Schweinswale haben bekanntlich feine Ortungsorgane für den Fischfang, von dem sie leben. Die Kleinen Tümmler, wie sie auch heißen, reagieren daher sehr empfindlich auf Unterwasserlärm aller Art, die Zerstörung der Ortungsorgane führt zum Tod der Tiere. Die BUND Mitarbeiterin Nadja Ziebarth vom BUND-Projektbüro Meeresschutz in Bremen wandte sich daher besorgt an die Presse. Die Nachrichtenagentur dpa/lni berichtet u.a. am 13. August 2014
„[…] Lautstarke Schallkanonen in der niederländischen Nordsee haben Naturschützer in Deutschland alarmiert. Der Einsatz von dröhnenden Knallapparaten zur Erforschung von Gasvorkommen gefährde Schweinswale und Fische, kritisierte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). Gesucht wird in einem Gebiet in den Niederlanden, das direkt an das deutsche Schutzgebiet Borkum Riffgrund grenzt […]“
Frau Ziebarth startete auch eine Online-Petition (s.u.) zur Einstellung der unglaublichen starken Verlärmung durch die Explorationsfirma Hansa Hydrocarbons mit einem „Kanonenboot; die Petition ist inzwischen geschlossen.
Obwohl diese Petition durchaus begrüßenswert ist, zeigt sie die völlige Unkenntnis vieler Unterzeichner über die enorm lauten Schalleinträge durch die Bauarbeiten an den Windkraftwerken auf See. Perfide ist vor allem die Untätigkeit aller deutschen Naturschutzverbände an einem nicht weit entfernten Ort auf deutscher Seite. Überhaupt nicht alarmiert war der BUND von einer ebenso lauten Lärmquelle: Als im gleichen Seegebiet etwas weiter östlich auf deutscher Seite im Sommer 2012/2013 mit der unglaublichen Lautstärke von mehr als 200 Dezibel – gemessen direkt an der Baustelle – Offshore-Windkraftfundamente in den Meeresboden gerammt und so ebenfalls Schweinswale erheblich gefährdet wurden, blieb der BUND – wie alle anderen Umweltverbände auch – stumm. Auch die Presse schwieg, bis auf ganz wenige Ausnahmen. Auf dem Windenergie-Ohr ist man gerne taub, ist ja „öko“. Der BUND ist, wie der NABU auch, „Ökostromvermittler“!
Im Sommer 2012 wurden mehr als 130 tote Schweinswale tot an der Westküste von Schleswig-Holstein angetrieben, auch im Jadebusen an der niedersächsischen Küste fand man damals einige tote Schweinswale, einen Kadaver fand man in der Emsmündung. Keines der Tiere wurde auf die Todesursache hin untersucht, obwohl das internationale Walschutzabkommen ASCOBANS das vorsieht. Ob der Massentod mit der hohen Schallexposition durch die Rammarbeiten zusammenhing, konnte also nicht festgestellt werden.
Vor der eigenen Haustür im deutschen Meeresgebiet waren die Naturschutzverbände einschließlich des BUND also weniger besorgt um die Kleinen Tümmler und überhaupt nicht zimperlich. Sie haben es unterlassen, sich gegen den schädigenden Unterwasserlärm durch Rammarbeiten für die Offshore-Windkraftwerke zu wehren, im Gegenteil: Die Umweltverbände einigten sich mit der Windkraft-Offshore-Industrie 2012 in Berlin auf den angeblich akzeptablen Lärmwert von 160 Dezibel, aber erst 750m von der Rammstelle entfernt gemessen; sie betonten „gemeinsam den Erfolg der naturverträglichen Energiewende“ und wussten dabei genau, dass auch 160 Dezibel absolut gefährlich für das Ortungssystem der Schweinswale sind. Das entspricht dem Lärm eines Artillerieabschusses am Ohr, aber als Dauerlärm während der Rammarbeiten. Diese Absprachen, die nur auf das technisch Machbare der Offshore-Industrie Rücksicht nahmen, wurden gar als „Kompromiss“ bezeichnet, zweifellos einer für die Industrie, nicht aber für die Schweinswale.
