Deutschland soll nach dem Wallstreet-Journal die „dümmste Energiepolitik der Welt“ betreiben (World’s Dumbest Energy Policy). Die „erneuerbaren Energien“ sollen es in diesem Lande richten, wetterabhängiger Strom aus Wind und Sonne sollen die Energieversorgung einer Industrienation sichern, Atom- und Kohlekraftwerke sukzessive vom Netz genommen werden. Die treibende Kräfte sind die finanzstarken Lobbyverbände der „Erneuerbaren“ und ihre politischen Unterstützer in den Landesparlamenten und im Bundestag.
Mit der Übernahme des Bundesumweltministeriums durch die Agraringenieurin (Fachrichtung Tierproduktion) Steffi Lemke (B90/Die Grünen) und des Wirtschaftsministeriums durch den Philosophen und Schriftsteller Dr. Robert Habeck (B90/Die Grünen) gab es einen neuen politischen Schub für den weiteren Ausbau der Windenergie im Lande, der viele Genehmigungshemmnisse beseitigen und – nach der Öffnung der Wälder- auch zusätzliche Flächen in Landschaftsschutzgebieten schaffen soll: Am 04. April veröffentlichten das Bundesumweltministerium und das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam das Eckpunktepapier Windenergie an Land (Teil des sog. „Osterpakets“ der Bundesregierung, einschließlich der geplanten Novelle des Erneuerbare Energiensgesetz, EEG).
Damit hat sich die Wind-Lobby auf Bundesebene brachial durchgesetzt, jetzt fallen alle Hemmungen, werden aber als „hoher Standard für den Artenschutz“ zurechtgebogen und -gelogen. Das Papier trägt deutlich auch die grüne Handschrift der Partei, die von 85 Prozent der Wähler NICHT in den Bundestag gewählt wurden. Die Ideologie hat über Vernunft gesiegt. Das kling dann so:
Wir lösen den Zielkonflikt zwischen Energiewende und Artenschutz auf.
* Wir vereinfachen die Verfahren für Windenergie durch standardisierte bundeseinheitliche Kriterien.
* Es wird präzise und einheitliche Listen für die betroffenen Vogelarten, die Vermeidungsmaßnahmen und die jeweiligen Abstände geben.
* Wir bewahren hohe Standards für den Artenschutz. Die europäischen Naturschutz-Richtlinien werden respektiert und bleiben unangetastet.
* Wir stärken den Vogelschutz durch ein neues Artenhilfsprogramm, in das die Windenergie-Betreiber einzahlen, wenn sie die Ausnahmeregelung nutzen.
* Repowering wird vereinfacht, indem die Vorbelastung an den Standorten berücksichtigt und die Alternativenprüfung deutlich erleichtert wird.
* Auch die Genehmigung von Windenergie in Landschaftsschutzgebieten wird – bis zur Erreichung des Zwei-Prozent-Zieles – deutlich erleichtert.
Ziel des Eckpunktepapier ist es, 2 Prozent der Fläche Deutschlands mit Windkraftwerken zu überbauen.
Die bisherige Genehmigungspraxis hat gezeigt, dass nicht nur das bekannteste Kollisionsopfer Rotmilan unter die Windräder geraten ist, prekär sieht es auch schon beim Allerweltsvogel Mäusebussard aus; abertausende Fledermäuse fallen jährlich den Rotoren zum Opfer. An der Küste wurden große ehemalige Rastgebiete der Zugvögel allein durch den Scheucheffekt der Windkraftanlagen entwertet. Windkraftbetreiber beseitigten in Nacht-und-Nebel-Aktionen gezielt genehmigungshemmende Bäume oder Nester verschiedener Großvogelarten. Und nun sollen auch noch die Landschaftsschutzgebiete unter die Windräder geraten.
