Die von „unseren“ Politikern selbst verschuldete Energiekrise mit dem Boykott des russischen Erdgases, das immer noch durch den intakten B-Strang der sabotierten Nordstream-2-Pipeline fließen könnte, treibt seltsame Blüten: Patrick Kösters, Inselbürgermeister von Spiekeroog, will im Falle eines Blackouts oder bei begrenzten Stromsperren („Brownout“) keine Wärmestuben auf der Insel einrichten lassen. Er favorisiert das Wir-Gefühl der Insulaner.
„In der Not rücken wir zusammen“ wird er in der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ aus Wittmund zitiert. Seine Verwaltung hat die Insulaner dazu aufgerufen sich dann zu melden, wenn ein Kamin im Wohnhaus vorhanden ist: „Auf Spiekeroog stehen 40 Häuser mit einem Kamin, die im Falle eines Blackouts alle 700 Bürgerinnen und Bürger beherbergen könnten.“ Könnten! Seine eigentliche löblichen Absichten haben aber einige Schwächen. Was er nicht gesagt hat: Wie bringt man 700 Einwohner bei einem längerfristigen Strom- und Heizungsausfall in 40 Häusern unter? Das wären rechnerisch 17 und eine halbe Person pro Haus, die dann auch noch Kerzen mitbringen, sich Toiletten („Klopapier ist alle, die Spülung geht nicht“) und Duschen teilen müssten, wenn Duschen und Toiletten überhaupt nutzbar wären. Trinkwasser bezieht die Insel aus einer Süßwasserlinse unter den Dünen, nur wie käme es bei einem Blackout ohne Pumpenstrom in die Häuser? Wie würden die hoffentlich ausreichend mitgebrachten Notvorräte erhitzt? Am Anfang sähe die Situation nach einem Happening oder nach Camping aus. Nach nur wenigen Tagen Stromausfall würde es sehr ungemütlich in den Häusern, die psychosozialen Auswirkungen wären nicht zu unterschätzen. „Dem Vernehmen nach“ sind Insulaner „unner sück“ sich ohnehin oft nicht wohlgesonnen. Und was geschieht mit den Insel-Touristen? Im schlimmsten Falle so: „Alle Schiffe und Fähren fahren immer mit mindestens 50 Prozent Kraftstoff. So wäre die Insel leicht zu evakuieren“, wird der Bürgermeister in der Zeitung zitiert. Bleibt zu hoffen, dass a) die so „entsorgten“ Inselgäste es unversehrt in ihre Heimatorte schaffen und b) es mit einem milden Winter gar nicht so weit kommen wird.
Mit Material des „Anzeiger für Harlingerland“ vom 23. Dez. 2022