Windkraftanlagen auch auf Langeoog und Spiekeroog?

Blick aufs Festland von der Insel Langeoog – Foto (C:) Manfred Knake/Archiv Wattenrat

In den Lokalzeitungen im Nordwesten fallen derzeit die täglichen Überschriften zur Forderung von noch mehr Windkraftanlagen auf Gemeindegrund ins Auge. Hintergrund der neu aufgeflammten Begehrlichkeiten ist das „Wind-an-Land-Gesetz“ der Bundesregierung, verbunden mit dem drastischen Abbau von Naturschutz- und Planungsrecht zur Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren unter Verzicht von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Windkraftanlagen dürfen nun auch in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden. Dazu kommt die Notverordnung der EU, die jetzt auch die Flächen für Windkraftstandorte freischaufeln soll, die früher tabu waren: europäische Vogelschutzgebiete.

Ampel-Kanzler Scholz (SPD) will fünf neue Windräder pro Tag in Deutschland installieren lassen, um das Land bis 2035 „klimaneutral“ zu machen, was immer das bedeuten soll. Deutschland soll damit auch unabhängiger werden von Öl und Gas, so, als ob diese für Wirtschaft, Industrie und Haushalte unverzichtbaren Energieträger durch den launischen Wind ersetzt werden können. Der aktuelle Windenergiewahn hat nun auch Besitz ergriffen von einigen Insulanern auf Langeoog und Spiekeroog in Ostfriesland.

Die Grünen…

Die Grünen (Mitgliederstärke 9) und die Wählergemeinschaft „Union für Langeoog“ auf der Insel sind die  tapferen Ritter des Zeitgeistes: Klima, Klima, Schwurbeleien ohne Ende und vor allem im Glauben fest ideologisch aufgerüstet – große Windkraftanlagen sollen mitten im touristisch beworbenen „Weltnaturerbe“ und Nationalpark Wattenmeer errichtet werden, um die „ganze Insel klimaneutraler“ zu machen und „mit Strom versorgen“. Nur: Dafür müsste die Insel aber zunächst wetterneutral gemacht werden, weil „Klima“ der statistische Wert von dreißig Jahren Wetteraufzeichnung ist, auch auf Langeoog. Aber Versuch macht bekanntlich kluch.

So steht es auf der Web-Seite der Grünen auf Langeoog: https://gruene-wittmund.de/2022/08/13/antrag-der-gruenen-im-langeooger-rat/

„Bärbel Kraus [Vorstandssprecherin der Grünen] ergänzte, dass die erneuerbaren Energien zunächst auch als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden müssen. Die notwendige Transformation zur Treibhausgasneutralität muss daher schnellstens eingeleitet werden.“

Und weiter geht es hier:

https://gruene-wittmund.de/2022/09/19/viola-von-cramon-mitglied-der-gruenen-fraktion-im-europaeischen-parlament-auf-langeoog/

Wird nun auch das Atmen auf der Insel eingestellt? Immerhin wird dabei CO2 ausgestoßen, und das auch von vielen tausend Inseltouristen.

Man schwätzt tatsächlich von „Treibhausgasneutralität und Energiesouveränität“ auf der Insel, „Energiesouveränität“ kann es ohne Backup-Kraftwerke (fossile oder Atomkraftwerke) wegen der schwankenden, nicht bedarfsgerechten Wind-Einspeisung gar nicht geben. Das haben schon andere Kommunen vergeblich versucht, es hat sich bis zu den Grünen aber noch nicht herumgesprochen.

Und dann noch etwas Verwirrtes von der Langeooger-Grünenvorstandssprecherin bei Facebook  (08. Februar 2023) https://www.facebook.com/GrueneKVWittmund

„Bärbel Kraus
Grüne vor Ort💚
Global denken  – Lokal handeln🌻
Es ist jetzt mehr als offensichtlich, dass wir nun wirklich handeln müssen…..die Energiekrise und die Klimaschutzziele fordern uns dazu unmissverständlich auf👍 Es darf auf Langeoog nicht noch dunkler werden, als es des Nachts nach der Reduzierung der Ortsbeleuchtung ohnehin jetzt schon ist.“

Windkraftanlagen also zur Aufrechterhaltung der nächtlichen Ortsbeleuchtung – wenn der Wind weht, garniert mit „Energiekrise“ (von wem verursacht?) und „Klimaschutzziel“ (welches?)? Ja, nachts ist es nicht nur dunkel, sondern auch kälter als draußen, sogar auf Langeoog.

