Ist die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven eine Tourismusagentur mit Gedächtnisschwund? Am 01. Oktober 2020 wurden auf der Insel Langeoog acht Schautafeln mit dem Thema „Mensch und Natur im Nationalpark Wattenmeer“ von der Nationalparkverwaltung und der Inselgemeinde aufgestellt. „Mensch und Natur im Einklang“ titelte die Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland„ in Wittmund. Auch die Online-Zeitung „Langeoog-News“ berichtete. Ein „Miteinander von Tourismus und Naturschutz ist möglich“ wurde verkündet ist. Die Infotafeln zeigen „Beispiele für das Miteinander von Mensch und Natur … unter anderem der Golfplatz, auf dem es menschliche und tierische Greenkeeper gibt…“ Alles gelogen.
Bekanntlich muss dass, was in Zeitungen steht, nicht unbedingt etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben, eine Binsenwahrheit. Das „Miteinander von Mensch und Natur“ sieht auf Langeoog (und in anderen Teilen des Nationalparks Wattenmeer und des „Weltnaturerbes“ ähnlich) konkret so aus: Zunächst gibt es auf der Insel eine enorme Gäste- und Übernachtungszahl. 2019 waren es 243.975 Touristen bei 1.621.479 Übernachtungen (Quelle: IHK für Ostfriesland und Papenburg). Das Heer des Tagesgäste wird nicht mitgezählt. Die Langeooger Wohnbevölkerung beträgt 1.817 (Stand Dezember 2019). Die Touristenmassen, mit oder ohne Hund, haben Auswirkungen auf den Naturraum, z.B. auf die strandbrütenden Vögel, die dramatisch zurückgegangen sind, in ihrem Schutzgebiet! Da ist nichts mehr „im Einklang“, da ist nur Missklang, nur nicht in den Kassen.
Der Golfplatz, einlochen im Schutzgebiet
Dann der erwähnte Golfplatz auf der Insel „als Beispiel für das Miteinander von Mensch und Natur“. Zur Erinnerung: 2001 richteten Langeooger Golfer ohne Genehmigung einen Golfplatz auf Nationalparkflächen ein, in einem EU-Vogelschutzgebiet, dort, wo u.a. eine Sumpfohreule brütete, die dabei ausgemäht wurde. Oberflächenveränderungen im Nationalpark sind eine Straftat nach § 329 Strafgesetzbuch: „Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete“. Aufgrund der Anzeige des Wattenrates zahlten die Betreiber damals 1.500 Euro Bußgeld an den Landkreis Wittmund – und spielten weiter, mit Duldung des Landkreises. Die überregionale Presse und das NDR-Fernsehen berichteten ausführlich. Der Wattenrat erstattete auch Strafanzeige gegen die Golfplatzbetreiber auf der Nationalparkfläche, die Staatsanwaltschaft Aurich stellte das Verfahren ein, eine Beschwerde des Wattenrates bei der Generalstaatsanwaltschaft in Oldenburg wurde zurückgewiesen: „denn auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt ist grundsätzlich wirksam“. 2004 zogen die Golfer um auf eine dann fertiggestellte Fläche neben dem Flugplatz, außerhalb des Geltungsbereiches des Nationalparks. Das „Miteinander“ von Behörden „gegen die Natur“ funktionierte prächtig. Und heute ist alles vergessen und wird mit Hinweistafeln schön geredet, inhaltsleere Naturschutzpropaganda pur.
Gelegeplünderungen und Höhenfeuerwerke
Und nicht nur der Golfplatz, auch der Umgang mit der Möwenkolonie oder das Abbrennen von Höhenfeuerwerken zur Touristenbespaßung direkt an der Nationalparkgrenze, sogar während der Brutzeit, sorgte für Inselschlagzeilen. Im Mai 2006 wies die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven auf umfangreiche Gelegeplünderung von Möwen auf einigen ostfriesischen Inseln hin, am stärksten wurden die Gelege der Silbermöwenkolonie auf Langeoog mit ca. 3000 Brutpaaren fast vollständig abgesammelt, rechtliche Schritte wurden von der Verwaltung nicht unternommen. Bei der Zulassung von Höhenfeuerwerken waren sich von der Inselkommune über den Landkreis Wittmund bis zur Nationalparkverwaltung alle einig: Die würden ja außerhalb der Nationalparkgrenzen gezündet werden und seien daher nicht zu beanstanden. Zumindest in der Nationalparkverwaltung ist aber bekannt, dass solche Feuerwerke kilometerweit in das Schutzgebiet hineinwirken und einen enormen Scheucheffekt auf Vögel haben. Da fragt man sich doch, wo in diesem Nationalpark, der längst zur Beute der Tourismuswirtschaft geworden ist, noch der „ Einklang von Mensch und Natur“ auszumachen ist. Man darf den Eindruck haben, dass die Nationalparkverwaltung als eigentliche Naturschutzbehörde mit ihrem Amstleiter Peter Südbeck nicht zur Lösung der Naturschutzkonflikte im Wattenmeer beiträgt, sondern zu den Konflikten beiträgt, also ein Teil des Problems ist.
(27.08.2004)
Illegaler Golfplatz auf Langeoog mit Duldung des Landkreises
Golf auf Langeoog: illegal, scheißegal
(September 2006)
Strafanzeige gegen Golfer und Eierdiebe
Strafanzeigen: – Gelegeplünderungen auf einigen ostfriesischen Inseln
– illegaler Golfplatz auf Langeoog in der Zwischenzone
(Februar 2007)
Golfplatz auf Langeoog: Natur zwar mit Gesetzen geschützt, aber
trotzdem ohne Schutz
Generalstaatsanwalt in Oldenburg stellt Verfahren ein, „denn auch ein
rechtswidriger Verwaltungsakt ist grundsätzlich wirksam“!