Nun also doch kein Silvesterfeuerwerk anlässlich der NDR2-Silvesterparty in Norden-Norddeich direkt am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“: Der Kurdirektor von Norddeich fühlt sich missverstanden „Ich habe nie gesagt, dass wir ein Feuerwerk organisieren, sondern, dass wir ,etwas in die Luft schießen’, womit ich Lichtspiele meinte“, zitiert in die Lokalzeitung (s.u.). Am 27. Dezember wurde allerdings, möglicherweise fälschlich, von einem geplanten „Feuerwerk“ berichtet. Jedoch sind auch „Lichtspiele“, wenn sie über dem direkt angrenzenden Nationalpark in den Nachthimmel projiziert werden, wenig entspannend für die abertausenden Rastvögel im Watt und lösen ebenfalls Fluchtreflexe aus. Zudem zeigt das Ankündigungsplakat „Große Open-Air Silvesterparty am Strand mit NDR2“ in einer Fotomontage ein Feuerwerk im Hintergrund. Eine zunächst vorgesehene Strafanzeige des Wattenrates gegen die Veranstalter wird es nun also nicht geben können. Dennoch werden mit Sicherheit auch viele Privatpersonen wieder ihre Raketen und Böller im und am Nationalpark zünden, wie in jedem Jahr.
Lärmintensive Veranstaltungen wie die NDR2-Silvesterparty, auch ohne Feuerwerk, sind im Nationalpark verboten und direkt am Großschutzgebiet deplatziert; da fehlt es bei den Veranstaltern wohl an grundlegenden Naturschutzkenntnissen, die schon Grundschülern vermittelt werden. Auch bei den Vermietern gibt es noch Nachholbedarf: Die vermietung-nordddeich.de wirbt sogar mit Feuerwerken in Norddeich: „Silvester- Feuerwerk an der Nordsee mit seinen vielen Möglichkeiten kann dies zu einem unvergesslichen Moment machen.“
Die Nationalparkverwaltung zieht sich auf einen bequemen Standpunkt zurück: „Als Nationalparkverwaltung können wir Feuerwerke außerhalb der Schutzgebietsgrenzen nicht verbieten, sondern nur an die Veranstalter und die Bevölkerung appellieren, auch im angrenzenden Bereich auf Feuerwerke zu verzichten, denn Schall- und Lichtemissionen können in den Nationalpark hinein wirken.“ Doch, die Verwaltung kann unter Berufung auf den §44 des Bundesnaturschutzgesetzes auch darauf hinwirken, dass Störungen, die von außerhalb in den Nationalpark hineinwirken, Rechtsmittel einlegen. Tut sie aber nicht, obwohl ein Jurist in der Verwaltung tätig ist. Rechtsmittel würden vermutlich den Kuschelkurs der Verwaltung mit der Tourismuswirtschaft stören.
Und noch etwas: Wattenrat wirkt, zumindest auf dem Papier. In Dornumeriel im Landkreis Aurich wurde von der Tourismus GmhH bis zum Jahre 2014 zu Silvesterpartys am Strand eingeladen. Der ist Bestandteil des Nationalparks, das Böllern dort also verboten. Nach einer Strafanzeige, die im Sande verlief und mit der Unterstützung des Landkreises Aurich ging man nun in sich. Das war am 29. Dezember 2015 in einer Lokalzeitung online zu lesen:
Anzeiger für Harlingerland, online, 29. Dez. 2015
Dornumersiel
Die Tourismus GmbH lädt zu einem ruhigen und besinnlichem Silvester am Strand von Dornumersiel ein, um das neue Jahr bei einem rustikalen Angebot zu begrüßen. Die Open Air-Veranstaltung beginnt am Silvestertag, 31. Dezember, um 22 Uhr und geht bis ungefähr 1 Uhr. Der Eintritt ist frei. Der Veranstalter bittet alle Gäste, auf das Zünden von Silvester-Feuerwerk zu verzichten, da die Veranstaltung in der Nähe des Weltnaturerbes Wattenmeer stattfindet.
