Die ersten Heuler

Junge Kegelrobbe, abgelegt auf Juist

Junge Kegelrobbe, abgelegt auf Juist, Foto (C) privat/Wattenrat

Kegelrobben sind die größten in Deutschland lebenden Raubtiere, mit einem beeindruckenden Gebiss. Ihre Größe und Wehrhaftigkeit nützt ihnen nichts, wenn sie ihre Jungtiere im Spätherbst bis in den Winter hinein gebären und – anders als Seehunde– hoch und trocken an den Stränden ablegen; das Muttertier geht dann im Wasser auf die Jagd und kehrt gelegentlich zum Säugen des Jungtieres zurück. Gerade am Jahresende tummeln sich aber sehr viele Weihnachts- und Neujahrstouristen auf den Inseln, die alle zum Großschutzgebiet Nationalpark Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ gehören. Finden sie eine junge Kegelrobbe am Strand, wird diese leicht durch neugierige „Belagerung“ und freilaufende Hunde von der Mutter getrennt. Unbedarfte und in der Regel völlig naturentwöhnte Touristen halten das Jungtier für verlassen. So gelangt manches Kegelrobbenbaby völlig unnötig in die Seehundaufzuchtstation nach Norddeich bei Norden. Aber auch Stürme können die Alttiere von den Jungtieren trennen. Gäbe es ausreichend Ranger mit entsprechenden Kompetenzen, könnten gefundene Kegelrobbenjunge schnell von den Touristen und ihren Hunden ferngehalten werden, damit das Muttertier zurückkommen kann. Die Deutsche Presseagentur dpa hat heute auf das Problem aufmerksam gemacht, es möge nützen!

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg, www.dpa.de

Sonntag, 25.01.2015, 11:59

Die «Heuler» sind da – Seehundstation pflegt verwaiste Kegelrobben
Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Viele Menschen lieben es: Kegelrobben säugen am Strand ihre Jungen. Mancher möchte den Tieren dann ganz nah sein. Aber für die kleinen Robben kann das schlimm enden.
Norddeich (dpa/lni) – Sie sind aber auch zu niedlich – mit ihrem weichen, weißen Fell und den großen Kulleraugen: Kleine Kegelrobben an der Nordseeküste sind eine Attraktion für Strandbesucher. Genau das ist aber auch das Problem einiger Jungtiere. «Leider kommt es immer wieder vor, dass unbedarfte Strandbesucher sich den Jungtieren bis auf wenige Meter nähern und sie regelrecht belagern – oft über Stunden», kritisierte der Leiter der Seehundstation Nationalpark-Haus im ostfriesischen Norddeich, Peter Lienau, am Sonntag. «Damit hat das

Muttertier keine Chance, wieder zu seinem Jungtier zu gelangen.» Elf kleine Kegelrobben sind von ihren Muttertieren weggerissen worden, sie werden in der Seehundstation aufgepäppelt.
Die Strandspaziergänger sind aber nicht der einzige Grund dafür, dass die Jungtiere von ihren Müttern getrennt wurden: Auch bei schweren Winterstürmen können sich Mutter- und Jungtier verlieren. Außerdem sei die Zahl der Kegelrobben im niedersächsischen Wattenmeer in den vergangenen Jahren gestiegen, sagte Lienau. Auch deshalb sei die Zahl der von der Station beherbergten «Heuler» in diesem Jahr vergleichsweise hoch – im vergangenen Jahr waren es vier Tiere, 2013 nur drei.
Anders als Seehunde bringen Kegelrobben ihre Jungen mitten im Winter zwischen November und Januar zur Welt. Sie werden mit einem weißen Embryonalfell geboren. Es schützt die Tiere vor Kälte, ist allerdings nicht wasserdicht und daher zum Schwimmen ungeeignet. Ihre ersten Lebenswochen verbringen Kegelrobben deshalb an Land. Dort werden sie von den Müttern gesäugt und während der Nahrungssuche am Strand abgelegt.
Diese Jungtiere sind meistens nur vorübergehend verlassen und sollten von Menschen gemieden werden. 300 Meter Abstand empfiehlt der Leiter der Seehundstation. Und: «Prinzipiell sollte man kein Tier draußen anfassen.»
Wird ein Jungtier tatsächlich von der Mutter getrennt, zieht die Seehundstation den kleinen «Heuler» auf. Bevor sie zurück in die Freiheit dürfen, müssen sie ein Gewicht von 45 Kilogramm erreichen, erklärt Lienau. Das dauere zweieinhalb bis drei Monate. Ende Februar dürften also die ersten der jungen Kegelrobben in der Nordsee schwimmen. Meist kommen die Jungtiere mit einem Gewicht zwischen 12 und 26 Kilogramm in die Station.
Eines der Tiere, das seit Ende Dezember in der Station lebt, wurde auf den Namen «Mathilda» getauft. Alle Heuler wurden den Angaben zufolge auf das Influenza-Virus getestet – eine Infektion wurde nicht festgestellt. An der Nordseeküste war es Ende 2014 wegen einer Grippewelle zum massenhaften Sterben von Seehunden gekommen.

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