Umweltminister Wenzel (Grüne) und die nasse Salzwiese auf Langeoog

Screenshot-Bildzitat: Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, online, 23. April 2014, Foto: Kremer - Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (mitte) und Bürgermeister Uwe Garrels (rechts daneben) vor der Rundtour um Langeoog, ganz rechts Uilke van der Meer (BUND), dritter von links Frank Thorenz (NLWKN), verdeckt hinter Minister Wenzel Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Landesgeschäftsführer des nds. BUND. Nicht auf dem Bild: Peter Südbeck, Nationalparkleiter

Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) bereiste die Küste und setze auch nach Langeoog über. Solche Veranstaltungen sind oft Anlass für Gespräche auf dem „kurzen“  Dienstweg,  angenehm abseits vom politischen Alltagsgeschäft und – fürs Volk- begleitet von einem größeren oder kleinen Pressetross. Man will ja gut rüberkommen. Aber das Positive vorweg: Es ist schon etwas Besonderes, wenn der Ortsbürgermeister einer Ferieninsel den Minister daran erinnert, „die personelle Ausstattung der Nationalparkranger zu verbessern“, das gab es bisher noch nicht. In der Tat: Im ganzen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gibt es auf 3.500 qkm Fläche nur sechs (!) hauptamtliche Dünenwärter als Nationalparkwarte, alle ohne Boote, Fahrzeuge und vor allem ohne jede Befugnisse, bei derzeit ca. 37 Millionen Tourismusübernachtungen von Cuxhaven bis Emden. Allein auf Langeoog beträgt die offizielle Übernachtungsrate mehr als 1,5 Millionen jährlich. Tatsächlich ist die Zahl aber höher: Erfasst werden nur die Beherbergungsbetriebe ab zehn Betten, dazu kommen hunderte Betten in Schwarzbauten.

Bei der Naturschutzvorzeigenummer der Salzwiesenvernässung im Osten der Insel wurde der radelnde Minister schamlos hinters Licht geführt. Mit dem grünen Umweltminister Wenzel aus dem fernen Hannover kann man es ja machen. Die Historie des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ist ihm offensichtlich noch fremd. Dafür wiederholte er brav die häufig gebrauchten, aber abgedroschenen Sprechblasen des -verfehlten – Wattenmeervergleichs mit dem Yellowstone Nationalpark in den USA oder dem Great Barrier Reef in Australien.

Wie gut also, dass es ein Archiv gibt.  Die hochgelobte Vorzeige-Salzwiesen-Renaturierungsmaßnahme auf Langeoog hat bereits vor 12 Jahren, also 2002 stattgefunden, und nur deshalb dort, weil die eigentlich vorgesehene Ersatzmaßnahme für die Gasleitung „Statoil-Europipe“ durch den Nationalpark mit der bereits planfestgestellten Wiedervernässung des Münsterpolders (Dornumersiel) mit der Öffnung des dortigen Sommerdeiches – nur für die trockenen Füße des Weideviehs vom Reichsarbeitsdienst gebaut – von den Deichverbänden und dem damaligen Landrat des LK Aurich, Theuerkauf (SPD), torpediert und verhindert wurde. Die Kompensationsmittel drohten zu verfallen.  So wurden die Naturschutzmittel von Statoil in Höhe von ca. 3,6 Millionen Euro von Dornumersiel nach Langeoog umgeleitet. Der Münsterpolder im Nationalpark Wattenmeer, am Eingriffsort der Europipe, ist nach wie vor eine trockene Viehweide.

Den größten Teil des Ersatzmaßnahmen-Geldes verschlang ein „Damm“ zur Inselsicherung („Deich“ durfte das Küstenschutzbauwerk nicht genannt werden, das würde sich als Naturschutz-Ersatzmaßnahme ja auch schlecht machen) mit einem neuen breiten Weg obendrauf, der den Ostteil der Insel leichter für die Touristen erreichbar macht. Allein diese Küstenschutznahme des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN, man beachte: das N für Naturschutz ist das Letzte im Namen!) hätte in einem Natura-2000-Gebiet eine Verträglichkeitsprüfung nach 34 des Bundesnaturschutzgesetzes erforderlich gemacht. Damit auch noch etwas für den Naturschutz übrig blieb, wurde auch ein alter Sommerdeich, der so flach war, dass man in kaum noch in der Landschaft sah, weit weniger aufwändig mit einem Bagger geöffnet und so die höhere Salzwiese durch das nun einströmende Hochwasser wiedervernässt. Trickreich, ohne Steuermittel anzuzapfen, wurde aus der fehlgeschlagenen Statoil-Naturschutz-„Ersatzmaßnahme“ Münsterpolder am Festland zunächst eine Küstenschutzmaßnahme mit ein bisschen Vorzeige-Naturschutz auf Langeoog finanziert.

