Windkraft: 1000-Meter-Abstandsregel gekippt

Leben auf dem Lande: Utarp im LK Wittmund – Foto (C): Manfred Knake

Der auf Bundesebene diskutierte 1000-Meter-Abstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung wird in Niedersachsen nur von einem Bruchteil der Anlagen erreicht. Von 6431 Windrädern zwischen Nordseeküste und Harz stehen nach Presseberichten nur 854 Anlagen 1000 oder mehr Meter von Wohnhäusern entfernt. 1582 Anlagen halten noch nicht einmal 400 Meter Abstand ein. Die Proteste und Klagen der Anlieger nehmen zu, sie fühlen sich in ihrer Gesundheit durch den messbaren tieffrequenten Schall beeinträchtigt.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU), der anfänglich in einem neuen Gesetzentwurf an einer 1000-Meter-Abstandsregelung festhalten wollte, knickte nach dem Druck aus Politik und Windenergiewirtschaft ein: Nun will Altmaier auf pauschale Abstände in einer beabsichtigten gesetzlichen Regelung für Windräder verzichten. Die Branche will dadurch auf mehr Standorte zugreifen können, Anliegerproteste und der im Grundgesetz verbriefte Schutz der körperlichen Unversehrtheit bleiben auf der Strecke. 1000 Meter Abstand zur Wohnbebauung sind bei der enormen Anlagenhöhe von 200 Metern und mehr ohnehin noch viel zu nah bemessen. In Niedersachsen regieren die ignoranten politischen Hardcore-Windkraftverfechter und Lobbyisten, an erster Stelle Umweltminister Olaf Lies (SPD) und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Weil hatte schon vor Wochen erklärt, Niedersachsen werde sich nicht an eine 1000-Meter-Regelung halten und von der Öffnungsklausel im Gesetzentwurf Gebrauch machen. dpa zitierte Lies am 28. Februar 2020 so: „Eine pauschale Abstandsregelung von 1000 Metern ist falsch und führt dazu, dass wir weniger Windenergie ausbauen können, und führt zu weniger Klimaschutz“. Die Begründung ist hanebüchen, auch mehr als 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland haben keinen Einfluss auf das Wetter oder in der Folge auf das Klima, weil sie nur wetterabhängig funktionieren und auf netzstabilisierende Wärmekraftwerke angewiesen sind. Auswirkungen gibt es allerdings auf das Mikroklima in den Windparks, nicht aber auf das großräumige Wettergeschehen. Wenn vorgebliche „soziale Demokraten“ sich zum Sprachrohr der nimmersatten und rücksichtslosen EEG-subventionsgemästeten Windkraftindustrie machen und berechtigte Bürgerproteste ignorieren, haben sie ihre parteipolitische Bezeichnung samt ihrer Zielrichtung verfehlt. An der Windkraftdiskussion lässt sich gut die funktionierende Lobbykratie in diesem Lande ablesen.

Nachtrag 29. Februar 2020:

Im Zusammenhang mit der Aufgabe der festen 1000 Meter-Abstandsregelung zitierte dpa am 28. Februar 2020 den Politik- und Kommunikationschef des Energieversorgers Greenpeace Energy, Marcel Keiffenheim: „´Noch ist unklar, ob Altmaiers Vorschlag die Energiewende und den Klimaschutz voranbringt oder am Ende sogar behindert.´ Er äußerte die Befürchtung, einzelne Länder könnten regionale Pauschalabstände einziehen, die schärfer ausfallen als die vom Bund bislang vorgeschlagenen 1000 Meter.“ Greenpeace Energy verkauft „100 % Ökostrom“, den es aber nicht gibt, weil keine getrennten Leitungen für Strom aus Wind- oder Sonnenenergie vorhanden sind. In das Verbundnetz wird Strom aus „erneuerbarer Energie“ und Strom aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken eingespeist, der mit 230 Volt und 50 Hertz aus jeder Steckdose kommt. Ohne netzstabilisierende Wärmekraftwerke kann überhaupt kein Wind- oder Solarstrom ins Netz eingespeist werden. Greenpeace als vorgebliche Meeresschutzorganisation setzt sich für den Ausbau der Windkraft auf See und an Land ein. Windkraft auf See gefährdet durch den Dauerlärm die Ortungssysteme von Schweinswalen und ist eine Gefahr für den Vogelzug.

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