Verlinkt (Preis für Theuerkauf_Presse_26Juni2017) finden Sie den bemerkenswerten Zeitungsbericht über den „Förderverein Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ über „Personen, die sich in besonderem Maße für den Naturschutz im niedersächsischen Wattenmeer eingesetzt“ haben (Quelle: Jeversches Wochenblatt, Anzeiger für Harlingerland, S. 9., 26. Juni 2017). In diesem Falle ging der „Otto-Leege-Preis“ an den ehemaligen Auricher Oberkreisdirektor (Landrat) Walter Theuerkauf (SPD). Otto Leege war der „Vater“ der heutigen Vogelinsel Memmert bei Juist, die er schon vor über hundertzwanzig Jahren mit Beharrlichkeit und staatlicher Unterstützung von den Auswüchsen des schon damals abträglichen Fremdenverkehrs für Brut- oder Rastvögel befreite und zu einer echten Vogelschutzinsel entwickelte. Leege wurde dafür auf Juist angefeindet, heute wird er instrumentalisiert und von den Tourismusmachern vereinnahmt. Juist wollte zudem bei Einrichtung des Nationalparks niedersächsisches Wattenmeer 1986 aus diesem „austreten“.
Der ehemalige Oberkreisdirektor Theuerkauf sieht sich nun gar „wandelnd auf den Spuren Otto Leeges“, wogegen sich Otto Leege nicht mehr wehren kann. Aber Otto Leege würde sich vermutlich im Grabe umdrehen, könnte er den heutigen Massentourismus und Walter Theuerkaufs tatsächlichen „Einsatz für den Naturschutz“ näher betrachten.
Walter Theuerkauf hat z.B. mit verhindert, dass die 1995 bereits planfestgestellte Wiedervernässungsmaßnahme im Münsterpolder/LK Aurich als Kompensation für die Erdgasleitung Statoil-Europipe durch den Nationalpark Wattenmeer umgesetzt wurde. Die Kompensationsmittel von ca. 3,6 MillionenEuro flossen schließlich nach langem Hick-Hack und dem drohenden Verfall des Ersatzgeldes im Wesentlichen in eine Wege-Erschließungs- und „Damm“baumaßnahme für den Küstenschutz auf der Insel Langeoog; damit wurde der Inselosten leichter für die Touristen erreichbar. Der Münsterpolder im Nationalpark Wattenmeer ist nach wie vor eine trockene Viehweide.
Theuerkauf war auch Vorsitzender des Nationalparkbeirats der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven. Naturschützer an der Küste befürchteten damals, dass damit „der Bock zum Gärtner“ gemacht worden war.
2001 wurden bei der Nationalpark-Gesetzesnovellierung fast 90 wertvolle Teilgebiete des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer auf den Inseln und dem Festland auf Betreiben der damaligen SPD-Landesregierung mit Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) aus dem Nationalpark herausgenommen oder in der Zonierung herabgestuft und dem Tourismus zugeführt. Dafür wurden kosmetisch konfliktfreie Wasserflächen vor den Inseln neu einbezogen. Einer der wesentlichen Akteure für die Novellierung war Walter Theuerkauf. Theuerkauf setzte sich anschließend vehement für die Ausweisung des nun neu struktuierten Nationalparks als „Weltnaturerbe“ ein, für die Förderung der Tourismuswirtschaft, aber nicht erkennbar für den Naturschutz. Der Wattenrat hatte gegen die Herausnahmen und Herabstufungen von Nationalparkflächen Beschwerde bei der EU-Kommission wegen der Verschlechterung des Schutzstatus in diesem EU-Vogelschutzgebiet eingelegt und dies auch bei einem Besuch in Brüssel direkt vorgetragen. Das Beschwerdeverfahren wurde nach 6 Jahren Bearbeitungszeit und heftiger politischer Einflussnahme schließlich eingestellt…
Theuerkauf 2003 auf Baltrum zum Tourismus im Weltnaturerbe:
Zitat: „Die Anmeldung als Weltnaturerbe mache insofern Sinn, weil unserem Raum keinerlei Nachteile entstehen würden, sondern nur Vorteile, warb Theuerkauf. Und man müsse in dieser Zeit jeden Vorteil wahrnehmen. Besonders auf dem Tourismussektor sei der Kuchen nicht unendlich teilbar und hier gilt es anzubieten, was typisch ist: Ostfriesland als ein Naturgebiet mit hohem Erholungswert, das seine Stammgäste halten, aber auch neue Gäste hinzugewinnen muss.“ Zitatende (aus: Baltrum online, 20. Jan. 2003: Wattenmeer soll Weltnaturerbe werden)
Die umstrittene, von der Nationalparkverwaltung ohne die vorher vorgeschriebene Verträglichkeitsprüfung neu zugelassene Kitesurf-Fläche in Upleward/LK Aurich (eine von ca. 20 von Cuxhaven bis Emden), hielt Theuerkauf für „unbedenklich“, ganz im Gegensatz zur fachlichen Bewertung der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises.
In Theuerkaufs Amtszeit wurden viele Windkraftanlagen fast ausschließlich des Windanlagenherstellers Enercon im Landkreis Aurich genehmigt. Die Auswirkungen auf die Anwohner und die Landschaft, die als „Biosphärenreservat“ nun noch ein Etikett auf die landwirtschaftlich und windindustriell stark übernutzte Region bekommen soll, sind nicht zu übersehen. Mit der Ausweisung als Biospärenrservat sind Fördergelder für Kommunen verbunden. So setzt sich z.B. die Gemeinde Dornum vehement für das neu zu schaffende Biosphärenreservat ein, obwohl die Gemeinde bereits mit ca. 120 Windkraftanlagen umstellt ist.
Es ist unschwer zu erkennen, wie auch die Nationalparkverwaltung mit dem Leiter Peter Südbeck offensichtlich mehr der Tourismusförderung und der Kommerzialisierung als dem Naturschutz verpflichtet ist und das Großschutzgebiet Nationalpark zielstrebig zu einem Freizeitpark entwickelt wurde und wird. „Nationalpark“ und „Weltnaturerbe“ sind nur noch wohlfeile Vermarktungsetiketten. Man sollte aber nicht vergessen, dass auch der Naturschutz in Ostfriesland mit dem Nationalpark eine Entwicklungsgeschichte hat, die beim Wattenrat Ostfriesland nicht vergessen ist! Es hat jedoch den Anschein, dass diese Geschichte gerade umgeschrieben wird.
Link: Pressemitteilung der Verwaltung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer vom 26. Juni 2017