Hier an der Küste ist das Wetter seit Tagen sonnig, dabei noch etwas kühl und windig. Und Ostern steht vor der Tür. Freie Tage und gutes Wetter locken denn auch tausende Kurzurlauber an die Küste. Die Hotel- und Pensionsbetriebe in den Küstenorten und auf den Inseln sind so gut wie ausgebucht. Was für die Erholungssuchenden en masse verlockend nach stressfreien Tagen klingt, wird sich für die sog. „freilebende Tierwelt“ wieder einmal als enorm stressende Belastung erweisen. Auch im und am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der seit zehn Jahren umsatzfördernd als „Weltnaturerbe“ touristisch verhökert wird, hat die Brutzeit begonnen, genauer noch „Brut- und Setzzeit“, wie es die Jäger sagen. Auf den Inseln beginnen Möwen, Seeschwalben, Watvögel , unter ihnen die letzten Sand- und Seeregenpfeifer, mit dem Brutgeschäft.
Gänse und Enten suchen sich vermeintlich ruhige Gewässer als Brutplätze, und auch der Osterhase hat schon mobile Junge, die an geschützten Ort gesäugt werden. Schlagartig verwandeln sich schon vor Beginn der Feiertage ruhige und sogar geschützte Landschaftsteile in überlaufene Tourismusgebiete: Radfahrer und Spaziergänger erkunden ihr Urlaubsgebiet, mit freilaufenden Hunden (die eigentlich in dieser Zeit an der Leine geführt werden müssen!), mit Lenkdrachen oder seit kurzem auch mit ferngelenkten Drohnen. Auch Kitesurfer werden nun wieder in größerer Zahl ganz legal ihren vogelverscheuchenden Sport in den Schutzgebieten (Zwischenzonen) ausüben, die die Nationalparkverwaltung für sie freigegeben hat. Das Steigenlassen von Kinderdrachen in den Zwischen- und Ruhezonen des Nationalparks ist dagegen nach dem Nationalparkgesetz verboten. Das Großschutzgebiet Nationalpark verwandelt sich dann in einen riesigen Freizeitpark, dessen zahlende Gäste in der Regel kaum etwas über das wissen, was gemeinhin „Natur“ genannt wird.
Nicht von ungefähr sind die Brutvögel der Strände dramatisch zurückgegangen, in ihrem Schutzgebiet „Nationalpark“, der auch europäisches Vogelschutzgebiet ist – auf dem Papier. Elf hauptamtliche Ranger, die im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ohne Kompetenzen auf 3.500 qkm Fläche Aufsicht führen sollen, kommen gegen den Gästeansturm nicht annähernd an. Die Frage ist zudem, wie viele Ranger sich nun im Osterurlaub befinden. Die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven unterstützt die werbende Tourismusindustrie und ist auch auf Tourismusmessen präsent. Die Verwaltung weist aber immer wieder auf die Wegegebote oder, wie in diesem Jahr nur die Nationalparkverwaltung in Schleswig-Holstein, auf das generelle Betriebsverbot von Drohnen in Schutzgebieten hin. Den oft propagierten „sanften“ oder gar „nachhaltigen“ Tourismus gibt es nicht, auch das ist eine Erfindung der Branche, die damit den abträglichen Massentoursimus schönredet. In diesem Sinne: ein frohes und stressfreies Osterfest…