Nun also doch. Noch im Herbst 2021 schloss die Niedersächsische Landesregierung die Erdgasförderung im Wattenmeer kategorisch aus. Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 13. Dez. 2021: „Die Landesregierung hat in ihrer (heutigen) Sitzung beschlossen, eine Gesetzesänderung des Wattenmeergesetzes in die Verbandsbeteiligung zu geben. Auch das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz soll geändert werden. Ziel der Gesetzesnovelle des Wattenmeergesetzes ist es, die Öl- und Gasförderung im Niedersächsischen Wattenmeer ein für allemal auszuschließen. […]“ Jetzt die Rolle rückwärts:
Laut Minister Althusmann will das SPD/CDU-Kabinett in den nächstenTagen eine gemeinsame Erklärung verfassen und einen Antrag in den Landtag einbringen, um den Beschluss vom Dezember 2021 zu ändern. Nun dient der Ukraine-Krieg und die vermutlich durch Sanktionen ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland als Türöffner für die Gasexploration im Watt.
Das niederländische Unternehmen One-Dyas plant die Gasförderung im vor fünf Jahren entdeckten Feld „N05-A“ zwischen den Inseln Schiermonnikoog (Niederlande) und der deutschen Insel Borkum, 500 m von den deutschen Hoheitsgewässern entfernt. Bis zur endgültigen Förderung werden aber noch mindestens zwei Jahre vergehen. Das Wattenmeer in den Niederlanden und Deutschland gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe, in Deutschland einschließlich der vorgelagerten Meeresgebiete.
Das Unternehmen will bis zu 60 Milliarden Kubikmeter Gas aus dem Förderfeld gewinnen, das zu gleichen Anteilen an Deutschland und die Niederlande gehen soll. „Damit ist Niedersachsen gemeinsam mit den Niederlanden der Eckpfeiler der deutschen und der europäischen Energieversorgung, was den Gasmarkt betrifft“, wird Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) in der Presse zitiert. Es sollen jährlich 1,4 bis 2,1 Mrd. Kubikmeter Erdgas fließen. Ob diese Fördermenge überhaupt ein „Eckpfeiler“ der Gasversorgung der Industrienation Deutschland bilden kann, darf bezweifelt werden. Deutschland verbraucht derzeit jährlich etwa 95 Milliarden Kubikmeter Gas, 50 Milliarden Kubikmeter liefert Russland. Um der Förderung einen ökologischen Anstrich zu geben, soll die geplante Förderplattform mit Offshore-Windkraftwerken aus dem deutschen Offshore-Windpark Riffgat vor Borkum mit Strom versorgt werden, den der deutsche Energieversorger EWE betreibt. Das geht aber nur dann, wenn der Wind ausreichend weht.