In Neuharlingersiel im Landkreis Wittmund wurden in einer Kunstglucke ausgebrütete Rebhühner auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgewildert, ohne führende Altvögel. Die Hühnervögel stammen aus der Feldhuhnstation der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) in Merzen im Landkreis Osnabrück. Dort werden Rebhühner seit 2022 künstlich ausgebrütet. Die Station wird vom Land Niedersachsen mit 800.000 Euro unterstützt. Das Projekt ist auf 5 Jahre angelegt.
Video: https://youtu.be/lPvfjEyGy7Y
Auf der WeSeite der LJN wird über die tatsächlichen Ursachen des dramatischen Rebhuhnrückgangs herumgedruckst: „Mittlerweile ist unbestritten und durch verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen auch belegt, dass das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren diese Bestandsrückgänge hervorgerufen hat. Nicht alle von diesen, wie beispielsweise Krankheitsgeschehen oder klimatische Verhältnisse können beeinflusst werden. Stellschrauben hingegen, die beeinflussbar sind, sind neben dem Lebensraum insbesondere die Prädation.“
Im Landkreis Wittmund gab es laut Landesjagdbericht 2022/23 des LJN keine Rebhuhvorkommen! Die Bestände des Rebhuhns gingen seit den 80er Jahren bundesweit um ca. 90 Prozent zurück.
Die Ursachen liegen hauptsächlich in der Intensivlandwirtschaft: Beseitigung von Hecken, frühe Mahd, intensive Gewässrandstreifenunterhaltung, zu wenig Brachflächen, Verwendung von Pestiziden verbunden mit dem Rückgang von Insekten und Spinnen als Nahrungsgrundlage.
Die Hecken, nicht nur Wallhecken, die Rebhühner als Deckung brauchen, verschwinden hier im LK Wittmund klammheimlich nach und nach, ohne dass Neuanpflanzungen stattfinden oder die Untere Naturschutzbehörde durchaus gesetzlich vorgesehene Ersatzpflanzungen anordnet, ein Vollzugsdefizit im Naturschutz. Die frühere intensive Bejagung ist ein weiterer Grund des Rückgangs.
„Prädatorenmanagement“
Um den ausgesetzten Rebhühnern das Überleben zu erleichtern, wird von der Hobby-Jägerschaft parallel ein „Prädatorenmanagent“ mit Fallen durchgeführt, sprich Füchse und Marder müssen dafür ihr Leben lassen. In früheren Jahren nannte man das in der Jägerschaft weniger euphemistisch „Raubzeugbekämpfung“. Zu fragen ist auch, welchen genetischen Ursprung diese künstlich ausgebrüteten Rebhühner haben. Woher kommen die Rebhuhn-Eier? Und reichen die Landschaftsparzellen, in die die Tiere in die Freiheit entlassen werden, für das Überleben der Vögel aus? Ohne großflächige Biotopverbesserungen hat auch das Rebhuhn keine Chance. Die Landeigentümer und Bewirtschafter sind es, die die Wiederansiedlung des Rebhuhns mit geeigneten Maßnahmen der Lebensraumverbesserung unterstützen könnten. Nur: Die intensive landwirtschaftliche Nutzung wird sich durch die Auswilderung der Vögel nicht ändern.
Hier das Fachliche:
Zitat: „Rebhühner auswildern
Mit gut gemeinten, aber schlecht gemachten Auswilderungen kann man am Restbestand der wildlebenden Rebhühner mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Dazu ein paar wichtige Grundsätze:
Niemals Tiere in eine Landschaft aussetzen, in der sie ausgestorben sind, ohne vorher die Ursachen des Aussterbens zu beseitigen! Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Wer drei, vier Brachen oder Blühflächen vor der Haustür hat, kann auf die Idee kommen, das ist doch ein Lebensraum und es sind keine Rebhühner drin. Also auswildern! Nein, der Lebensraum muss die Kapazität für eine Population haben. Die drei, vier Brachen bieten aber nur Lebensraum für drei Paare und das kann langfristig nicht gut gehen. Bevor man aussetzen will, ist erheblich mehr Aufwand nötig. Niemals irgendwelche Rebhühner unbekannter Herkunft aussetzen! Beim Rebhuhn gibt es mehr lokale genetische Unterschiede als bei anderen Vogelarten (LIUKKONEN-ANTILLA et al. 2002). Diese lokal angepassten Typen können sehr unterschiedlich sein.„ Zitat Ende – Quelle: https://www.rebhuhnschutzprojekt.de/rebhuehner-auswildern.html
Bejagung als als Motivation für den Artenschutz?
Dann noch dies kaum rational Nachvollziehbare vom Institut für Wildtierforschung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Das waren die, die sinnlose Massentötung der Rabenkrähen in Norwegischen Krähenmassenfangfallen zusammen mit der Jägerschaft im Landkreis Leer 2004 durchführten:
„Durch die Erhaltung der Bejagbarkeit des Rebhuhns und die Koppelung dieser an
bestimmte Mindestkriterien sollen die Jäger mit dem Ziel der Bejagung des Reb-
huhns vor Augen motiviert werden, Artenschutzmaßnahmen in der Agrarland-
schaft durchzuführen.“
Tötung als Motivation für den Artenschutz? Wie irre ist das denn?
Zu fragen ist, warum die Bejagung der Rebhühner nicht sofort eingestellt wird. Rebhühner haben in Niedersachsen immer noch vom 16. Sept. bis 30. Nov. Jagdzeit.
Laut Landesjagdbericht der LJN betrug die Jagdstrecke 2022/2023 einschließlich Fallwild in Niedersachsen182 Rebhühner.
Im Nachbarlandkreis Aurich versuchen Hobby-Jäger derzeit mit erheblichen öffentlichen Mitteln, den Steinkauz wieder anzusiedeln, was kaum gelingen kann. Es geht vermutlich bei solchen Projekten auch um die positive öffentliche Selbstdarstellung der Jägerschaft als Artenschützer.