1. Deutsche Inselkonferenz: außer Spesen nichts gewesen – Inseln als ´Testlabor für Lösung von Zukunftsfragen´?

Am 26. April 2019 ging auf Helgoland die 1. Deutsche Inselkonferenz, neudeutsch -ganz im ernst- „Green Island Conference Germany“, ohne eine Resolution zu Ende. Die Inselbürgermeister der Ostsee hatten nicht teilgenommen. Die Agentur dpa verbreitet am 25. April eine Meldung, in der der schleswig-holsteinische Umweltminister Albrecht (B90/Die Grünen) die Inseln als „Testlabor für Lösung von Zukunftsfragen“ bezeichnete. Die Inseln in Nord- und Ostsee seien „ein Brennglas der Herausforderungen im ländlichen Raum insgesamt“. Dort sei „Wirtschaften im Einklang mit der Natur schwieriger zu gewährleisten als an Land“. Der steigende Meeresspiegel und der Umgang mit der Meeresvermüllung war ebenfalls Thema. Sorgen bereiten den Inselbürgermeistern zudem der knappe Wohnraum und die hohen Stromkosten durch die Zwangsabgabe aus dem Erneuerbare Energien Gesetz. Sie forderten eine Befreiung von der EEG-Umlage, um „Standortnachteile“ auszugleichen.

Die Selbstinszenierung der Tourismus-Inseln anlässlich der Konferenz auf Helgoland ist jedoch grotesk: Den Massentourismus auf den Inseln überhaupt als „im Einklang mit der Natur“ zu bezeichnen ist schon sehr dreist. „Wirtschaften im Einklang mit der Natur“ findet auch nicht ansatzweise auf dem Festland statt, der galloppierende Artenschwund ist der Beweis. Vor einer Ausweitung des Tourismus auf den Inseln wegen des zunehmenden Drucks auf die Landschaft und damit verbundene Gefährdung der Inselflora und -fauna warnte schon 1980 das „Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen – Umweltprobleme der Nordsee“, (S.330 ff. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, Mainz). Die Warnungen verpufften ungehört. Heute betragen die offiziell gemeldeten Tourismus-Übernachtungszahlen laut Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg alleine auf den Inseln knapp 11 Millionen jährlich, dazu kommt das Heer der Tagestouristen. Der neuen Generation der Grünen-Politiker, fixiert auf Erneuerbare Energien und den nur vermeintlich möglichen Klimaschutz, ist die Historie und die abträgliche Entwicklung in diesem auch nach EU-Recht auf dem Papier geschützten Naturraum offensichtlich gar nicht mehr bekannt. Derzeit sterben gerade die Strandbrüter wie Zwergseeschwalbe, Sand- oder Seeregenpfeifer aus, im Schutzgebiet Nationalpark Wattenmeer und „Weltnaturerbe“!

13. Mai 2018, Borkum, Südstrand, strengste Schutzzone im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Ruhezone, Zone I): Ignoranz trifft Strandbrüterschutz, zwei Brutpaare Zwergseeschwalben“erfolgreich“ vertrieben. Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Der Meeresspiegel steigt weder dramatisch noch erst seit gestern, er steigt seit dem Ende der letzten Weichselkaltzeit vor ca. 12.000 Jahren und lag damals bis zu 120 m tiefer als heute  Ohne die ständigen und enorm teuren steuerfinanzierten Küstenschutzmaßnahmen zur Inselsicherung seit dem 20. Jahrhundert gäbe es die Inseln in ihrer heutigen Form gar nicht mehr. Auf ganz natürlichem Wege hätten Wind und Wellen die Gestalt der Inseln völlig verändert oder sie ganz verschwinden lassen. Die Pegel in Norderney und Cuxhaven lassen keinen beschleunigten Anstieg erkennen (siehe hier: .pdf Meeresspiegel_Pegel_Nney_Cux , Quelle: Dipl Met. Klaus Puls). Der Anstieg beträgt aktuell laut Messungen der Universität Siegen derzeit 1,7 mm im Jahr oder 17 cm im Jahrhundert, der Anstieg hat sich also weiter abgeschwächt. In skandinavischen Gewässern sinkt der Meerespiegel durch Landanhebungen. Der jahrelange Klimakatastrophen-Gehirnwäsche durch viele Medien sind offenbar nicht nur die Inselbürgermeister zum Opfer gefallen, die sich mit ihrer Konferenz nun vielleicht sogar mit an der Spitze der Klimabewegten wähnen. Wie sagte unlängst „Wetterfrosch“ Jörg Kachelmann: “Über 90 Prozent aller Geschichten zu Wetter und Klima sind falsch oder erfunden”, er beklagte die „Verkommenheit weiter Teile des Medienbetriebs“.

1995: angepülter Strandmüll auf der Vogelinsel Memmert, Foto (C): Reiner Schopf/Wattenrat

Das Problem der Meeresvermüllung ist ebenfalls nicht neu, sondern seit Jahrzehnten virulent. Für die Seehunde, Kegelrobben, Schweinswale und Vögel der Nordsee und des Wattenmeers sind vor allem die in der Nordsee treibenden unverrottbaren Plastiknetze der Fischerei eine ständige Bedrohung und tödliche Fallen.

Nicht selten werden auch Seehunde Opfer der Fischerei: Kegelrobbe mit Netzresten und erheblichen Halsverletzungen Foto (C): John de Boer/Wattenrat

Bezahlbaren Wohnraum auf den Inseln gibt es nicht, weil a) alle Betten einschließlich der Schwarzbauten vom Keller bis zum Dach an Touristen vermietet werden und b) die Inselimmobilien für Otto Normalverbraucher unerschwingliche Spekulationsobjekte geworden sind. Das Problem „Wohnungsnot“ auf den Inseln ist also hausgemacht und trifft irgendwann alle vom Tourismus überlaufene Gebiete. Im Februar dieses Jahres forderten die ostfriesischen Inselbürgermeister (außer Spiekeroog) vom niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) eine Aufweichung und Änderung des Nationalparkgesetztes, weil man sich in der Entwicklung „eingeschränkt“ fühle. Als „Testlabor für die Zukunft“ haben die Inseln längst und „nachhaltig“ versagt.  Es ist ein Armutszeugnis für die recherchefreie Presse, ungeprüft und unkommentiert solche politischen Propagandameldungen zu verbreiten.

aktualisiert am 07. Mai 2019

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