgehend kritisieren, ist bei einem solchen Abwägungsprozess normal“, so der Minister. Niedersachsen nehme mit der neuen JZVO die unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung vorgenommene massive Ausweitung der Jagdzeiten insbesondere bei Gänsen in Vogelschutzgebieten zurück und bewege sich in etwa auf dem Niveau der Jagdzeitenverordnung der letzten sozialdemokratischen Regierung 2002.
Eine novellierte Jagdzeitenverordnung war auf den Weg gebracht worden, um die Jagd ökologisch neu auszurichten und mehr an Natur- und Artenschutz zu orientieren. An einer mehrwöchigen Verbandsanhörung hatten sich etwa 30 Interessenvertretungen beteiligt – von Jagd- über Bauern- bis hin zu Umweltverbänden. Deren Stellungnahmen sind teilweise in die neue JZVO eingeflossen. „Wir haben die Positionen, Anregungen und Einwände sehr eingehend geprüft“, sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer. „Wir nehmen Hinweise sehr ernst und haben dementsprechend den ursprünglichen Verordnungsentwurf insbesondere beim Schalenwild noch einmal überarbeitet.“ Die morgen in Kraft tretende Jagdzeitenverordnung regelt insbesondere folgende zwei Bereiche: die Jagd auf Schalenwild sowie die Bejagung wilder Gänse in EU-Vogelschutzgebieten.
Das Schalenwild – dazu gehören unter anderem Rotwild, Damwild und Schwarzwild – darf wie bisher bis zum 31. Januar eines Jahres bejagt werden. Zum Teil sind die Jagdzeiten ausgeweitet worden; für Rehwild und bestimmte Hirscharten ist die Jagdzeit vom 1. September auf den 1. August vorgezogen worden. Bei den Rehböcken wurde die Jagdzeit insgesamt um drei Monate verlängert. Beim Hasen, Dachs und Blässhuhn gibt es hingegen Verkürzungen oder Einschränkungen der Jagdzeit.
Meyer bestätigte seinen Beitrag zum Kompromiss und zur Rücknahme der Verkürzung der Jagdzeit auf Keiler, Bachen, Hirsche und Rehe um zwei Wochen im Januar. „Wenn sowohl Förster als auch Umweltverbände, ökologische und konventionelle Jäger dies einfordern, bin ich der Letzte, der dann ‚nein‘ sagt. Mit dem Zugehen auf die Jägerschaft verbinde ich aber auch die Erwartung, dass die Gesamtjagdzeit besser genutzt wird, um Verbissschäden zu reduzieren und so Wildbestände zu erreichen, die an den Wald angepasst sind.“ Nicht die Gesamtlänge der Jagdzeit sei entscheidend, sondern die effektive Nutzung von Jagdstrategien. „Die bisherigen Statistiken sind in dieser Hinsicht jedenfalls unbefriedigend“, so der Minister. „Demnach hat Deutschland nämlich die längsten Jagdzeiten, aber dennoch die höchsten Wildbestände.“
Die Jagd auf Wildgänse in EU-Vogelschutzgebieten wird ebenfalls erheblich reduziert. Bläss- und Saatgans bekommen auch aus Artenschutzgründen eine ganzjährige Schonzeit, wie von den Umweltverbänden gefordert. In Vogelschutzgebieten wird die Jagd auf Gänse und Enten während der Zugvogelsaison generell auf den 30. November verkürzt. Außerhalb der Vogelschutzgebiete bleibt das Ende der Jagdzeit auf wilde Gänse beim 15. Januar. Damit soll auch eine stärkere Lenkung und modernes Gänsemanagement erfolgen.
Eine Neuerung wird bei der Jagd auf Wildgänse eingeführt. Ab kommendem Jahr soll es eine noch stärkere Differenzierung bei Jagd- und Ruhezonen für Gänse in Vogelschutzgebieten geben. „Dann wollen wir innerhalb der Vogelschutzgebiete das moderne Instrument der Intervalljagd einführen“, sagte Meyer. „In vorher festgelegten Teilgebieten darf dann im Zwei-Wochen-Rhythmus in einer Zone gejagt werden, während in anderen die Gänse Schonung genießen.“