Nach Frau Ziebarths Lesart ist also der Gas-Exploration-Lärm auf See von Übel und der Rammlärm für die Offshore-Windkraftwerke akzeptabel. Nun lassen sich eventuelle weitere tote Schweinswale leicht auf die Gasexploration mit Schallkanonen im niederländischen Seegebiet schieben, und die für Meeressäuger ebenso abträgliche Windenergie bleibt draußen vor. Die ausschließlich ideologisch geführte Diskussion um die Nutzung der Windenergie unter Ausblendung der physikalischen Voraussetzungen führt offensichtlich zur Blindheit, Taubheit oder gar Hirnschmelze in den Köpfen einiger Verbands“naturschützer“. Das hat die völlig einseitige Lärmwahrnehmung und -bewertung durch die BUND-Funktionärin aus Bremen bewiesen, sie müsste es besser wissen. Den Unterzeichnern der Petition, überwiegend aus Tierschutzkreisen, dürften diese Feinheiten kaum bekannt sein, es berichtet ja auch kaum jemand darüber. Ein Kommentar zeigt beispielhaft die Ahnungslosigkeit und realsatirische Unbedarftheit einer Petitions-Unterzeichnerin:
„Steckt das Geld lieber in erneuerbare Energien anstatt die Erde weiter zu zerstören! Schallkanonen gehen gar nicht, und man muss auch nicht die letzten Gasvorkommen um jeden Preis plündern!!“
—-
dpa/lni vom 13. August 2014
Energie;Naturschutz;
Borkum (dpa/lni) – […] Ein Spezialschiff war in den vergangenen Tagen im niederländisch-deutschen Grenzgebiet für seismische Untersuchungen der Firma Hansa Hydrocarbons unterwegs. In welchem Umfang dort bereits gemessen wird und wie weit der Schall in das Schutzgebiet reicht, ist unklar. Das Bundesumweltministerium beobachte die Forschungen «mit großer Aufmerksamkeit», sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin der Nachrichtenagentur dpa. […] Für die BUND-Meeresschutzexpertin Nadja Ziebarth geht das bloße Interesse der deutschen Behörden nicht weit genug.Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) müsse dringend mit ihren niederländischen Kollegen sprechen und ein Verbot von Schallkanonen in sensiblen Gebieten auf den Weg bringen, sagte sie. […] Die Schallkanonen seien mit bis zu 265 Dezibel 10 000 mal lauter als Düsenflugzeuge, sagte Ziebarth. […]
—
Die Petition:
An: Umweltministerin Hendricks
Schweinswale finden nichts mehr zu fressen, Jungtiere verlieren ihre Mütter. Schuld ist der Einsatz von Schallkanonen, 10.000 Mal lauter als Düsenjets. Einsatz sofort stoppen. Schallkanonen verbieten! Bitte nehmen Sie sich ein Herz und unterzeichnen Sie meine Petition gegen das Leid der Schweinswale im Schutzgebiet Borkum Riffgrund. Wir haben gute Aussichten auf einen Erfolg der Petition! Der Einsatz der Schallkanonen um diese Jahreszeit verstößt gegen EU-Recht und die Experten im Umweltministerium haben zugegeben, dass schon 80 Prozent des Meeresschutzgebietes durch den Lärm verseucht ist.
Die Tiere dort haben gerade Junge bekommen und stehen kurz vor der Paarungszeit. Schweinswale orientieren sich mit akustischen Signalen.
Nun sucht aber in unmittelbarer Nähe auf niederländischem Gebiet die Firma Hansa Hydrocarbons mit Schallkanonen nach Erdgas.Der ohrenbetäubende Lärm sorgt dafür, dass die Tiere sich nicht mehr orientieren können. Sie finden kein Futter mehr, die Jungtiere verlieren den Kontakt zu ihren Müttern. Die Schweinswale werden sich wahrscheinlich nicht paaren, wenn der Lärm anhält.
Die jetzigen Jungtiere könnten sterben, die nächste Generation wird erst gar nicht gezeugt. Das Umweltministerium wurde vor Start der Untersuchungen gefragt und hatte leider keine Einwände. Ich arbeite schon viele Jahre beim BUND für den Schutz der Meere und fordere:
Frau Hendricks muss ihr Ok zurücknehmen und Druck auf ihren niederländischen Kollegen machen. Das Schiff mit den Schallkanonen muss sofort gestoppt werden! Schallkanonen müssen verboten werden! Bitte helfen Sie, möglichst viele Stimmen gegen das Leid der Schweinswale zu sammeln!
Empfänger:
Umweltministerin Hendricks
Sehr geehrte Frau Ministerin Hendricks,zurzeit suchen Energieunternehmen mit Schallkanonen in der niederländischen Nordsee nahe der deutschen Grenze nach Gasvorkommen und bedrohen dabei unsere einzige heimische Walart, den Schweinswal. Die Wale haben gerade Junge bekommen, die sie säugen und stehen außerdem kurz vor der Paarungszeit.
Die Schweinswale finden nichts mehr zu Fressen. Die…
Mehr lesen