Langeoog: Weltnaturerbe nur Schall und Rauch

Man feiert sich derzeit einen Wolf in Ostfriesland. Die Lokalzeitungen berichten täglich ausführlich und großbebildert über jede Dorf- und Vereinsfeier. Auch die Urlaubsinsel Langeoog macht keine Ausnahme: „Herzlich Willkommen im Weltnaturerbe auf Langeoog“ heißt es auf der WebSeite der Online-Zeitung „Langeoog News“ , die über eine „rauschende Strandparty„, genau wie  Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“, auf der Insel berichteten.

Aber das vielzitierte „Weltnaturerbe“ Wattenmeer ist nur für die Tourismuswerbung gut und nicht selten Schall und Rauch für die Natur, wenn es um die Bespaßung der Urlauber geht; auch auf Langeoog wurde dafür jetzt wieder ein Höhenfeuerwerk – zum dritten Mal in diesem Jahr-  abgebrannt. „Am Ende eine tolle Party mit einem farbenprächtigen Höhenfeuerwerk“ ließ man es von der Sandbank vor dem Strand im Großschutzgebiet „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ am 30. August krachen, am Strand dröhnten die Boxen. „Gemeinsam mit Antenne Niedersachsen hatten die Kurverwaltung und das Team der Strandhalle wieder keine Kosten und Mühen gescheut, um mit großem Einsatz alle Zutaten für eine rauschende Strandparty für Klein und Groß zusammen zu tragen“, schreiben die Zeitungen.

Der Strand gehört zur Erholungszone des Nationalparks. Der Lärm und die Lichtblitze wirkten aber weit in die Zwischen- und Ruhezonen des Nationalparks hinein, der ganz nebenbei auch EU-Vogelschutzgebiet ist. Der Vogelzug hat bereits eingesetzt, die Insel wird derzeit nicht nur von abertausenden erholungssuchenden Touristen bevölkert. Auch Wat- und Wasservögel auf dem Zuge- für die dieser Nationalpark eingerichtet wurde – machen derzeit auf der Insel Rast. Diese Tiere aus Nordeuropa und Asien sind auf ruhige Rast-, Nahrungs- und Mauserplätze angewiesen, die sie aber gerade in der Touristensaison selten finden. Auf krachende Blitze reagieren die Tiere panisch und werden vertrieben. Erst am 12. August wurde auch im Küstenbadeort Bensersiel, der Langeoog auf dem Festland gegenüberliegt, von einem Flügeldeich, der weit ins Wattenmeer hineinreicht, ein Höhenfeuerwerk zur Touristenunterhaltung gezündet.

Unterhaltungsnummern dieser Art sind laut Nationalpark- und Bundesnaturschutzgesetz eigentlich nicht erlaubt. Die Nationalparkverwaltung erinnert jährlich kurz vor den Silvesterfeuerwerken in Presseveröffentlichungen – meistens vergeblich – daran. Bei den genauso lauten und störenden
Sommerfeuerwerken blieb die Verwaltung allerdings bisher stumm. Laut Bundesnaturschutzgesetz müsste vor Störungen dieser Art eine Verträglichkeitsprüfung auf die Auswirkungen in diesem EU-Vogelschutzgebiet durchgeführt werden, wie das Ergebnis aussähe, kann man sich unschwer denken.

Die Antwort auf eine Anfrage des Wattenrates vom 11. August beim Landkreis Wittmund, der die Genehmigungsbehörde für Feuerwerke ist, wann denn diese gesetzlich vorgeschriebene Verträglichkeitsprüfung mit welchem Ergebnis durchgeführt wurde, steht bis heute aus. Es ist davon auszugehen, das man im Landkreis diese Naturschutzvorschriften bewusst ignoriert.

Streng geschütze und sehr störempfindliche Löffler, erst seit einigen Jahren wieder heimisch im niedersächsischen Wattenmeer

Wie zum Hohn bietet die Kurverwaltung nun drei Tage nach der dröhnenden Strandparty eine „große Beobachtungstour“ zur Osthütte an, „jetzt im September erheben sich gewaltige Zugvogelschwärme über Watt und Salzwiesen, ihr einziger Zwischenstopp auf den weiten Reisen zwischen Arktis und Afrika. Auch Große Brachvögel, Löffler und nordische Enten können beobachtet werden“, so der Ankündigungstext in der Lokalzeitung. Zugvögel sind nur noch die Kulisse für die Touristenunterhaltung, Teil des Unterhaltungsprogramms. Nähme man die Lebensansprüche der Zugvögel tatsächlich wahr und ernst, verzichtete man auf Langeoog und anderswo im und am Nationalpark auf die erheblich störenden Höhenfeuerwerke. Feiern ließe sich am Strand auch ohne sie. Zudem gäbe es lautlose Alternativen: Mit Laserprojektoren könnte man auf Dünen, Strandflächen oder große weiße Gebäudeflächen bunte Lichtspektakel projezieren, nicht in die Luft, weil auch das Vögel irritiert und vertreibt.

Das vielbeworbene „Welnaturerbe“ ist nur noch eine Worthülse. Ohne die vorangegangene Unterschutzstellung des Wattenmeeres als Nationalpark hätte es nie ein Weltnaturerbe gegeben, der Nationalpark war die Voraussetzung für das Welt(w)erbe-Etikett.

Nach 28 Jahren Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, nach 35 Jahren europäischer Vogelschutzrichtlinie und nach 5 Jahren „Weltnaturerbe“ wäre es endlich an der Zeit, dass auch die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven deutlich und unmissverständlich gegen diese bekannten häufigen Verstöße gegen die Naturschutzgesetze vorgeht, als ultima ratio auch mit Ordnungsstrafen. Das würde sich zweifellos „nachhaltig“ auf die Ruhe im Nationalpark auswirken.

Nachtrag:

Nachfolgender Text mit dem ausdrücklichem Verbot von Feuerwerken im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer stand vor zwei Jahren am 27. Dez. 2012 ebenfalls  in der Inselzeitung „Langeoog News“, mit starken Lippenbekenntnissen des Nationalparkleiters Peter Südbeck. Aber auch seine Worte: Nur Schall und Rauch! An den Verbotstatbeständen und den Auswirkungen auf die Vögel im Nationalpark hat sich bis heute nichts geändert.
Zitat: >> […] Aus diesem Anlass macht die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven darauf aufmerksam, dass im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer das Zünden von Feuerwerken streng verboten ist. „Der Nationalpark gibt hier den rechtlichen Schutz vor“, macht Nationalpark-Leiter Peter Südbeck unmissverständlich klar. Blendwirkung und Schall machen aber natürlich an den Nationalpark-Grenzen nicht Halt. „Darüber hinaus sollte die Auszeichnung als Weltnaturerbe auch innere Verpflichtung sein, diesem Prädikat durch rücksichtsvollen Umgang mit der Natur gerecht zu werden. Deshalb unser Appell, auch im Umfeld des Nationalparks Rücksicht auf die Tierwelt zu nehmen, ihnen einen sicheren Ruheraum zu gönnen und auch dort aufs Feuerwerk zu verzichten“. Wie empfindlich Vögel auf Lärm reagieren, weiß eigentlich jedes Kind: Einmal in die Hände klatschen und „alle Vögel fliegen hoch“. […] >>

Link: http://www.wattenrat.de/tag/feuerwerk/

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