Nachtrag 05. August 2015, siehe ganz unten: Das Feuerwerk am Strand von Bensersiel wurde inzwischen abgesagt!
Der Landkreis Wittmund als Untere Naturschutzbehörde rechtfertigte in der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ (s.u.) seine Ausnahmegenehmigung für das sommerliches Höhenfeuerwerk am 02. August 2015 auf der Insel Langeoog im Strandbereich (Erholungszone) des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“. Die Begründung der Behörde: Man habe fachlich geprüft, ob es erhebliche, den Schutzzweck beeinträchtigende Auswirkungen auf das Schutzgebiet habe. Diese Prüfung habe ergeben, dass es keine erhebliche Störung darstelle. Das sei den Veranstaltern auf der Insel auch schriftlich bestätigt worden. Dabei stütze sich der Landkreis Wittmund auf eine Fachauskunft der Nationalparkverwaltung.
Der Wattenrat Ostfriesland gibt dazu die folgende Stellungnahme ab:
Seit Jahren weist der Wattenrat auf die eigentlich verbotenen Höhenfeuerwerke im Nationalpark hin. Es ist blanke Heuchelei oder gar Zynismus, wenn die Nationalparkverwaltung in jedem Jahr in den Zeitungen Appelle veröffentlicht und auf das Verbot von Silvesterfeuerwerken hinweist, die dann dennoch sanktionslos im Schutzgebiet stattfinden. Ausgerechnet bei der Touristenbespaßung im Sommer vertritt die Nationalparkverwaltung nun eine ganz andere Meinung und hält Höhenfeuerwerke – angeblich – für unbedenklich, was dann dankbar vom Landkreis Wittmund für eine Begründung einer Ausnahmegenehmigung übernommen wird.
Der genehmigende Landkreis Wittmund als Untere Naturschutzbehörde verweist als Begründung lediglich auf den Begriff aus dem Bundesnaturschutzgesetz (§44) „erhebliche Störung“ – im Gegensatz zu bloßen Störungen oder Beunruhigungen – die ebenfalls verboten sind, und begründete damit die vorgebliche Zulässigkeit des Feuerwerks im Nationalpark. Eine „erhebliche Störung“ ist etwas ganz anderes und liegt nur dann vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand des örtlichen Vorkommens einer Art verschlechtert. Darum geht es in diesem Falle gar nicht. Ein Blick ins Gesetz erleichtert bekanntlich die Rechtsfindung: In diesem Falle geht es um das Verbot von lärmintensiven Veranstaltungen auch in den Erholungszonen am Badestrand, die laut Nationalpark-Gesetz verboten sind. Zitat aus dem Nationalparkgesetz (§15): “ Es ist insbesondere verboten, lärmintensive Veranstaltungen durchzuführen.“ Es können davon Ausnahmen gemacht werden, aber nur, wenn der Schutzzweck es ausdrücklich erlaubt! Und der Schutzzweck für Langeoog ist laut Nationalparkgesetz u.a. „bedeutendes Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet für Wat- und Wasservögel“, die sich derzeit in großer Zahl auf oder um die Insel herum aufhalten.
Diese streng geschützten Zugvögel wurden zweifellos durch den Lärm und die weit in das Schutzgebiet hineinreichenden Lichteffekte beunruhigt und vertrieben. Ein Feuerwerk ist also nicht mit dem Schutzzweck des Nationalparks vereinbar. In den angrenzenden Schutzzonen außerhalb des Badestrandes ist aus Artenschutzgründen sogar die Verwendung von Kinderdrachen verboten.
