Aus dem „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler, 2017/2018:
„Was ist passiert
Der längste Schwarzbau Deutschlands
Die 8,4 Millionen Euro teure Umgehungsstraße sollte das ostfriesische Bensersiel an der Nordseeküste vom Durchgangsverkehr entlasten. Das war aber nur kurz der Fall, denn seit Monaten ist sie gesperrt. Die 2,1 Kilometer lange Strecke führt nämlich mitten durch ein europäisches Vogelschutzgebiet und ist deshalb für illegal erklärt worden. Im schlimmsten Fall muss die Straße auf Kosten der Steuerzahler wieder beseitigt werden. […]“ mehr hier
Über diese Nummer wurde bundesweit berichtet, einschließlich der Bild-Zeitung:
BILD, online, 07. Okt. 2017
10 krasse Fälle aus dem neuen Schwarzbuch – So verpulvert der Staat UNSER Geld
[…] Platz 8: Umgehungsstraße ohne Genehmigung (Ostfriesland)
Die Straße ist fertig – aber seit Monaten gesperrt: die Ortsumgehung von Bensersiel an der Nordsee. Die 2,1 Kilometer lange Strecke hat 8,4 Millionen Euro gekostet, hat aber, weil sie durch ein Vogelschutzgebiet führt, gar keine Genehmigung. Ihr droht sogar der Abriss! […]
Auch die Lokalzeitung berichtete ausführlich und ließ den Esenser Stadtdirektor Harald Hinrichs (parteilos) zu Wort kommen. Hinrichs ist nicht für den Bau der Straße verantwortlich, da er das Amt von seinem verantwortlichen Vorgänger Jürgen Buß übernahm, der 2014 mit Anfang fünfzig in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 1, 06. Okt. 2017
Steuerzahlerbund spricht vom „längsten Schwarzbau Deutschlands“
FINANZEN Ortsumgehung Bensersiel wird im „Schwarzbuch der öffentlichen
Verschwendung“ angeprangertBENSERSIEL/BERLIN/MH – Der Steuerzahlerbund hat gestern in Berlin sein neues „Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung“ vorgestellt. Unter dem Punkt „Längster Schwarzbau“ ist dort auch die 8,3 Millionen Euro teure Entlastungsstraße Bensersiel aufgelistet. Egal, ob Abriss der Straße oder Einigung mit dem Eigentümer. Beides werde für die Steuerzahler sehr teuer. „Bevor man eine Straße baut, muss man die rechtliche Seite klären“, so die harsche Kritik. Esens’ Stadtdirektor Harald Hinrichs monierte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung, dass „der Steuerzahlerbund vorher nicht bei der Stadt nachgefragt hat“.
Hinrichs: „Gerne hätte ich darauf hingewiesen, dass sich die Stadt Esens derzeit mit allen Kräften darum bemüht, diese Investition (8,3 Millionen Euro) für die Zukunft zu retten. Sollte es im schlechtesten Falle doch zu einem Rückbau kommen, wäre ein Eintrag ins Schwarzbuch sicher gerechtfertigt.“ Der Steuerzahlerbund mache es sich sehr einfach, wenn er behauptet, „man müsse die rechtliche Seite erst klären, bevor man baut“. Gerade der Umstand, dass es sich um ein „Vogelschutzgebiet handeln könnte“, so Hinrichs, sei bei der Planung intensiv erörtert (unter anderem mit dem niedersächsischen Umweltministerium).
Die 2015 erfolgte Nachmeldung weiterer Flächen als Vogelschutzgebiet dürfte Hinweis genug sein, „dass die bisherige Gebietskulisse vom Land wohl nicht ganz korrekt ermittelt worden ist“, so Hinrichs. Er hoffe, dass die Neuabgrenzung und die daraufhin erfolgte Unterschutzstellung durch den Landkreis „nun als belastbare Grundlagen für den neuen Bebauungsplan ausreichen“. Wittmunds Erster Kreisrat Hans Hinrichs geht davon aus, dass die vom Kreistag beschlossene neue Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet einen rechtlichen Rahmen eröffnet, um die Straße zu retten.
Nur hat Harald Hinrichs als Hauptverwaltungsbeamter der Stadt Esens eine bemerkenswerte enge Sichtweise zum Eintrag der Bensersieler „Entlastungsstraße“ in das Schwarzbuch. Die zugrunde liegenden zwei Gerichtsurteile zur Rechtsunwirksamkeit der von der Stadt aufgestellten Bebauungspläne für die Umgehungsstraße Bensersiel sowie die ebenfalls gerichtlich festgestellte Rechtswidrigkeit der Enteignung des Flächeneigentümers blendet er einfach aus. Teile der Straße gehören jetzt dem erfolgreichen Kläger und Landeigentümer, sie sind ihm rechtlich „zugewachsen“. Die rechtliche Seite ist also durchaus geklärt. Was jetzt noch kommen kann sind nur noch politische Tricksereien, um die Straße dennoch zu erhalten. Eine nachträgliche „Heilung“ der verfehlten Planung erscheint sehr fragwürdig. Die Stadtverwaltung und der Rat der Stadt Esens haben seit 2003 gewusst, dass die Straßenplanung unzulässigerweise in einem „faktischen Vogelschutzgebiet“ stattfand, dennoch weitergeplant und bauen lassen und dabei 5,4 Millionen Euro Fördermittel in Anspruch genommen. Das kann auch evtl. als Rechtsbeugung durch Amtsträger bewertet werden, also die vorsätzlich falsche Anwendung des Rechts, und das ist sogar strafbar, ganz abgesehen von der Möglichkeit der Amtshaftung der Verantwortlichen in Rat und Verwaltung.
Nordwest Zeitung, Oldenburg/NDS, online, 06. Oktober 2017
Hier wird das Geld zum Fenster rausgeschmissen […]
Im Nordwesten Die Umgehungsstraße in Bensersiel, der Bau am Jade-Weser-Port – das sind die prominentesten Beispiele für Steuerverschwendungen in der Region. […] Bernhard Zentgraf, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen, fordert, dass Verstöße konsequent mit den Instrumenten des Disziplinar-, Regress- und Strafrechts verfolgt und geahndet werden. „Das ist heute immer noch zu selten der Fall, in der Regel werden Steuergeldverschwender persönlich nicht zur Rechenschaft gezogen.“ Das sei aber nötig, um dem Land und den Kommunen zu einer wirtschaftlichen Haushaltsführung zu verhelfen.
Link: Reloaded: Chronologie der Umgehungsstraße Bensersiel, Teil 2