Windkraft Offshore und die negativen Auswirkungen auf Seevögel in „Scientific Reports“

Sterntaucher (Gavia stellata), Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Schon vor Jahren wurde beim Wattenrat über die Auswirkungen von Offshore- bzw. Nearshore-Windparks auf Zugvögel im Allgemeinen und auf Seetaucher (engl. „Loons“) im Speziellen berichtet. Nun kocht das Thema wieder hoch:

In „Scientific Reports“ (2023, 13:4779- Large‑scale effects of offshore wind farms on seabirds of high conservation concern) werden die Auswirkungen der Windenergieanlagen auf die Familie der Seetaucher (Gaviidae), große tauchende Schwimm- und Tauchvögel mit einer Körperlänge von 53 bis 91 Zentimetern und einer Flügelspannweite zwischen 106 und 152 Zentimetern untersucht. Das zeitgeistige Mantra zur vorgeblichen Notwendigkeit „erneubarer“ Energien darf allerdings nicht fehlen:

„Großräumige Auswirkungen von Offshore Windparks auf besonders schützenswerte Seevögel

Seevögel von hohem Naturschutzwert

Die Nordsee ist weltweit ein Schlüsselgebiet für die Errichtung von Offshore-Windparks (OWF). Wir haben Daten aus verschiedenen Quellen analysiert, um die Auswirkungen von OWFs auf Seevögel der Familie Gaviidae (Seetaucher) in der deutschen Nordsee zu quantifizieren. Die Verbreitung und Abundanz von Seetauchern hat sich von der Zeit vor bis zur Zeit nach dem Bau von OWFs erheblich verändert. Die Dichte der Seetaucher war in Entfernungen von bis zu 9-12 km von den OWF-Fußabdrücken deutlich reduziert. Die Abundanz ging innerhalb der OWF + 1 km-Zone um 94 % und innerhalb der OWF + 10 km-Zone um 52 % zurück. Bei der beobachteten Umverteilung handelte es sich um einen großräumigen Effekt, bei dem sich die Vögel innerhalb des Untersuchungsgebiets in großer Entfernung von den OWFs ansammelten. Obwohl erneuerbare Energien in Zukunft einen großen Teil unseres Energiebedarfs decken müssen, ist es notwendig, die Kosten für weniger anpassungsfähige Arten zu minimieren, um eine Verschärfung der Krise der biologischen Vielfalt zu vermeiden.“ (Übersetzt aus dem Englischen mit www.DeepL.com/Translator)

Link zum Online-Text (in English): s41598-023-31601-z

Hier als .pdf-Datei (in English): s41598-023-31601-z

Das Magazin „Der Spiegel“ griff das Thema am 14. April 2023 ebenfalls auf:

Offshore-Windparks gefährden Seetaucher

Windparks in der Nordsee sind wichtig für die Energiegewinnung, doch für Tiere können sie gefährlich sein: Wo Windkraftanlagen stehen, sind laut Forschenden weniger Seetaucher. Das hat auch einen Effekt für andere Orte. […] https://www.spiegel.de/wissenschaft/offshore-windparks-gefaehrden-seetaucher-a-6301aacc-c115-4060-9468-cac9e76f90c5

Untersuchungen zu Vogelkollisionen an Offshore Windkraftanlagen sind nicht neu: Das Projekt „FinoBird 1,2,3″ hat das seit 2003 untersucht: https://www.fino1.de/de/forschung/aktuelle-projekte/zugvoegel-und-windparks.html

Near-Shore-Windpark „Nordergründe“

Bei der Planung des Near-Shore-Windparks „Nordergründe“ in der Außenweser bei Wangerooge, nur ca. 560 Meter vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ entfernt, wäre das dortige Vorkommend der Seetaucher in diesem „faktischen Vogelschutzgebiet“ das K.O.-Kriterium für den Windpark gewesen – hätte man die dortigen bekannten Seetaucherzahlen vom Land Niedersachsen nicht „passend“ heruntergerechnet und das „faktische Vogelschutzgebiet“ einfach ignoriert. Der Umweltverband BUND hatte gegen den Windpark Nordergründe bereits Klage vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg eingelegt, die Klage 2011 aber gegen eine Zahlung des Landes Niedersachsen aus Kompensationsmitteln in Höhe von mehr als 800.000 Euro zurückgezogen. Die Summe erhielt die „Stiftung Naturlandschaft“ des BUND. Heute stehen dort 18 Anlagen, ca. 160 Meter hoch. https://www.wattenrat.de/2011/03/06/bund-fallt-schon-wieder-um-klageverzicht-und-vergleich-bei-wattenmeerwindpark-nordergrunde-schamt-euch/

Dazu auch NDR-Panorama 3 vom 15. März 2012:
Geld statt Widerstand: Wie sich Umweltverbände kaufen lassen:
Panorama_3

Blick von Wremen/LK Cuxhaven über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer Richtung Windpark Nordergründe (18 Anlagen Senvion 6.2M126), Entfernung ca. 30 km – Foto (C): Ingrid Marquardt/Wattenrat Ostfriesland

Der Organisator dieses Deals war der damalige Leitende Ministerialrat Bernd-Karl Hoffmann, Referatsleiter Naturschutz im niedersächsischen Umweltministerium, der in der DDR eine Stasi-Vergangenheit als IM hatte. Beim Wattenrat war er schon auf dem Schirm.

Nord- und Ostsee werden zu Industriegebieten

Es ist ein Skandal, ein Vergehen und die Missachtung aller Bemühungen für die Biodiversität auf See: Nord- und Ostsee werden für eine volatile Energieerzeugung, die noch nicht einmal grundlastfähig ist, zu einem Windkraft-Industriegebiet entwickelt, das nicht nur den Lebensraum für Seetaucher drastisch einschränkt. Ungezählte Zugvögel fanden und werden bei schlechter Sicht den Tod an den Anlagen finden, die Kadaver werden nie gefunden werden. Für Wale bedeutet der hohe Lärm bei den Rammarbeiten für die Fundamente und der Dauerläm im Betrieb ebenfalls eine enorme Beeinträchtigung ihrer Ortungsorgane und ihres Lebensraumes, nicht nur in Europa: An der Ostküste der USA kam es zu einem merkwürdigen Walsterben. Bürgermeister von 12 Gemeinden in New Jersey forderten daher ein Moratorium für den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen vor der US-Küste. Es wird  ein Zusammenhang zwischen dem Windkraftausbau und dem Walsterben vermutet, nj.com berichtete:  https://www.nj.com/news/2023/02/another-dead-whale-washes-up-at-jersey-shore-drawing-worried-crowd.html

Bearbeitet am 17. April 2023

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