Erdgasförderung vor Borkum? BUND sorgt sich um Schweinswale – aber unterstützt Offshore-Windparks

Ausgerechnet der Naturschutzverband BUND-Niedersachsen  macht sich für den Schutz der Schweinswale in der Nordsee stark, die vom Betriebslärm einer geplanten Erdgas-Förderplattform nordwestlich von Borkum in deutsch-niederländischen Hoheitsgewässern im Schutzgebiet „Borkum Riff“ geschädigt werden könnten. Der berechtigte BUND-Protest gegen die Erdgasförderung in unmittelbarer Nähe des geschützten Wattenmeeres ist eine Sache, der Hinweis auf den Schutz der Schweinswale eine ganz andere. Der Protest ist nicht sehr wahrhaftig, BUND-lückig, sozusagen. Der BUND ist vehementer Befürworter des Ausbaus der Windenergie, auch auf See. Prof. Hubert Weiger, Bundesvorsitzender des BUND am 23. Mai 2019 auf Twitter beim Bundesverband Windenergie (BWE) zum Ausbau der Erneuerbaren Energien: „Die Bundesregierung muss den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen und entfesseln. Dafür brauchen wir ein Anwachsen der jährlichen Zubau-Mengen“:

Bei Rammarbeiten für die Offshore-Anlagen entstehen enorm hohe Schalldrücke von über 200 Dezibel, die man mit Lufblasenvorhängen zum Schutz der Meeressäuger zu dämpfen versucht. Der Lärm kann die empfindlichen Ortungsorgane der Wale schädigen. Auf der Fachtagung „Offshore-Windparks: Industrie und Naturschutz suchen Schallschutzlösungen für Schweinswale“ 2012 in Berlin vereinbarten die notorische „Deutsche Umwelthilfe“, die auch Naturschutzorganisationen vertritt, zusammen mit den Naturschutzverbänden BUND, NABU, Greenpeace, Vertretern aus Politik, Verwaltungen und Vertretern der Windenergiewirtschaft einen „Lärmschutz“ von 160 Dezibel zum „Schutz“ der Meeressäuger in einer Entfernung von 750 Metern zur Rammstelle: „Die rund 200 Fachleute aus Industrie, Wissenschaft, Verbänden, Behörden und Politik waren sich weitgehend einig, dass der dynamische Fortschritt beim Unterwasserschallschutz vor allem Ergebnis eines herausfordernden Lärmschutzwertes (160 Dezibel) ist, der seit 2008 für den Bau von Offshore-Anlagen in Nord- und Ostsee verbindlich ist.“ Link: DUH_Presse_Schweinswale_WEA_Offshore_2012

Angespülter toter Schweinswal in der Emsmündung, Juni 2012 – Foto (C): Eilert Voß

Das ist kein „Schutz“, das ist interessengeleitete, wissentliche und eine eigentlich ungesetzliche Schädigung von streng geschützten Tieren. Die ständige Unterwasserlärmbelastung der Meeressäuger durch die bereits bestehenden Windparks auf See blendet der BUND-Niedersachsen in seiner nachfolgenden Pressemitteilung (ganz unten) ebenfalls einfach aus. Wie schrieben schon bayerische Naturschützer dem scheidenden Vorsitzenden des Bundes Naturschutz Bayern (BN), Prof. Hubert Weiger -nach wie vor aber BUND-Vorsitzender- anlässlich der BN-Delegiertenkonferenz in Eichstätt am 28. und 29. April 2018 ins Stammbuch:

„[…] Wir fordern Sie und Ihren Nachfolger Richard Mergner auf: Kehren Sie um, besinnen Sie sich auf die Ursprünge des deutschen Umwelt– und Naturschutzes und die Arbeit der Gründerväter von BN und BUND wie Hubert Weinzierl, Horst Stern und Bernhard Grzimek. Öffnen Sie die Augen und die Herzen und werden Sie gewahr, dass mit dieser Energiewende ein gnadenloser Kampf um die letzten Landschafts- und Naturreservate unseres Landes entbrannt ist, dem ECHTE Naturschützer mit ganzer Kraft widerstehen müssen. Machen Sie sich nicht weiter zum Handlanger einer Industrie und einer Politik, der es längst nicht mehr um Ökologie geht, sondern nur noch ums Geldverdienen. Lassen Sie es nicht zu, dass die großen deutschen Umweltverbände, inhaltlich und moralisch entkernt, ähnlich den großen Volksparteien alsbald im Abseits landen könnten. […]“

Diese „moralisch und inhaltlich entkernten“ Umweltverbände findet man offensichtlich nicht nur in Bayern…

BUND-Niedersachsen, Pressemitteilung
Ruhe für den Schweinswal – BUND lehnt Erdgasförderung bei Borkum ab

03. September 2019 | Artenschutz, Energie, Energiewende, Lebensräume, Meere, Wasser, Flüsse, Meere
Nordwestlich der Nordseeinsel Borkum soll eine neue Erdgas-Plattform errichtet werden. Der Standort liegt in den niederländischen Hoheitsgewässern, knapp einen Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Die dazugehörigen Erdgaslagerstätten befinden sich teils auf niederländischem, teils auf deutschem Hoheitsgebiet. Von der Plattform aus sind Bohrungen in beiden Gebieten geplant. Der BUND Niedersachsen lehnt eine weitere Erdgasgewinnung in der Nordsee entschieden ab. „Eine Erdgasförderung in diesen Gebieten ist nicht mit den Zielen des Natur- und Umweltschutzes in Einklang zu bringen. Die Genehmigung neuer Gasfelder läuft nicht nur den deutschen Klimaschutzzielen zuwider, sie stellt auch ein großes Risiko für die öffentliche Sicherheit dar, weil es durch die Erdgasförderung immer wieder zu Sackungen und Erdbeben kommt“, sagt Heiner Baumgarten, BUND-Landesvorsitzender. Von möglichen Absenkungen des Meeresbodens könnte auch Borkum betroffen sein. Bis zu 4 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag dürfte das niederländische Unternehmen ONE-Dyas B.V. dort gewinnen, wenn das Vorhaben genehmigt wird – über einen Zeitraum von 10-25 Jahren. Die Plattform soll im Gebiet „Borkumse Stenen“ liegen, für das die Niederlande gerade eine Eignung als FFH- und als Natura 2000-Gebiet prüfen.
Zusätzlich bedeutet das Vorhaben einen erheblichen Lärmeintrag in das Gebiet. Direkt angrenzend befinden sich mehrere Naturschutzgebiete, die schon jetzt von „lauten Nutzungen“ umrahmt sind, wie z.B. massivem Schiffsverkehr oder in niederländischem Gebiet militärischen Übungen. „Der negative Einfluss von Lärm auf Unterwassertiere wie Schweinswale, Fische und Wirbellose ist inzwischen unumstritten“, sagt Nadja Ziebarth vom BUND Meeresschutzbüro. „Weiterer Lärm durch Bohrungen, Schallkanonen, Versorgungsschiffe und Helikopter ist eine schwere Belastung für diese geschützten Ökosysteme.“ Der BUND befürchtet auch negative Auswirkungen durch ein Austreten von Kohlenwasserstoffen, Bohrschlämmen und Lagerstättenwasser.

Rückfragen zum Thema an:
Heiner Baumgarten, Vorsitzender, BUND Landesverband Niedersachsen, heiner.baumgarten(at)bund.net
Nadja Ziebarth, BUND Meeresschutzbüro, nadja.ziebarth(at)bund.net

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