Am 14. März 2018 ging die Glückseligkeit die Ems runter. Gemeint ist der neue Musikdampfer „Norwegian Bliss“ (übersetzt „Norwegische Glückseligkeit“), der auf der binnenländischen Meyer Werft in Papenburg gebaut wurde. Bereedert wird das Schiff von der Norwegian Cruise Line. Ab Sommer 2018 soll das Kreuzfahrtschiff zu „eindrucksvollen Kreuzfahrten nach Alaska und in die Karibik“ aufbrechen. Die Presse berichtet wieder nur sehr einseitig über das Spektakel und ließ den geschundenen Fluss außer acht.
„Aufgrund der strengen Umweltauflagen in Alaska wird das Schiff mit modernen Abgasreinigungsanlagen und sehr umweltfreundlichen Motoren zur Stromerzeugung ausgestattet“, so die Meyer Werft. Für die Ems gelten Umweltauflagen wohl nicht. Für den Fluss ist der Bau der riesigen Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft weniger glückselig gewesen: Ständig muss die Ems für den großen Tiefgang der Schiffe ausgebaggert werden, das bezahlt der Steuerzahler. Ohne die Baggerarbeiten würden die schwimmenden Bespaßungskästen gar nicht in den Fluss passen. Bei jeder Überführung an die seeschifftiefe Nordsee muss die Ems aufgestaut werden, damit ausreichend Wasser unter dem Kiel ist. Dafür wurde ebenfalls aus Steuergeldern ein Stauwerk in Gandersum bei Emden gebaut, das 2002 fertiggestellt wurde. Da der Bau in einem europäischen Vogelschutzgebiet errichtet wurde, musste es EU-kompatibel als Küstenschutzbauwerk deklariert werden und heißt seitdem „Sperrwerk“ gegen Sturmfluten. Das Stauwerk wird betrieben und unterhalten vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Die Meyer Werft lässt vorgefertigte Schiffssektionen bereits auf seiner Rostocker Neptun Werft oder in Danzig bauen, die dann über die Ostsee, den Nord-Ostsee-Kanal und die Nordsee über die Ems nach Papenburg geschleppt werden. Dort werden die einzelnen Sektionen zu einem neuen Kreuzfahrtschiff zusammengeschweißt. Auf der Neptun Werft am seeschifftiefen Wasser (seit 1997 zur Meyer-Neptun-Gruppe gehörend) werden flachgehende Flusskreuzfahrtschiffe gebaut!
Die ständigen Baggerarbeiten mit der Flussvertiefung haben zu erhebliche Auswirkungen auf die Strömung, den Schlickeintrag und die Sauerstoffzehrung des Flusses geführt. Das Land Niedersachsen hat sich inzwischen nach mehreren Gerichtsverfahren in einem Vergleich dazu verpflichtet, insgesamt neun Millionen Euro für Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation an der Ems zur Verfügung zu stellen; die EU-Kommission sitzt dem Land wegen der Wasserrahmenrichtlinie im Nacken. Dazu gibt es einen „Masterplan Ems“. Es ist allerdings fraglich und umstritten, ob dieser Masterplan -mit Unterstützung der großen Naturschutzverbände- zur Renaturierung des Flusssystems taugt, da die Meyer-Schiffe weiterhin über die Ems an die Nordsee überführt werden müssen und sich am Flusssystem kaum etwas ändern wird.
Wenn Kreuzfahrtschiffe in der Brutsaison überführt werden (sog. „Sommerstau“), führt der Aufstau zu Gelege- und Jungvögelverlusten der Brutvögel, in einem EU-Vogelschutzgebiet!
Deshalb: Meyer an die Küste!