„Bärbel Kraus, Michael Recktenwald (parteilos) und Jan Martin Janssen stellten den Antrag, im Natur-, Umwelt- und Landschaftsausschuss [sic!] auch über größere Anlagen zu sprechen, um die Insel klimaneutraler zu machen und auch hier die Klimaziele zu erreichen. Land und Bund hätten entsprechende Initiativen mit Fördermöglichkeiten auf den Weg gebracht. Mit Windkraft könne man dann nicht nur die Abwasserreinigungsanlage, sondern die ganze Insel mit Strom versorgen“, schreibt die Lokalzeitung Anzeiger für Harlingerland aus Wittmund am 09. Februar 2023.

Global reden, banal denken, fatal handeln

Oder: global reden, banal denken, fatal handeln. Wie sagte doch schon Asterix: „Die spinnen, die Insulaner!“ (Oder so ähnlich). Einer der Hardcore-Windkraftreiber, der „große Windkraftanlagen“ auf Langeoog sehen will, ist der klimabewegte Gastronom Recktenwald, den wir, zusammen mit seiner seelenverwandten grünen Bundestagsabgeordneten, schon 2018 auf dem Schirm hatten: Klima und Meeresspiegel: „Grüner“ Besuch auf Langoog – viel heiße Luft

Und nun auch noch Spiekeroog

Banal denkt man und fatal handeln wollen auch die Klimabewegten auf der Nachbarinsel Spiekeroog. Die Akteure: der Schulleiter der Hermann-Lietz-Schule, FlorianFock, und Inselbürgermeister Patrick Köster. Das Gelände der Schule liegt kleinflächig als nationalparkfreie Enklave mitten im Nationalpark Wattenmeer. Am 11. Februar 2023 zogen diese Insulaner in der Lokalzeitung nach: „Den Wind nutzen, um Energie zu erzeugen. Das passt in das Nachhaltigkeitskonzept der Hermann-Lietz-Schule auf Spiekeroog. Und deswegen steht auch seit dem Jahr 1995 eine Windkraftanlage auf dem Internatsgelände, um die Schule mit dem nötigen Strom zu versorgen – noch. Denn das Windrad hat nur noch eine technische Restlebensdauer bis 2028. Und dann? Abbauen und woanders grüne oder im schlimmsten Fall fossile Energie beziehen? Kein alternativloser Abbau gewünscht.“

Es stellt sich die Frage, wie ein Schulleiter mit einem Bildungsauftrag öffentlich solche Flachheiten absondern kann, nicht zum ersten Mal. Es beginnt mit dem „Nachhaltigkeits“-Geschwurbel, setzt sich fort mit der vorgeblichen „Versorgung“ der Schule und der Gemeinde mit Windstrom.

Der ersatzlose Abbau dieser Anlage (Vestas V27/225, Nennleistung 225 kW ab Windgeschwindigkeit 14m/sec, entspr. Windstärken 6-7 Beaufort, Rotordurchmesser 27 m, installierter Batteriepuffer mit ca. 2 Stunden Verfügbarkeit) beim Ende ihrer Lebensdauer mitten in einem Gebiet, das von der Fremdenverkehrswirtschaft als „Weltnaturerbe“ vermarktet wird, wäre das Gebot der Stunde, ist aber für den zitierten Inselbürgermeister Kösters laut Zeitungsbeitrag „politisch nicht vermittelbar“. Der gleichgesinnte Schulleiter Fock fragt: „Abbauen und woanders grüne oder im schlimmsten Fall fossile Energie beziehen?“ Woher bezieht den Spiekeroog denn bis heute seinen verlässlich gelieferten Strom? Aus dem Netzverbund von Kohle, Gas- und Atomkaftwerken, und aus Wind- und Solaranlagen, wenn der Wind ausreichend weht oder die Sonne scheint! Auch hundert Windkraftanlagen auf der Insel würde keine Unabhängigkeit vom Strom aus Wärmekraftwerken bringen, weil auch auf einer Insel der Wind nicht beständig weht.

