Im Küstenbadeort Dornumersiel (Gemeinde Dornum im Landkreis Aurich) möchte man den Mahlbusen – ein Süßwassersee und Vorfluter – mit einer Schleuse an das Fahrwasser im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) anbinden. Das Projekt gärt schon seit Jahren, scheiterte aber immer an der Finanzierung. Den niedersächsischen Landespolitikern des Unterausschusses für Häfen und Schifffahrt, die nun das Projekt begrüßen (siehe Pressebericht unten), ist in ihrer Euphorie aber offensichtlich einiges entgangen: Der Mahlbusen ist Teil des europäischen Vogelschutzgebietes V63 „Ostfriesische Seemarschen von Norden bis Esens“ und darf ohne vorhergehende und nach dem Bundesnaturschutzgesetz vorgeschriebene FFH-Verträglichkeitsprüfung (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU) baulich nicht nachteilig verändert werden.
Die FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt hohe Hürden, die in diesem Falle kaum zu überwinden wären. Durch die Schleuse würden Eingriffe zum Nachteil der Wasserflora und -fauna notwendig. Einströmendes Salzwasser aus der Schleuse würde zu einem Brackwassersee führen, da steht die EU- Wasserrahmenrichtlinie vor. Der Kutter- und Sportbootverkehr und die ohnehin schon starke touristische Belastung würde durch eine Schleuse zunehmen und den Mahlbusen enorm unter Missachtung der Schutzziele gravierend verändern. Der Eingriff in das bereits durch nationales Recht geschützte Gebiet (Landschaftsschutzgebiet) ist eigentlich nicht genehmigungsfähig.
Parallele: Umgehungsstraße Bensersiel
Es gibt bereits einen schweren Eingriff in dieses küstennahe EU-Vogelschutzgebiet: Die nur 6 km weiter östlich gebaute Umgehungsstraße Bensersiel/Stadt Esens im Landkreis Wittmund wurde ohne Verträglichkeitsprüfung in einem damals faktischen Vogelschutzgebiet (also Wertigkeit vorhanden, aber nicht nach Brüssel gemeldet) illegal geplant und gebaut und dann von einem Landeigentümer erfolgreich beklagt, mit hohen finanziellen Folgen für die verantwortliche Stadt Esens. Auch damals ignorierten Politiker und Verwaltungen der Stadt Esens, des Nachbarlandkreises Wittmund und des Landes Niedersachsen die Natura-2000-Richtlinien der EU. Der Wattenrat hatte damals rechtzeitig, aber vergeblich, auf die rechtswidrigen Planungen hingewiesen.
Kängurusiel, große Sprünge, nichts im Beutel
Bereits 2012 plante man in Dornumersiel ein 35-Millionen-Euro-Projekt und wollte einen „Indoor-Hafen“ mit Glas überdachen und den Hafen mit Kneipen und Shops sowie einer Marina mit zusätzlichen 50 Liegeplätzen für Sportboote versehen, um „die Defizite der Kommune zu verringern“. Aus dieser Disneylandnummer wurde bis heute mangels Investoren nichts. Geistiger Vater des Indoor-Hafens war Rolf Kopper, Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft, der heute noch in Dornum und Dornumersiel umgeht. Das Glasdach-Hafen-Projekt wurde von Holger Heymann (SPD) in den damaligen niedersächsischen Landtagswahlkampf eingebunden und von ihm unterstützt. Heymann ist heute – nach seiner Abgeordnetenzeit im Landtag – Landrat des Landkreises Wittmund. Link: 6. Mai 2012: Willkommen in Kängurusiel!
Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, Seite 1, 27. Juni 2019
Ja zur neuen Schleuse
BESUCH – CDU-Landtagsabgeordnete wollen Druck machen – Chance nutzen Wenn es nach ihnen geht, bekommt Dornumersiel eine Schleuse: die Mitglieder des Landtagsunterausschusses Häfen und Schifffahrt mit den Vertretern des Dornumer Rates sowie weiterer Institutionen. BILD: Helmut BurmannEine Chance, die man nicht verstreichen lassen dürfe, so Ulf Thiele.
DORNUMERSIEL. Das Schwitzen während der mehrstündigen Besprechung am Dienstag hat sich gelohnt, denn der Besuch der CDU-Abgeordneten aus dem Landtagsunterausschuss Häfen und Schifffahrt sorgte am Ende für strahlende Gesichter bei den Dornumern. Die CDU-Abgeordneten sprachen sich wie schon zuvor ihre SPD-Mitglieder für eine Schleuse in Dornumersiel aus.
Der Finanzierung eines weiteren, fünf Millionen Euro teuren Sielzuges hatte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies bereits zugestimmt, für die Finanzierung einer 3,5 Millionen Euro kostenden Schleuse fühlte er sich allerdings nicht zuständig. Die falle in das Ressort des Wirtschaftsministeriums von Bernd Althusmann.
Die CDU-Mitglieder des Hafenausschusses wollen aber auf beide Ministerien zugehen und auch Druck machen, denn es wäre fatal, solch eine Chance nicht zu nutzen, wie der Abgeordnete Kai Seefried betonte, der auch CDU-Generalsekretär ist. Er bezeichnete das Mahlbusenprojekt als Rohdiamanten. Das Projekt sei nur richtig rund mit einer Schleuse, erklärte Ausschusssprecher Bernd-Carsten Hiebing, der sich für eine Umsetzung in erreichbarer Zeit einsetzen will. Klare Worte gab es auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Ulf Thiele aus Leer: „Es gibt an der ganzen Küste keine zweite Möglichkeit wie diese.“