Krüger (NABU-Präsident) und Krischer (MdB, B90/Die Grünen): windige Brüder im Geiste?

Man sollte gelegentlich doch noch den Spiegel lesen. Am 09. Februar 2020 erschien im Netz der Spiegel-Artikel „Artenschutz vs. Windkraft – Was heißt hier bitte Vogelschredder – Bei einem Waldspaziergang versuchen Deutschlands oberster Artenschützer und der größte Windkraftfan der Grünen den ewigen Streit zu schlichten.“ (Verlinkung ganz unten oder unter dem Foto)

Der Neue beim NABU

Der vorgeblich „oberste Artenschützer“ der Republik ist der neugewählte Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und Nachfolger von Olaf Tschimpke, Jörg-Andreas Krüger. Mit dem dem „größten Windkraftfan der Grünen“ ist der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer von B90/Die Grünen, Jahrgang 1969, gemeint. Krüger, Jahrgang 1968, hat immerhin eine abgeschlossene Berufsausbildung, er ist Diplom-Ingenieur für Landschaftsarchitektur und ausgebildeter Verwaltungsbeamter, so die Enzyklopädie „Wikipedia“. Beide Windkraftafficionados trafen sich zu einem Waldspaziergang und sonderten dabei Sonderbares ab. O-Ton Krüger: „Es geht darum, den Artenschutz möglichst eng mit der Energiewende zu verzahnen. Die Erderhitzung ist eine riesige Bedrohung für viele Arten auf diesem Planeten. Die Energiewende ist eines der wichtigsten Mittel dagegen. Ohne Energiewende können wir uns allen Artenschutz auch gleich sparen.“ Abgesehen davon, dass die „Energiewende“ längst an der Grundvoraussetzung einer bedarfsgerechten und verlässlichen Stromversorgung gescheitert ist, ist dies eine steile These. Noch nicht einmal das alarmistische Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) als Organ der Vereinten Nation mag sich diesem Horrorszenario anschließen, wie man bereits 2014 aus dem Spiegel erfahren konnte: “Klimarat zweifelt an Prognosen zum Artensterben“.

Windpark Wybelsumer Polder bei Emden, Blick aus  dem Dollart/Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“)  – Foto (C): Eilert Voß

Krüger als hauptamtlicher Artenschützer redet, genau wie die Windenergiewirtschaft und die damit verbandelte Politik, der Aufweichung des Bundesnaturschutzgesetztes das Wort: „Wenn die Populationen gefährdeter Arten insgesamt stabil bleiben, dann kann man aus meiner Sicht durchaus riskieren, dass ab und zu ein Mäusebussard in ein Windrad fliegt. […] Mit einem Populationsansatz könnten Artenschützer sich gezielt für geeignete regionale Ausgleichsflächen einsetzen, statt sich im Abwehrkampf gegen einzelne Anlagen zu verkämpfen.“ Das Bundesnaturschutzgesetz geht jedoch von einem Tötungsverbot aus, das auch für Individuen gilt, nicht nur für die Population. Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen sind bereits im Bundesnaturschutzgesetz als „Eingriffsregelung“ vorgesehen. Die Eingriffsregegelung soll negative Folgen von Eingriffen in Natur und Landschaft vermeiden oder minimieren. Sie ist ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung des Naturschutzes, auch außerhalb von Naturschutzgebieten. Verschlechterung sollen damit vermieden oder abgemildert werden. Auch die Eingriffsregelung steht derzeit zur Disposition bei Politik und Windenergiewirtschaft, um den Ausbau beschleunigen zu können.

Blick aus dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) auf die Küste zwischen Bensersiel und Dornumersiel (Ausschnitt). Die Küste ist direkt an einem EU-Vogelschutzgebiet mit Windkraftanlagen abgeriegelt. – Foto (C): Manfred Knake

Oliver Krischer, „wissenschaftlicher“ Mitarbeiter ohne Wissenschaft und Mitglied des Bundestages