Zitate aus dem Papier:
* „Erneuerbare Energien liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Damit liegt der Ausnahmegrund in der Regel vor.“ Falsch, Erneuerbare Energien belasten die Stromnetze durch die unstete (volatile) Einspeisung; sie sind nicht grundlastfähig und auf netzstabilisierende Regelenergie durch Wärmekraftwerke angewiesen und gefährden die Versorgungssicherheit. Der Hintergrund: Das Bundesnaturschutzgesetz erlaubt in § 34 (3) nur dann eine Zulassung von Projekten, die zu erheblichen Beeinträchtigungen von Gebieten und Erhaltungszielen führen können (also auch durch den Bau von Windparks), wenn dies „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist“. Die Berufung auf das trickreich herbeigelogene „überragende öffentliche Interesse“ dienen Politik und Windenergiewirtschaft nur als Türöffner, um lästige, aber verbindliche Natura-2000-Richtlinien der EU zu umgehen.
* „Zudem ist es angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine notwendig, Deutschland aus dem Klammergriff der russischen Energieimporte zu befreien.“ Hier wird der Ukraine-Krieg als willkommener Vorwand herangezogen, der Windenergiewirtschaft entgegenzukommen; die nimmersatte Branche nun als fragwürdige Kriegsgewinnler. Wie aber soll eine wetterabhängige, nicht grundlastfähige und nicht bedarfsgerechte Energieerzeugung Öl oder Gas ersetzen, zumal mehr Windkraft auch mehr Regelenergie durch Gaskraftwerke erforderlich macht? Mehr als 30.000 Windkraftwerke in Deutschland tragen gerade mal mit 3,5 Prozent zum Primärenergieverbrauch bei. Bei Hochdruckwetterlagen oder Schwachwind speisen die Windkraftwerke nichts in Stromnetz ein. 30.000 mal null ist auch null. Bezahlbare und effiziente Speicher gibt es nicht.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) jubelte am 06. April 2022 in einer Pressemitteilung: […] BWE-Präsident Hermann Albers: „Die heute verkündete Einigung zu Abstandsregelungen ist ein echter Befreiungsschlag für den Zubau der Windenergie. Bislang zwar ausgewiesene, aber praktisch nicht nutzbare Flächen werden damit verfügbar. […]
Von den „anerkannten“ und damit klagebefugten Naturschutzverbänden ist kaum Hilfe zu erwarten, der BUND ist bereits ein Verband, der den „Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen und entfesseln“ will. Kommentar von Olaf Brandt BUND-Vorsitzender („Als Streiter für den Umwelt- und Naturschutz engagiere ich mich seit Jahrzehnten für den Erhalt unseres Planeten.“) am 06. April 2022 zum Maßnahmenpaket des beschleunigten Windkraftausbaus: „Osterpaket guter Startpunkt für Mehr – Klimakrise verlangt Marathon statt Kurzsprint bei Energiewende“
Der NABU eiert, mal so mal so: „[…] Der NABU bekennt sich zur naturverträglichen Energiewende und betrachtet die Windenergie als ein bedeutendes Element bei der Erzeugung erneuerbarer Energien und als Beitrag zum Klimaschutz. Mit einem Anteil von rund 45 Prozent (40 Prozent an Land, 5 Prozent Offshore) spielt die Windenergie im Stromsektor eine dominierende Rolle unter den erneuerbaren Energiequellen. Aufgrund einer Vielzahl von Negativbeispielen, in denen Naturschutzziele beim Ausbau der Windenergie nicht ausreichend berücksichtigt wurden, muss die derzeitige Praxis des Ausbaus der Windenergie grundlegend auf den Prüfstand gestellt werden. Eine Optimierung der räumlichen Steuerung und des Planungs- und Genehmigungsregimes ist dringend erforderlich, damit Naturschutzbelange beim Windenergieausbau endlich adäquat berücksichtigt werden. […]“
Nur, der Ausbau der Windenergie geschah bisher nie „naturverträglich“, das „Eckpunktepapier“ zeigt zudem auf, dass Naturschutzstandards weiter dramatisch abgesenkt werden sollen. Auch der NABU verkennt, dass mit dem Anteil der Windenergie von „40 Prozent an Land“ nur der eingespeiste Windstrom gemeint ist, der aber nur unstet und nicht bedarfsgerecht zur Verfügung steht. Tatsächlich, wie schon oben geschrieben, trägt der Windstrom an Land nur mit 3,5 Prozent zum Primärenergieverbrauch bei.