Der Landkreis versucht sich also mit einer fragwürdigen, verkürzenden und den Sachverhalt vernebelnden Textauswahl aus dem Bundesnaturschutzgesetz zu rechtfertigen und aus der Affäre zu ziehen, das spricht nicht für seine Fachkompetenz! Das Bundesnaturschutzgesetz (§ 39) sagt auch, und das verschweigt die Untere Naturschutzbehörde: „Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.“ Auf Langeoog und beim nächsten Feuerwerk am 11. August in Bensersiel werden aber mit Wissen und Wollen des Landkreises und der Veranstalter Feuerwerke abgebrannt und dabei billigend in Kauf genommen, dass gegen die Artenschutzvorgaben des Verbots der Beunruhigung der streng geschützten Arten verstoßen wird; das ist „mutwillig“, geschieht also mit Vorsatz! Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist das zumindest eine Ordnungswidrigkeit, die laut Gesetz mit bis zu 50.000 Euro Strafe geahndet werden kann. Ganz anders arbeitet da z.B. die Untere Naturschutzbehörde im Landkreis Aurich, die bei geplanten Feuerwerken am Strand von Dornumersiel die dortige Tourismusgesellschaft auf die Rechtswidrigkeit aufmerksam machte und die Feuerwerke untersagte.
Der Landkreis Wittmund als Untere Naturschutzbehörde hat in der Vergangenheit mehrfach seine Fachkompetenz „nachhaltig“ selbst in Frage gestellt. Erinnert sei nur an die Bewertung und Genehmigung des von mehreren Gerichten gerügten „Schwarzbaus“ der Umgehungsstraße in Bensersiel in einem „faktischen Vogelschutzgebiet“, die verfehlte Stellungnahmen zu einem Golfplatz in Ostbense im Vogelschutzgebiet oder die Tatenlosigkeit beim Abholzen von 20 gesunden alten Eichen auf einem Wall zur Brutzeit in einem Baugebiet in Holtgast.
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Anzeiger für Harlingerland/Wittmund/NDS, S. 1, 04. August 2015
Kritik am Feuerwerk auf Insel
LANGEOOG/HIN – Das Feuerwerk als Abschluss des Langeooger Dörpfestes ist auf Kritik von Naturschützer Manfred Knake (Wattenrat) gestoßen. „Ein Blick durchs Fernglas müsste eigentlich ausreichen, um die derzeitigen durchziehenden Watvogelvorkommen im Watt zu bestätigen und um daraus zu schließen, dass ein Höhenfeuerwerk deshalb nicht mit dem Schutzzweck des Nationalparks zu vereinbaren ist“, so Knake. Er werde sich aus diesem Grund an das Niedersächsische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde wenden. Auch das bevorstehende Feuerwerk beim Lichter- und Brückenfest in Bensersiel steht in seiner Kritik. Es handele sich um Störungen im Nationalpark, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz geahndet werden könnten, so Knake. Eine Anfrage des HARLINGER beim Landkreis Wittmund ergab, dass die Untere Naturschutzbehörde, bei der das Feuerwerk auf Langeoog gemeldet wurde, fachlich geprüft hat, ob es erhebliche, den Schutzzweck beeinträchtigende Auswirkungen auf das Schutzgebiet habe. Diese Prüfung habe ergeben, dass es keine erhebliche Störung darstelle. Das wurde den Veranstaltern auch schriftlich bestätigt. Dabei stützt sich der Landkreis Wittmund auf eine Fachauskunft der Nationalparkverwaltung.
