Der Frühling ist da. Die Vögel sind es nicht. Jedenfalls nicht alle.

Als Wiesenbrüter rar geworden: Kiebitz – Foto (C): Eilert Voß

Textübernahme von der Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE), April 2020, mit freundlicher Genehmigung:

14 Millionen Brutvögel weniger

Der Frühling ist da. Die Vögel sind es nicht. Jedenfalls nicht alle. Heute leben vierzehn Millionen Brutvögel weniger in der Bundesrepublik Deutschland als Anfang der 1990er Jahre. Dieser Rückgang ist auch deshalb erschreckend, weil bereits damals die Lage vieler Vogelarten dramatisch war. Der Niedergang der Vögel der Agrarlandschaft beispielsweise ist seit den 1970er Jahren im vollen Gange; eine Trendumkehr ist nicht in Sicht.

Die düstere Prognose in Rachel Carlsons Bestseller aus dem Jahr 1962 „Der stumme Frühling“, der die Folgen des DDT-Einsatzes in das öffentliche Bewusstsein brachte, bewahrheitet sich heute – ganz ohne DDT, weil die Landwirtschaft gegenüber anderen Natur und Landschaft beeinträchtigenden Nutzungen eine Sonderstellung einnimmt. Die Produktionsweisen der Landwirtschaft hat der Gesetzgeber nämlich von naturschutzrechtlichen Beschränkungen weitgehend ausgenommen. Die gesetzlichen Sorgfalts- und Betreiberpflichten, an welche Landwirte gebunden sind, genügen angesichts des Rückganges der Agrarvögel offenkundig nicht.

Die Durchführung von Vogelschutzmaßnahmen ist hier vielmehr von der Kooperationsbereitschaft der landwirtschaftlichen Unternehmen abhängig, ohne diese dazu verpflichten zu können. Für die notwendige Akzeptanz der Grundeigentümer muss gezahlt werden. Dabei müssen die Zahlungen mit den bei einer auflagenfreien Bewirtschaftung erzielbaren Preisen für Nahrungsmittel, Rohstoffe oder Strom aus erneuerbaren Energien konkurrieren.

Die von der öffentlichen Hand für den Naturschutz im Agrarraum bereitgestellten Mittel genügen weder für eine Trendumkehr, noch um weitere Biodiversitätsverluste stoppen zu können. Die Maßnahmen erreichen zumeist nur Einzelflächen, zudem ohne längerfristige Bindung, zusammengenommen nur einen kleinen einstelligen Prozentanteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche – die agrarförderrechtlich verlangten, für den Vogelschutz ohnehin kaum wirksamen Greening-Maßnahmen eingeschlossen. In der Hauptsache aber fehlt eine ausreichende rechtliche Bindung der Landwirtschaft an Anforderungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.

Die desaströse Lage im Agrarraum beschreibt der Koalitionsvertrag der Bundesregierung trickreich und euphemistisch übrigens so: „Die Landwirtschaft hat ein großes Potential für die Bewahrung der Biodiversität“. Solange dieses Potential nicht gehoben wird, ist der Niedergang der biologischen Vielfalt nicht aufzuhalten.

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