Deutliche Position gegen das Eckpunktepapier bezog aber die Naturschutzinitiative (NI, Vorsitzender Harry Neumann) in einer Stellungnahme, die Sie hier nachlesen können.
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) als Dachverband von fast 100 Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen ist grundsätzlich „auf Linie“ mit dem Eckpunktepapier, das klingt in der Pressemitteilung vom 04. April so:
Betreff: DNR-Pressestatement: Windenergie und Artenschutz gemeinsam beschleunigen und stärken
Pressestatement
Berlin, 04.04.2022 – Die heute von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellten Eckpunkte zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie kommentiert Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR):
„Wir brauchen einen gewaltigen Kraftakt, um uns in Rekordtempo aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu befreien. Daher begrüßen wir die Vorschläge für eine Vereinheitlichung des Artenschutzrechts, die gleichzeitig mit einer deutlichen Stärkung der biologischen Vielfalt in unseren Kulturlandschaften einhergehen müssen. Mit einem attraktiven Artenhilfsprogramm muss die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass sich der Erhaltungszustand der betroffenen Arten nicht verschlechtert.
Der ambitionierte Zeitplan für die Gesetzesänderungen darf ferner nicht dazu führen, dass handwerkliche Fehler bei der Ausgestaltung der Artenschutzvorgaben neue Rechtsunsicherheiten auslösen. Hierzu gehört auch, dass das überragende öffentliche Interesse klar auf die Windenergie an Land und die Photovoltaik beschränkt und europarechtskonform ausgestaltet wird. Ansonsten würde sich bei der Biomasse auch der Konflikt zwischen Tank und Teller weiter verschärfen.
Mit Blick auf das Sommerpaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien erwarten wir schließlich, dass die Bundesregierung nun mit höchster Priorität die ungleich relevanteren Ausbaufaktoren anpackt. Dies betrifft insbesondere die Abstandsauflagen zur Wohnbebauung, die Definition von Flächenkulissen für die Windenergienutzung, die Restriktionen zur Flugsicherung oder die Stärkung von qualifiziertem Personal in den Zulassungsbehörden.“
Der Vorsitzende des DNR ist Prof. Dr. Kai Niebert. Laut DNR-Web-Seite forscht und lehrt er als Nachhaltigkeitsexperte [sic!] an der Universität Zürich. Seine Schwerpunkte liegen in der Vermittlung verschiedener Aspekte der Nachhaltigkeit, besonders mit Blick auf den Klimawandel und die planetaren Belastungsgrenzen. Dass es neben den Artenschutzproblemen auch massive bundesweite Proteste der Anwohner gegen die Beschallung mit tieffrequentem Schall und den daraus resultierenden Gesundheitsproblemen gibt, weil die riesigen, z.T. mehr als 200m hohen Anlagen viel zu dicht an der Wohnbebauung stehen, ist dem erkennbar durchideologisierten „Nachhaltigkeitsexperten“ und Obernaturschützer offensichtlich entgangen.
Bleibt zu hoffen, dass, wenn das Eckpunktepapier einmal Gesetzescharakter erhalten sollte, die Verwaltungsgerichte korrigierend eingreifen werden, wie sie es auch schon in der Vergangenheit getan haben.
Dieser Beitrag erschien leicht verändert am 07. April 2022 bei der „Achse des Guten“:
Deutschland kommt vollends unter die Windräder
Weitere Links:
Dr. Rene´Sternke, Blog für Artenschutz
Dr. Wolfgang Epple: Habecks Generalangriff auf den Naturschutz
April 12, 2022
Historische Schwächung des Naturschutzes wird geplant
Der April 2022 wird in die Geschichte das Naturschutzes Deutschlands und Europas eingehen. Was sich im Koalitionsvertrag der Ampelregierung ankündigte, wird nun im Schatten und mit Rückenwind einer völlig fehlgehenden Diskussion, und mit Ausnutzung des schändlichen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine in großer Eile durchgepeitscht. […]
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Bearbeitet am 15. April 2022