Nationalparkverwaltung und Artenschutz: noch alle Kaffeetassen im Schrank?

Bier trinken für den Naturschutz hatten wir schon 2005: * Saufen für den Naturschutz? Die Jever-Brauerei startet eine „Kampagne für die Natur“ im Landkreis Friesland. Und: * Behördlicher Naturschutz hängt an der Bierflasche Friesisches Brauhaus zu Jever zahlt 40.000 Euro in Naturschutzstiftung Hängt der behördliche Naturschutz an der Flasche?
Messbar genützt hat es „der Natur“ nichts, aber es war eine gute PR für die Brauerei.

Nun macht die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven mit Kaffee für den Artenschutz trinken weiter, mit Hilfe eines Kaffees, der auf Borkum verkauft wird, „ökologisch nachhaltig produziert“, selbstverständlich. Da freut sich doch das touristisch-urbane Öko-Gewissen. Mit jedem Kilo verkauften Kaffees sollen 50 Eurocent für den Seehund- und Strandbrüterschutz verwendet werden.

Das kann man durchaus so machen, der O-Ton der Nationalparkverwaltung in der Pressemitteilung (siehe unten) klingt zunächst gut, aber nur oberflächlich betrachtet: „Dieser wird in die überlebenswichtigen Schutzmaßnahmen für den Nachwuchs des Seeregenpfeifers im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer investiert.“ Der Schutz dieser bedrohten Vogelart (und anderer!) ist aber nicht Sache der Borkumer Kaffeetrinker; Natur- und Artenschutz ist eigentlich immer noch staatliche Aufgabe und nicht das Ergebnis des Kaffeekonsums. Weniger ökologisch für die hochgradig gefährdeten Arten wie See- und Sandregenpfeifer oder Zwergseeschwalben ist der gewaltige Touristenauftrieb an ihren Brutstränden, die vor allem Schutzgebiete sind. Es fehlt an gründlicher Überwachung der Brutgebiete und konsequenter Ahndung bei Betretungsverstößen mit Bußgeldern; das geben Nationalpark- und Bundesnaturschutzgesetz durchaus her und der tatsächliche Vollzug der Gesetze vor Ort spräche sich „nachhaltig“ herum. Nur sind dafür nur 11 Ranger auf 3.500 qkm Nationalparkfläche präsent und zuständig, die aber noch nicht einmal hoheitliche Befugnisse wie die Polizei haben und diese erst rufen müssten, wenn sie denn überhaupt kommt.

Kaum noch Bruterfolge im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ durch den Massentourismus: Seregenpfeifer, ein Strandbrüter – Foto (C): Archiv Wattenrat/Eilert Voß

Gleichzeitig werden z.B.

„30 Prozent mehr Touristen in Norden-Norddeich als im Vorjahr“ (Ostfriesischer Kurier vom 12. Juli 2018) gemeldet und

„Erste Urlauberwelle aus NRW erreicht die Küste – Sommerferien- 15.000 fahren nach Norderney- Reederei Frisia mit fünf Fähren im Dauereinsatz“ (Ostfriesen Zeitung vom 12. Juli 2018).

Und das sind nur die Meldungen von zwei Orten im und am Nationalpark Wattenmeer, der tourismusfördernd als „Weltnaturerbe“ etikettiert wurde und entsprechend mit Hilfe der weitgehend unkritischen Presse vermarktet wird. Bei diesem Massenansturm auf die Strände sind die Strandbrüter chancenlos, auch wenn nun hektoliterweise Kaffee getrunken werden sollte.

Link (.pdf): Das Ende vom Lied

Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung Nds. Wattenmeer – 23.07.2018

Artenschutz durch Kaffeegenuss

Als Sponsor unterstützt „Kaffee Borkum“ die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und leistet einen Beitrag zum Schutz von Seehunden und gefährdeten Strandbrütern. Mit Spenden trägt „Kaffee Borkum“ zum Schutz des Seeregenpfeifers bei.

Foto: Gundolf Reichert / NLPV, Kaffee Bongusta

Seit Anfang des Jahres gibt es exklusiv auf der Insel Borkum den „Kaffee Borkum“, der unter ökologisch nachhaltigen und fairen Bedingungen für Mitarbeiter, Umwelt und Pflanzen auf Kuba produziert wird. Unter dem Motto „Wir unterstützen beim Schützen“ gehen mit jedem verkauften Kilo 0,50 € an die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Die Spenden werden für den Schutz von Seehunden und gefährdeten Strandbrütern im Weltnaturerbe Wattenmeer eingesetzt.

Im Fokus steht dabei zunächst der Seeregenpfeifer, denn er ist eine vorrangig zu schützende Vogelart im niedersächsischen Wattenmeer. Nur auf den Stränden Borkums brütet er noch regelmäßig, aber in geringer Anzahl. Die Nationalpark-Ranger leisten hier wichtige Arbeit, um den Fortbestand des kleinen Watvogels zu sichern. Während der Brut- und Aufzuchtzeit werden die sensiblen Brutplätze weiträumig abgezäunt und so vor Störungen geschützt. Informationstafeln klären Strandbesucher über die Bedeutung der Abzäunung auf und verweisen auf vogelfreundliche Verhaltensregeln, wie Hunde an der Leine zu führen und die Einzäunung nicht zu übertreten.

Kürzlich ist der erste Spendenbeitrag von „Kaffee Borkum“ eingegangen. Dieser wird in die überlebenswichtigen Schutzmaßnahmen für den Nachwuchs des Seeregenpfeifers im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer investiert. Jede getrunkene Tasse von „Kaffee Borkum“ leistet so einen Beitrag zum Artenschutz auf der ostfriesischen Insel. Weitere Informationen und Hintergründe zu „Kaffee Borkum“ gibt es unter www.kaffee-borkum.de.

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