Krischer hingegen hat die nicht untypische Grünen-Vita: „vom Kreißsaal in den Hörsaal und dann in den Plenarsaal“, wie Spötter sagen. Beruf: abschlussloser Student der Biologie an der RWTH Aachen. Von 1997 bis 2002 war er Mitarbeiter von Michaele Hustedt (MdB von 1994 – 2005, B90/Die Grünen). Hustedt wurde als Funktionärin des Marxistischen Studentenbundes Spartakus auf einen mehrmonatigen Lehrgang in die Deutsche Demokratische Republik entsandt, wo sie an der „Jugendhochschule Wilhelm Pieck“ der Freien Deutschen Jugend (FDJ) eine Kaderschulung erhielt, so Wikipedia. Hustedt war als Mitglied des Bundestages maßgeblich an der Erarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetz in der ersten Fassung von 2000 beteiligt. Krischer war weiter, ohne Berufsabschluss, von 2002 bis 2009 als „wissenschaftlicher“ Mitarbeiter der Grünen Landtagsfraktion in NRW im Bereich Energie und Landwirtschaft tätig. In jungen Jahren war Krischer Zivildienstleistender. In seiner Vita steht aber nicht, wo er ihn ableistete. Bemerkenswerterweise war Krischer Zivi bei der Vorläuferorganisation der „Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen“ (EGE), der „Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus“ (AzWU). Später wurde Krischer sogar 1. Vorsitzender der EGE, in der die AzWU aufging. Die AzWU  und die EGE haben sich einen Namen mit der Auswilderung und Wiederansiedlung der fast ausgerotteten Uhus gemacht, Motor des Uhuschutzes war damals der früh verstorbene Wilhelm Bergerhausen (1950-2006). 2002 kam es zum Eklat: Nur durch seinen Rücktritt kam Krischer seiner Abwahl als Vorsitzender der EGE zuvor. Dem Vernehmen nach soll er den Windkraftausbau über den Uhuschutz gestellt haben. Uhus kollidieren nicht selten mit Windkraftanlagen. Krischer ist auch Mitglied im Rat der „Agora Energiewende“, dem Thinktank und politischem Einflüsterer der „Energiewende“.

Windpark Utgast/LK Wittmund/NDS, direkt am Vogelschutzgebiet V3 „Ostfriesische Seemarschen Norden bis Esens“, vor dem Repowering mit noch gößeren Anlagen. NABU-Proteste? Keine! Foto (C): Manfred Knake

„Anti-Windkraft-Taliban“

In der Diskussion um die Abstandsregelungen von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung wird Oliver Krischer im November 2019 so von der Presse zitiert: „Altmaier [Bundeswirtschaftsminister, CDU] muss sich jetzt entscheiden, ob er Politik für die Anti-Windkraft-Taliban in seiner eigenen Partei macht oder ob er für die Arbeitsplätze in der Windbranche kämpft.“ Diese Entgleisung blieb in den Medien weitgehend unkommentiert, bestätigt aber den Vorwurf, Krischer sei ein lupenreiner politischer Windkraft-Lobbyist.

Blersum, Ostfriesland – wohnen hier die „Taliban“? – Foto (C): Manfred Knake

Naturschutzverband NABU eiert bei der Windkraft

Eine kritische Distanz des NABU zur Windenergienutzung findet man nur noch in der oft gebrauchten Floskel „naturverträglicher Ausbau“, den es bei der enormen Zahl der Kollisionsopfer gerade bei Greifvögeln und Fledermäusen mit derzeit mehr als 30.000 Anlagen in Deutschland kaum geben kann. Auf See gefährden Windkraftanlagen den Vogelzug oder schädigen durch den Dauerlärm die Ortungsorgane der Wale, vor allem der kleinen Schweinswale. Immerhin, ab und zu hört man auch beim NABU dazu kritische Stimmen. Nur ist die Windkraftkritik beim NABU nicht durchgängig, es wird sowohl als auch, beliebig und immer wieder unklar argumentiert. Eine verbindliche Abstandsregelung zur Wohnbebauung zum Schutz der Anlieger lehnt der NABU ab. In Ostfriesland, einem Landstrich mit sehr hoher Windkraftdichte, äußerte sich der NABU am 19. Dez. 2019 in der Ostfriesen Zeitung so: „Nabu: Windenergie-Ausbau muss weitergehen – Naturschützer aus Aurich sehen die zahlreichen Auflagen für die Hersteller von Windenergieanlagen in Deutschland kritisch. Pauschale Regelungen, wie etwa der 1000-Meter-Abstand seien nicht zielführend“. In Aurich produziert der Windanlagenhersteller Enercon, da weiß man doch, woher der Wind weht…

Der Spiegel, 09.02.2020, 10:13 Uhr

Artenschutz vs. Windkraft „Was heißt hier bitte Vogelschredder?“ Windenergie und Artenschutz blockieren sich gegenseitig. Bei einem Waldspaziergang versuchen Deutschlands oberster Artenschützer und der größte Windkraftfan der Grünen den ewigen Streit zu schlichten.
Von Stefan Schultz
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