Die garantierte Einspeisevergütung

Wie kann ein Schulleiter allen Ernstes eine größere Windkraftanlage auf der Insel in einem Durchzugsgebiet des ostatlantischen Vogelzugs und in einem europäischen Vogelschutzgebiet bei der Nationalparkverwaltung fordern? Hat das etwas mit derzeitigen Klimaideologie zu tun? Oder geht es um die garantierte Einspeisevergütung für Windstrom, also ums Geld, das der Steuerzahler zahlt? Warum wurde damals die nun abgängige Anlage (für die es keine Förderung mehr aus dem Erneuerbare Energien Gesetz gibt!) hart an der Grenze des Nationalparks vom Landkreis Wittmund genehmigt, wurden damals überhaupt die vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt oder wurde wieder einmal einfach durchgewunken, wie es beim Repowering des Windparks Utgast auf dem gegenüberliegenden Festland der Fall war?

Jeder kann sich aus öffentlichen Quellen über die Auslastung und Verfügbarkeit des Windstromes informieren, kann der Schulleiter das nicht?: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiewende-nur-wenig-windstrom-ist-jederzeit-verfuegbar/23117568.html

Der Naturschutzverband (?) BUND

Ganz nebenbei: Die Geschäftsführerin des Nationalpark-Infohauses auf Spiekeroog ist die Ehefrau des Schulleiters, da ist der Draht zur Nationalparkverwaltung wohl sehr heiß und kurz.
https://www.nationalparkhaus-wittbuelten.de/de/ausstellung/mitarbeiter.html

Das Netztwerk sieht dann so aus: „Das Nationalpark-Haus wird in freier Trägerschaft geleitet. Gesellschafter der gemeinnützigen GmbH sind zu unterschiedlichen Anteilen die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog, die Universität Oldenburg, der BUND Landesverband Niedersachen, die Gemeinde Spiekeroog und die Spiekerooger Kurverwaltung.“ https://www.nationalparkhaus-wittbuelten.de/de/ausstellung/netzwerk.html

Der BUND als Naturschutzverband ist sehr windkraftaffin, und wollte die „Erneuerbaren Energien“ schon 2019 „entfesseln“: https://www.wattenrat.de/2019/05/25/bund-vorsitzender-prof-hubert-weiger-will-ausbau-der-erneuerbaren-energien-entfesseln/

Daten der Stromeinspeisung nach dem „Agorameter“ der Agora-Energiewende vom 03. bis zum 6. Februar 2023: Wellenlinie hellblau Windenergie onshore, Wellenlinie dunkelblau (ganz unten) Windenergie offshore, gelb Solarenergie, lila konventionelle Kraftwerke, rote Linie: Stromverbrauch. Nach den windreichen Tagen Anfang Februar fiel die Stromeinspeisung durch Windkraft drastisch ab. Quelle: Agorameter, https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/03.02.2023/06.02.2023/today/

Auslastung und Ganglinien, ein Fremdwort?

Die Auslastung von Windkraftanlagen an der Küste liegt bei ca. 25 Prozent; was auf den Anlagen an Nennleistung draufsteht, kommt als tatsächliche Arbeitsleistung nicht heraus, eine Binse, vermutlich nicht aber für den Schulleiter und den Inselbürgermeister. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/10/PD21_N062_41.html

Hat sich der Schulleiter jemals eine Ganglinie über die tatsächliche Einspeisung des Windstromes im Vergleich zur „Last“ des tatsächlich benötigten Stromes angesehen? Dort könnte er leicht die „flatternde“ Einspeisung des Windstromes ablesen, bei Windstille und Schwachwind null Einspeisung, und das kann bei stabilen Hochdruckwetterlagen Tage oder Wochen dauern, und dennoch kommt dann auch auf Langeoog oder Spiekeroog Strom aus der Steckdose. https://www.google.com/search?q=ganglinie+windstrom&client=firefox-b-d&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=2ahUKEwisv7vdo439AhXRsKQKHeitANQQ_AUoAXoECAEQAw&biw=1859&bih=873

Warum die Windenergie wohl Windenergie heißt? Es ist zu befürchten, dass der Schulleiter in seinem insularen Umfeld womöglich klimaideologisch so gefestigt ist, dass er diese Realitäten nicht wahrnimmt – oder schlimmer noch, nicht wahrnehmen will, das nennt man dann wohl Faktenresistenz – bei der der Naturschutz in diesem europäischen Vogelschutzgebiet leicht unters Windrad kommen kann. Es ist wie im Mittelalter, als man verbissen die Erde als Scheibe beschrieb.

Und eine Frage zum Schluss: Sollte man als Eltern sein Kind auf eine Internatsschule schicken, auf der mit zeitgeistiger Energie-Indoktrination statt mit Wissensvermittlung zu rechnen ist? Siehe oben.

Bearbeitet am 15. Febr. 2023

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