UNO-Biodiversitätskonferenz in Montreal: von Breitmaulnashörnern, Seeregenpfeifern und dem „falschen Fokus“

Breitmaulnashörner – Foto: Wikipedia

Bemerkenswertes von der UNO-Biodiversitätskonferenz in Montreal, die vom 7. bis zum 19. Dezember 2022 stattfand und die auch „Weltnaturschutzkonferenz“ genannt wird, aufgegriffen vom Norddeutschen Rundfunk:

NDR: Artenschutz: „Wir haben viele Jahrzehnte den falschen Fokus gehabt“
Stand: 16.12.2022 16:56 Uhr
Bei der UNO-Biodiversitätskonferenz in Montreal hofft man, dass sich die Staatengemeinschaft auf einen sinnvollen Weg zum Artenschutz einigen kann. Bisher ist das nie gelungen.
[…] Matthias Glaubrecht [Anm.: Professor für Biodiversität in Hamburg und Leipzig], im Interview.: Wir haben viele Jahrzehnte den falschen Fokus gehabt. Wir haben gedacht, dass Artenschutz erfordert, dass wir einzelne Arten schützen, dass wir uns also um das Breitmaulnashorn um den Elefanten um den Pangolin kümmern. Ich glaube, es ist jetzt verstanden worden, dass wir die einzelnen Arten nur dann schützen, wenn wir deren Lebensräume schützen. Denn der Hauptverursacher der Biodiversitätskrise ist, dass wir Arten verlieren, weil die ihren Lebensraum verlieren.  […]


Welch grandiose Lebensraum-Erkenntnis aus dem Munde des Professors, wer hätte das gedacht, nach 30 Jahren FFH-Richtlinie (1992) der EU-Vogelschutzrichtlinie (1979), zusammengefasst als Natura-2000-Richtlinien der EU. Und wer ist eigentlich genau „wir“: Gilt das auch für die Politiker in Deutschland, die demnächst für eine ohnehin gescheiterte „Energiewende“ noch mehr Windkraftwerke sogar in Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten aufstellen lassen wollen, um damit vorgeblich Gasimporte für die Stromerzeugung zu ersetzen? Sind mit „wir“ auch die Bundes- und Landespolitiker gemeint, die den Nationalpark Wattenmeer („Weltnaturerbe“ und Natura-2000-Gebiet) demnächst mit Chlorchemikalien aus Flüssiggas-Tankern fluten lassen wollen, ohne eine vorgeschriebene Verträglichkeitsprüfung vor der Genehmigung des LNG-Ports Wilhelmshaven durchgeführt zu haben? Als „das neue Deutschlandtempo“ werden diese rechtlich angreifbaren Hau-Ruck-Genehmigungen der von den Grünen (Bundestagswahlergebnis 14,8 Prozent) dominierten Ampel-Politik mit politischem Neusprech bereits genannt, in der Tat eine „Zeitenwende“ und ein „Doppelwumms“ gegen den Naturschutz.

Sandregenpfeifer: Einer der letzten seiner Art, von den Stränden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ vertrieben – Foto: Archiv Wattenrat

Hier an der Küste geht es auch nicht um Breitmaulnashörner oder Elefanten, hier sterben ganz andere Arten langsam aus, von der Öffentlichkeit unbemerkt. Hier an der Küste gerieten in den letzten 25 Jahren große Flächen unter die Räder der riesigen Windparks, die die Rastflächen für durchziehende Wat- und Schwimmvögel zerstörten. Auf den Inseln tobt der Massentourismus, der für die streng geschützten Strandbrüter wie See- oder Sandregenpfeifer keinen Platz mehr lässt. Die industrialisierte Landwirtschaft zerstörte durch Entwässerung und schweren Maschineneinsatz zur Brutzeit viele Brutgebiete von Kiebitz, Rotschenkel oder Uferschnepfe, um nur einige Arten zu nennen, das sogar in europäischen Vogelschutzgebieten. Die gewerbliche Fischerei greift durch Überfischung tief in die Unterwasserlebensräume ein, Miesmuschelfischer im Nationalpark Wattenmeer pflügen mit Stahlketten an ihren Kuttern das Sediment um. Das sind nur Beispiele für großflächige Lebensraumzerstörungen, seit Jahrzehnten bekannt. Welche Verbindlichkeit entfaltet eigentlich diese hochgelobte Biodiversitätskonferenz der UNO für die teilnehmenden Staaten? Keine! Es sind unverbindliche spesenträchtige Absichtserklärungen, anders als die Natura-2000-Richtlinien der EU, die geltendes Gemeinschaftsrecht sind. Prof. Dr. Glaubrecht ist übrigens Zoologe, er war Mitarbeiter verschiedener naturkundlicher Museen und wurde 2014 zum Direktor des Centrums für Naturkunde in Hamburg ernannt. Dort dort ausgestellten Präparate sind nicht mehr auf intakte Lebensräume angewiesen…

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