Nachtrag 05. August 2015:
Wattenrat wirkt: Das geplante Feuerwerk am Strand von Bensersiel/Stadt Esens wird abgesagt, der hauptamtliche Samtgemeindebürgermeister und Stadtdirektor der Stadt Esens verhielt sich sehr kooperativ und bestätigte die gesetzlichen Verbotsbestimmungen, die vom Landkreis Wittmund und der Nationalparkverwaltung offensichtlich je nach Jahreszeit dehnbar ausgelegt werden. Inzwischen kamen Signale auch von der Insel Langeoog, dort keine weiteren Feuerwerke mehr zu veranstalten. Auf Norderney wurde vor wenigen Tagen ebenfalls ein illegales Höhenfeuerwerk abgebrannt. An dessen Abstellung für die Zukunft wird gearbeitet…
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Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S.1 und S. 5, 05. August 2015 (und verkürzt im Ostfriesischen Kurier, Norden)
Feuerwerk wird abgesagt
BENSERSIEL/IME – Der Tourismusbetrieb Esens-Bensersiel hat auf die Kritik des Wattenrates reagiert und das für nächste Woche Dienstag geplante Höhenfeuerwerk am Strand im Rahmen des Lichter- und Brückenfestes abgesagt. „In Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen wird in diesem Jahr darauf verzichtet“, so Esens Samtgemeindebürgermeister Harald Hinrichs gestern. Naturschützer Manfred Knake hatte, wie berichtet, das Feuerwerk auf Langeoog und die Bensersieler Pläne kritisiert. Es sei Heuchelei, wenn die Nationalparkverwaltung in jedem Jahr auf das Verbot von Silvesterfeuerwerken hinweise und jetzt in den Sommermonaten Höhenfeuerwerke – angeblich – für unbedenklich erkläre, so Knake. Eine Prüfung habe ergeben, dass Feuerwerke keine „erhebliche Störung“ darstellten, hatte der Landkreis Wittmund mitgeteilt und sich dabei auf die Auskunft der Nationalparkverwaltung berufen. Aus Rücksichtnahme auf den Nationalpark Wattenmeer führe der Tourismusbetrieb das Lichter- und Brückenfest nicht direkt am Strand, sondern überwiegend auf dem Bürgermeister-Rieken-Platz durch, so Hinrichs. Seite 5
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Lichterfest: LED-Show statt großem Feuerwerk
NATURSCHUTZ Wattenrat wirft dem Landkreis Wittmund mangelnde Fachkompetenz vorBENSERSIEL/IME/KDH – Im 20. Jahr der Lichter- und Brückenfeste in Bensersiel wird es kein Feuerwerk mehr geben, stattdessen setzt der Tourismusbetrieb auf eine LED-Show auf der Bühne. Das teilte gestern Esens’ Samtgemeindebürgermeister Harald Hinrichs mit, der damit auf die Kritik von Manfred Knake vom Wattenrat reagiert (siehe Seite 1). „Der Nationalpark Wattenmeer gehört zu den wichtigsten Grundlagen des Tourismus. Insofern haben wir ein hohes Interesse daran, dass der Schutzstatus respektiert wird und die gesetzlichen Bestimmungen auch eingehalten werden“, so Hinrichs. Im Nationalparkgesetz sei geregelt, dass in der Erholungszone lärmintensive Veranstaltungen nicht durchgeführt werden dürften. Auch im Nahbereich sei auf den Nationalpark ausreichend Rücksicht zu nehmen, so der Samtgemeindebürgermeister. Der Tourismusbetrieb verzichte auf Lärm in der Nähe der Erholungszone des Nationalparks.
Knake, der mit seiner Kritik – auch am Feuerwerk auf Langeoog (wir berichteten) – den Stein ins Rollen gebracht hat, erneuerte gestern im Namen des Wattenrates seine Vorwürfe an den Landkreis als zuständige Genehmigungsbehörde. Der Wattenrat, so Knake, weise seit Jahren „auf die eigentlich verbotenen Höhenfeuerwerke im Nationalpark hin“. Ein Feuerwerk sei nicht mit dem Schutzzweck des Nationalparks vereinbar. Der Landkreis Wittmund, so der Wattenrat, habe die Genehmigung für das Feuerwerk auf Langeoog „mit einer fragwürdigen, verkürzenden und den Sachverhalt vernebelnden Textauswahl aus dem Bundesnaturschutzgesetz“ zu rechtfertigen versucht. Dies spreche nicht für seine Fachkompetenz. Man habe billigend einen Verstoß gegen Artenschutzvorgaben in Kauf genommen. Ganz anderes arbeite hingegen die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich: Die habe bei geplanten Feuerwerken am Strand von Dornumersiel die dortige Tourismusgesellschaft auf die Rechtswidrigkeit aufmerksam gemacht und die Feuerwerke untersagt.