Mit von der radelnden Ministerpartie waren übrigens auch Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Geschäfsführer des BUND-Niedersachsens und BUND-Multifunktionär. Ebenfallls vom BUND dabei war Uilke van der Meer, Leiter des BUND-Nationalparkhauses in Dornumersiel (auch von Statoil mitfinanziert). Heute bietet das Nationalparkhaus Dornumersiel mit dessen Leiter Touristenführungen auf Langeoog gegen Bares an und ist längst Teil des Wattenmeer-Vermarktungsgeschäftes geworden. Vom BUND hört man kaum noch Kritisches zur wenig erfreulichen Entwicklung des Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Ein Ministerbesuch mit dem begleitenden Pressetross ist dann willkommender Anlass, die vier Verbands-Buchstaben hochzuhalten. Mit den großen Hunden vor der Kamera Pippi machen zu dürfen ist gut fürs Geschäft und die PR eines Naturschutzverbandes. Immerhin ist auch der BUND Empfänger von Projektfördergeldern aus der Statoil-Wattenmeerstiftung, deren Mittel vom Umweltminister verwaltet und verteilt werden – Bodenstein-Dresler ist auch Mitglied im Beirat der Wattenmeerstiftung. Das Stiftungskapital beträgt 20 Millionen Euro. Es wurde je zur Hälfte von den Firmen Statoil und Ruhrgas zur Verfügung gestellt. Anlass der Gründung der Wattenmeer-Stiftung war der Bau der Erdgas-Leitung „Europipe“ durch das niedersächsische Wattenmeer. Derzeit setzt sich der BUND (als Naturschutzverband!) für die Nutzung der Windenergie ein und betätigt sich als „Ökostrom“-Vermittler. Der Bundesvorsitzende Hubert Weiger malt auch schon mal zusammen mit der Windenergiewirtschaft den Klimatod an die Wand: Weltklimarat dringt auf Sofortmaßnahmen zur Minderung der CO2-Emissionen. Dem Herrn Umweltminister dürfte das gefallen: Er ist nicht nur Umwelt- , sondern auch Klimaschutzminister. In dieser Eigenschaft sorgt er sich mehr um das Klima als um den Naturschutz und will mehr Windkraftanlagen im Lande für eine höchst umstrittene „Energiewende“, die aber den Naturschutz unter die Windräder geraten lässt.

Link: BUND-Nationalparkhaus Dornumersiel: Hier schaut der Naturschutz in die (Gas-)Röhre

Anzeiger für Harlingerland, online, 23. April 2014

KÜSTENTOUR

Interessen weiter bündeln

Umweltminister Wenzel erkundet die Insel Langeoog per Fahrrad

LANGEOOG|

KRE/MH

Veröffentlicht: 23.04.2014

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (vorne rechts) und Bürgermeister Uwe Garrels (vorne links) radelten vorweg bei der Rundtour um Langeoog Besondere Anlaufpunkte bei der Rundreise waren die Salzwiesen und die Öffnung der Sommerpolder.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) hat sich am Mittwoch auf Langeoog über Natur- und Küstenschutzobjekte informiert. Per Fahrrad erkundete er gemeinsam mit Bürgermeister Uwe Garrels und einer großen Delegation unter anderem die Bereiche der Salzwiesen-Renaturierung und der Sommerpolder-Öffnung. Der frühere Sommerdeich der Insel war vor einigen Jahren geschleift worden, um die dahinter liegenden Salzwiesen wieder der Tide auszusetzen. Die begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen belegten, dass die Flora der Salzwiesen in diesem Bereich sehr schnell die natürlichen Randbedingungen wieder angenommen hat.

„Die Wattführung hat den Stellenwert des Wattenmeers in einer Reihe auf Augenhöhe mit dem Great Barrier Reef, dem Yellowstone Nationalpark und der Serengeti verdeutlicht.“ zeigte sich Wenzel anschließend beeindruckt vom Leben im Watt und von der Bedeutung im weltweiten Vogelzug. Beim Abschlussgespräch im „Seekrug“ betonte Wenzel das wichtige Ziel, die unterschiedlichen Herausforderungen Naturschutz, Tourismus und Küstenschutz gleichermaßen zu fördern. Eine wichtige Aufgabe übernähmen dabei die Wattenmeer-Partnerbetriebe, die Brücken bauten zwischen Ökologie und Ökonomie. Zudem gehe es darum, in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium persönlich Argumente für die Bedeutung des großen Postens des Küstenschutzes zu sammeln. Garrels lobte die gute Zusammenarbeit der unterschiedliche Interessen vertretenden Organisationen Nationalparkverwaltung, NLWKN, BUND und Inselgemeinde, „ohne die es nicht gehen würde“. Von der Landesregierung wünschte er sich mehr Unterstützung bei der wichtigen Bildungsaufgabe, die vor Ort geleistet werde und weit über die Region hinaus von Bedeutung sei. Er regte darüber hinaus an, die personelle Ausstattung der Nationalparkranger zu verbessern.

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