Endlich wurde es Winter in Ostfriesland und „umzu“; nach monatelangem Dauerregen schien endlich Anfang Februar wieder die Sonne und es fror tagelang bis zu minus 8 Grad Celsius. Die wassergesättigten und aufgeweichten Böden wurden so steinhart. Das lockte nicht nur Spaziergänger nach draußen, auch viele Bauern nutzten den nun hartgefrorenen Boden, um ihre im Winter angesammelte Güllefracht loszuwerden, bei Tag und in der Dunkelheit. Sogar große Tankfahrzeuge aus den Nachbarregionen waren unterwegs, um die „geballte Gülleladung“ auf kleinere Fahrzeuge zur Verteilung umzuladen.
Das Ausbringen von Gülle auf gefrorenem Boden ist eigentlich nach der Düngeverordnung verboten, eine Ordnungswidrigkeit. Wenn die Gülle in die Oberflächengewässer abgeschwemmt wird, wird daraus eine Straftat. Bauernschlau hält dieser hochsubventionierte Berufsstand mit der stets offenen Hand aber ein Schlupfloch bereit:
Zitat aus der Nordwest Zeitung, Oldenburg vom 09. Februar 2018: „Gülleausbringung bei Frost – Was manchem stinkt, lässt Landwirte aufatmen […] Eigentlich, so steht es in der Niedersächsischen Gülleverordnung, darf Gülle auf gefrorenem Boden nicht ausgebracht werden. Es gebe aber eine Ausnahme, betont Manfred Ostendorf, Geschäftsführer des Kreislandvolks Wesermarsch: Der Boden werde durch Auftauen am Tag des Aufbringens aufnahmefähig. Die oberste Bodenschicht müsse soweit auftauen, dass ein Einsickern des Düngers in den Boden gewährleistet sei. ´Und das ist im Moment mit Temperaturen von über 0 Grad am Mittag der Fall.` Eine Ausnahmegenehmigung sei für die Landwirte damit nicht mehr notwendig, erläutert der Landvolk-Geschäftsführer. […]“ Zitat Ende
Nur: Der Boden ist nach wie vor nicht „aufnahmefähig“, weil er immer noch wassergesättigt ist und es bei beginnender Dunkelheit sofort wieder friert, falls er überhaupt aufgetaut war. Die Pflanzen können die Gülle bei diesen Temperaturen ohnehin nicht aufnehmen, das geht erst ab ca. 10 Grad plus. Falls jetzt Tauwetter einsetzt und es regnet, wird die Gülle in gewässernahen Bereichen in die Gewässer abgeschwemmt. Die Bauern halten nur einen Meter Abstand zu Gewässern. Und dieser Berufsstand wundert sich über sein schlechtes Image in der Bevölkerung!
Unser Mitarbeiter Eilert Voß war einige Tage lang an der Ems unterwegs und hat das stinkende Treiben in der nachfolgenden Bilderserie dokumentiert. Eindeutig sieht man auf seinen Bildern, dass die Gülle auch auf noch weiß überfrorenen Böden ausgebracht wurde, die keineswegs angetaut sind. Auch vor einem Wasserschutzgebiet bei Tergast im Landkreis Leer wurde nicht halt gemacht. Das alles hat mit einer „Düngung“ nichts zu tun und ist Abfallentsorgung von übervollen Güllebehältern zu Lasten des Grundwassers und der Oberflächengewässer. Eine kritische Berichterstattung in den Lokalblättern an der ostfriesischen Küste ist selten; manchmal lesen sich diese Tageszeitungen wie landwirtschaftliche Verlautbarungsorgane. Dass sich viele Bauern sicher bei ihren frostigen Entsorgungstouren fühlen, mag an der unzureichenden behördlichen Aufsicht liegen. Diese Missstände sind seit Jahren bekannt, eine „nachhaltige“ Änderung lässt immer noch auf sich warten.
Link (.pdf): Nährstoffbericht für Niedersachsen 2016_2017 mit Tabellenanhang