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Ostfriesischer Kurier, Norden/LK Aurich/NDS, S. 1, 29. Dezember 2015
Silvesterparty führt zu Streitigkeiten
Umwelt Naturschützer gegen Feuerwerk
Norden/GB – Die Silvesterparty in Norddeich am Haus des Gastes zieht
Einheimische, Gäste und Naturschützer gleichermaßen an. Eine
missverständliche Formulierung der Kurdirektion veranlasst den
Wattenrat dazu, mit einer Anzeige zu drohen. Manfred Knake, Sprecher
des unabhängigen Zusammenschlusses, sieht in der Planungsweise Anlass,
um auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes gegen die
Verantwortlichen vorzugehen. „Andere Touristiker verbieten Feuerwerke
oder bitten, wie in Dornum, deutlich um Verzicht auf Böller“, so Knake
gegenüber dem KURIER. „Was die Kurdirektion in Norddeich macht, ist ein
Schritt zurück“, äußert sich der Naturschützer empört. Kurdirektor
Armin Korok sieht die Sache eher gelassen: „Ich habe nie gesagt, dass
wir ein Feuerwerk organisieren, sondern, dass wir ,etwas in die Luft
schießen’, womit ich Lichtspiele meinte“, erklärt Korok. „Auch habe
ich darauf hingewiesen, dass es nicht notwendig sei, Böller
mitzubringen, weil man einen guten Blick auf die Feuerwerke ringsum
habe“, betont Korok (Seite 3).—
S. 3
Wattenrat will Anzeige erstatten:
Silvesterparty sei falsches Signal
Umwelt Organisiertes Feuerwerk war allerdings nie geplantWattenrat kritisiert „ignoranz“ der Organisatoren. Norddeich/GB – Die jahrelange Diskussion über denUnsinn von Böllern und Raketen im und am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer sei an den Tourismusmachern und dem NDR spurlos vorübergegangen, sagt Manfred Knake, Sprecher des unabhängigen Naturschutzzusammenschlusses „Wattenrat“, über die Silvesterpartyplanung in Norddeich. Knake werde Anzeige auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes erstatten. Die Anzeige würde beim Landkreis Aurich als UntereNaturschutzbehörde und bei der Staatsanwaltschaft in Aurich eingehen, so Knake in einer Pressemitteilung.
Imke Zwoch, Pressesprecherin der Nationalparkverwaltung äußerte sich dem KURIER gegenüber wie folgt zum Sachverhalt: „Als Nationalparkverwaltung können wir Feuerwerke außerhalb der Schutzgebietsgrenzen nicht verbieten, sondern nur an die Veranstalter und die Bevölkerung appellieren, auch im angrenzenden Bereich auf Feuerwerke zu verzichten, denn Schall- und Lichtemissionen können in
den Nationalpark hinein wirken. Auch der Plastikmüll der Feuerwerkskörper findet sich in Naturlandschaften wieder. Zudem geraten nicht nur Vögel und andere Wildtiere durch Feuerwerk in Panik.
Auch Haustiere seien betroffen und nicht zuletzt kleine Kinder, die den Krach nicht zuordnen können, sowie alte Menschen, die noch den Bombenkrieg miterlebt haben und bis heute durch Explosionsgeräusche und Lichtblitze traumatisiert sind. Gerade in der heutigen, hektischen Zeit ist die Ruhe und Stille der Natur ein attraktiver touristischer Anziehungspunkt und der Verzicht auf Feuerwerk tatsächlich ein
Gewinn.“Eine Stellungnahme, die beim Wattenrat Resignation auslöst: „Die Apelle der Nationalparkverwaltung, auf Feuerwerk im und in der Nähe des Nationalparks zu verzichten, verhallen ungehört“, so Knake gegenüberdem KURIER.„ Der Kurdirektor müsste ein klares Signal setzen und darum bitten, auf Feuerwerkskörper zu verzichten“, fordert Knake.
„Möglicherweise schwappen die Wellen der Empörung aufgrund einer missverständlichen Formulierung so hoch“, so Armin Korok. „Weder wir von der Kurverwaltung, noch der NDR wird ein eigenes Feuerwerk in Norddeich organisieren. Wir haben Lichtspiele geplant, die aber weder feuerwerksähnlichen Lärm noch Müll verursachen werden.Außerdem habe ich bereits gesagt, dass es nicht notwendig sei, eigene Feuerwerkskörper mitzubringen, da man vomDeich auswunderbar die Feuerwerke der umliegenden Gemeinden sehen kann“, betont Korok. Der zuständige Nationalpark Ranger Onno K. Gent sieht allerdings ebenso wie Manfred Knake auch im Privatfeuerwerk eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Vogelwelt: „Wir verzeichnen bereits jetzt deutlich negative Bestandstendenzen bei vielen Arten. Die Gründe hierfür sind multikausal, aber so ein Feuerwerk ist eben auch ein Puzzleteil“, erläutert Gent.
Knake kritisiert die Signale der Kurverwaltung, auch wenn es sich nur um privates Böllerwerk handelt: „Die Kurverwaltung müsste sich viel deutlicher gegen das Mitbringen von Feuerwerkskörpern einsetzen. Seit 30 Jahrengibt es diesen Nationalpark und seit sechs Jahrenist er zum Weltnaturerbe erhoben. Eine hochsensible, schützenswerte Landschaft. Wenn das in den Köpfen der Touristiker ankommen würde, wären wir einen ganzen Schritt weiter“, macht Knake deutlich. Ob der Naturschützer auch vor dem Hintergrund dennoch Ernst macht, dass es sich bei dem Feuerwerk doch nicht um ein organisiertes handelt, sondern lediglich
um private Einzelaktionen, will der Wattenratsprecher von den Entwicklungen des Abends abhängig machen. „Wir werden Leute vom Wattenrat nach Norddeich schicken, die das Geschehen beobachten und dann aktuell entscheiden, was wir tun“, sagt Knake.