
Das Binnengewässer „Mahlbusen“ in Dornumersiel (gelbe Markierung Bildmitte), angrenzend an den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer– Foto: google earth
Bearbeitet und ergänzt am 15. März 2025
Das Tourismus-Großprojekt „Mahlbusen“ in Dornumersiel/LK Aurich ist tot. Das berichtet u.a. die Nordwest Zeitung aus Oldenburg am 08. März 2025
„DORNUMERSIEL. (IF) Das Mahlbusenprojekt in Dornumersiel ist gescheitert: Viele Jahre wurde das Ziel verfolgt, mit einem sogenannten Indoorhafen ein touristisches Aushängeschild zu schaffen. Damit sollte auch den benachbarten Küstenorten in der Tourismusentwicklung paroli geboten werden. Doch nun steht die eigens dafür gegründete Mahlbusen-Projektentwicklungsgesellschaft mbH (MPEG) vor der Auflösung. Obwohl 15 Jahre lang viel geplant und auch Geld investiert wurde. […]“
Die Mahlbusen-Projektentwicklungsgesellschaft (MPEG)
Die Mahlbusen-Projektentwicklungsgesellschaft wurde 2020 gegründet, um das Vorhaben zu realisieren. Die MPEG ist jeweils zu 50 Prozent eine Tochtergesellschaft der Gemeinde Dornum sowie der Tourismus Dornum GmbH. Laut Berichterstattung in der Nordwest Zeitung vom 15. Juli 2024 habe man „für einige der Gutachten, zum Beispiel die FFH-Verträglichkeitsprüfung, Fördermittel (150.000 Euro) akquirieren können, andere habe man ohne Förderung in Auftrag geben müssen, um voranzukommen.“
Der Mahlbusen ist ein Vorfluter, der das Wasser aus den Entwässerungsgräben des Binnenlandes sammelt. Bei Niedrigwasser der Nordsee wird das Wasser bei Bedarf in das Watt mit einem Sieltor geleitet, aber immer nur in eine Richtung, dass kein Salzwasser eindringen kann. An diesem Gewässer sollte aber nicht nur ein überdachter Indoor-Hafen gebaut werden, auch die Uferbereiche im Touristenort Dornumersiel in der Gemeinde Dornum sollten mit Bars, Restaurants und Ferienwohnungen touristisch aufgewertet und vermarktet werden. Angeblich sei das Projekt an einem Grundstücksverkauf gescheitert. Der Ort hat ca. 450 Einwohner, die touristischen Übernachtungszahlen liegen bei ca. 230.000/a mit einem Angebot von ca. 2700 Gästebetten (Stand 2020).
Gutachten?
Laut „Gutachten“ (wer hat das „passend“ angefertigt?) soll das Projekt „aus naturschutzrechtlichen Gründen“ machbar gewesen sein, im EU-Vogelschutzgebiet V63 „Ostfriesischen Seemarschen von Norden bis Esens“ .
Auf die Unvereinbarkeit des Projekts mit den Natura-2000-Richtlinien (FFH- und Vogelschutzrichtlinie) hat der Wattenrat seit Jahren hingewiesen, die Lokalpresse ignoriert dies bis heute und berichtet darüber nur aus der Sichtweise der Verwaltungen, Poltiker und Projektierer.

Misslungene Ortswerbung: Seezeichen am Ortseingang von Dornumersiel- Bedeutung: Gefahrenstelle, östlich umfahren – Foto (C): Manfred Knake
Wess´Brot ich ess´…
Erfahrungsgemäß singen Gutachter in der Regel das Lied der Projektierer, von denen sie bezahlt werden. Die Öffnung und Anbindung des Mahlbusens an das Watt des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer mit einer Schleuse für den Sportbootverkehr hätte durch die Öffnung ans Meer den Salzgehalt des Gewässers und damit die Süßwasser-Lebensgemeinschaften erheblich verändert und zerstört, die touristische Erschließung zum Dauerstress der dortigen Brut- oder Rastvögel geführt.
Allein die EU-Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie, ebenfalls geltendes Recht in den EU-Mitgliedsstaaten)) spricht gegen das Projekt, es gilt das „Verschlechterungsverbot“ auch in diesem Wasserkörper. Auch darauf hatte der Wattenrat bereits 2019 hingewiesen.
Herr Kopper
Der notorische Herr Kopper als Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft vermarktet seit Jahren den Mahlbusen so: „Der idyllische Speichersee lädt zum Angeln, Tretbootfahren und Spazierengehen ein.“ Dass der Mahlbusen Teil des EU-Vogelschutzgebietes mit Schutzvorschriften ist, erfährt der Dornumersiel-Tourist nicht.
Dafür erfand der Mann ein Hinweisschild, dem staatlichen Schutzgebietsschild nachempfunden, das das Tourismus-Maskottchen „Lenzi“, ebenfalls von Kopper erfunden, am Zugang zum Mahlbusen zeigt. Das Schild musste nach Hinweisen des Wattenrates entfernt werden.

Touristischer Missbrauch staatlicher Schilder: Es gibt kein „Lenzischutzgebiet“ – Foto: Manfred Knake
Allein Koppers enorm teures Disneyland-Projekt mit dem überdachtem Hafen sollte mindestens 35 Millionen Euro kosten („Willkommen in Kägurusiel“), das gesamte Erschließungsprojekt wurde mit 70 Millionen Euro veranschlagt.

Screeenshot/Bildzitat: Quelle: Ostfriesen Zeitung, online, 05. Mai 2012
Von Politikern unterstützt
Es ist zudem bezeichnend, wie sich Politiker wie Karin Emken (SPD,MdL) aus dem Nachbarort Esens, offensichtlich bar aller Kenntnisse des Naturschutzrechts, für die touristische Erschließung des Mahlbusen engagiert haben. Dazu gehören auch die damalige Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz, die, man höre und staune, umweltpolitische Sprecherin und Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landtages (B90/Die Grünen) war, und die amtierende niedersächsische Landwirtschaftsministerin Staudte, ebenfalls Bündnis90/Die Grünen. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), der auch schon Umweltminister war, gehört ebenfalls zu den Unterstützern.

Screenshot/Bildzitat: Facebookeintrag von Karin Emken (SPD,MdL)
Die Player an der Küste sind die Tourismusindustrie, die Windenergiewirtschaft, die Küstenfischerei und die Intensivlandwirtschaft, von der Politik unterstützt und stets zu Lasten des Natur- und des Artenschutzes, obwohl mit einer vorgeblich „prachtvollen Landschaft mit einer einmaligen Biodiversität“ geworben wird.

Der Mahlbusen (Ausschnitt): Hier wurden im Februar 2021 Fakten geschaffen. Ca. 80 gesunde Habitatbäume der Saatkrähe auf ca. 600 m Länge wurden gefällt, dazu unfachmännisch. – Foto: Manfred Knake
Fakten geschaffen: Horstbäume der Saatkrähe gefällt
Kurz nach der Gründung der Mahlbusen-Projektentwicklungsgesellschaft wurden im Februar 2021 am Westufer des Mahlbusens Fakten geschaffen, aber nie geahndet: Auf ca. 600m Länge wurde der Bestand der Weiden mit ca. 80 Horstbäumen der besonders geschützten Saatkrähe von der Sielacht Dornum gefällt, und das noch nicht einmal fachmännisch, mit Unterstützung des Landkreises Aurich und des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Der Leiter der Sielacht, Meene Schmidt, zuständig für die Entwässerung, damals noch Mitglied im Dornumer Rat, wurde 2024 vom Amtsgericht Norden wegen Urkundenfälschung in einem Testamentfälschungsverfahren (inzwischen rechtskräftig) zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft in Aurich stellte das vom Wattenrat initiierte Ermittlungsverfahren gegen die Fällaktion ein, obwohl besonders geschützte Arten betroffen waren und verwies das Verfahren zur Entscheidung zurück an den Mitverursacher, den Landkreis Aurich; dort versandete es. Darüber berichtete damals der „Anzeiger für Harlingerland“ . Der Öffentlichkeit wurde von den Behörden in der Presse weisgemacht, es handele sich um „Dohlen“, nur sind das Höhlenbrüter – und ebenfalls besonders geschützt.
- (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)
§ 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten(1) Es ist verboten, […]- Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören […]
Die Saatkrähenkolonie befand sich außerhalb von bewohnten Bereichen. Nun sind die Vögel „umgezogen“ – in den Nachbarort Dornum und sorgen dort für Verdruss.
Politiker und Behörden als Naturschutzverhinderer
Es ist skandalös, wie im naturschutzfeindlichen Ostfriesland ständig naturschutzrechtliche Vorgaben und das EU-Recht missachtet werden, unter Beteiligung von Politikern und Behörden, die eigentlich für die Umsetzung des EU-Rechts verantwortlich sind. Nur zwei Beispiele: Der „Schwarzbau“ der Umgehungsstraße in Bensersiel/Stadt Esens im damals noch „faktischen Vogelschutzgebiet“ oder 2024 die Europameisterschaft der Friesensportler in Neuharlingersiel im Vogelschutzgebiet V63, und das in der Brutzeit.
Naturschutzverbände? Fehlanzeige!
Von den „großen“ Naturschutzverbänden wie BUND oder NABU hat man bisher nichts Kritisches in den Medien zum Mahlbusenprojekt gehört. Nur das Vorstandsmitglied im BUND Niedersachsen und ehemaliger Hausleiter des Nationalparkshauses Dornumersiel, Uilke van der Meer, äußerte sich in der Presse zustimmend für die touristische Umwandlung des Gewässers und des angrenzenden Uferbereichs. Der „Anzeiger für Harlingerland“ aus Wittmund zitierte ihn am 17. Sept. 2021 so: „Was Uilke van der Meer so fasziniert an dem Projekt, ist die Verbindung von Ökologie mit Ökonomie. ´Es spricht nichts dagegen, wenn Leute Geld verdienen wollen´, sagt der langjährige Leiter des Nationalpark-Hauses in Dornumersiel. Nur müssen für den Naturschützer touristische Vorhaben in Einklang mit der Natur erfolgen.“
Da waren sie wieder, die leeren Wieselwörter „Einklang mit der Natur“ – immer wieder gerne genommen…