Windkraft intern: Beispiel eines kommunalen Netzwerkes in Esens/Ostfriesland

Ostfriesland: Mais und Windkraftanlagen

Bemerkenswert, welche kommunalen Netzwerke für die Installierung von Windkraftanlagen sogar in Landschaftsschutzgebieten tätig sind, nicht wegen „Klima“ oder „Atom“, sondern aus reinem Renditedenken, also aus Profitgier. Ein kurzer Blick in die Samtgemeinde Esens im Landkreis Wittmund/NDS, die Mitgliedsgemeinde Dunum und in die Kommanditistenliste einer dortigen Betreibergesellschaft lassen am unabhängigen Handeln von gewählten Ratsmitgliedern oder von Verwaltungsbeamten zweifeln.

Da ist z.B. Herwig Hormann (SPD). Er ist allgemeiner Vertreter des Samtgemeindebürgermeisters und stellv. Stadtdirektor, Leiter des Finanzwesens in Esens. Herwig Hormann will Karriere machen. Er ist als Bürgermeisterkandidat für die SPD in der Gemeinde Dornum im benachbarten Landkreis Aurich angetreten, einer Gemeinde mit unglaublich vielen Windkraftanlagen. Herr Hormann hat zeitweise in Vertretung des Esenser Hauptverwaltungsbeamten Jürgen Buß an der Planung der sog. „kommunalen Entlastungsstraße“ in Bensersiel, deren Bebauungspläne mit dem anschließenden Straßenbau in einem Vogelschutzgebiet von zwei Gerichten als rechtswidrig ausgeurteilt wurden, mitgearbeitet.

Und er engagiert sich auf seiner WebSeite für den weiteren Ausbau der Windkraft in der Region, wie derzeit geplant in einem Landschaftsschutzgebiet in Dunum, und nimmt dazu an einem Termin mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies teil, ebenfalls SPD, ein, obwohl der Landkreis bereits ein deutliches „Nein“ zu den Planungen im Schutzgebiet geäußert hatte:

Windenergieplanungen

Posted on 5. April 2014

Am Rande des Besuchs des Wirtschaftsministers Lies am 5. April 2014 wurden ihm noch Planungen zu einem möglichen Windpark in Dunum vorgestellt. Man verständigte sich dabei zunächst auf Abstimmungsgespräche zwischen den Windenergieplanern, dem Landkreis Wittmund und der Samtgemeinde Esens.“

Screenshot, Bildzitat: Herwig Hormann, http://herwig-hormann.de/besuch-des-wirtschaftsministers-lies-in-dunum/

Nun ist die Katze aus dem Sack! Es gibt also noch weitere „Abstimmungsgespräche“, auch mit dem Landkreis, obwohl in der Presse bereits der Eindruck erweckt wurde, das Projekt in Dunum sei „nicht genehmigungsfähig“! Die Betreibergesellschaft ist schon gegründet:

Windpark Dunum Projektentwicklungs UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG mit Sitz in 26427 Dunum, Alter Postweg 18a.

Kommandististen sind auch drei Ratsmitglieder der Gemeinde Dunum, die die ein Eigeninteresse an der Änderung des Flächennutzungsplanes in eigener Sache haben dürften, und ein Ratsmitglied aus der Samtgemeinde:

* Adde Hinrichs

* Johann Janssen

* Henrich Popken

und ein Ratsmitglied der Samtgemeinde Esens

* Friedrich Deppermann,

ferner der Vorsitzende des Regionalverbandes Ostfriesland des Bundesverbandes Windenergie

* Wilhelm Wilberts in der AgRo WEA Projekt GmbH.

Zudem gibt es enge verwandtschaftliche Beziehungen einiger Ratsmitglieder zu den übrigen Kommanditisten.

Die Flächen für den geplanten Windpark in Dunum sind aber gar nicht von der aktuellen Potenzialstudie der Samtgemeinde Esens aus 2010 erfasst (Planungsgruppe Grün, Bremen). Allein diese in der Studie dargestellen riesigen Flächen sind schon ein trauriges Kapitel der geplanten weiteren Landschaftszerstörung mit Windkraftanlagen, aber hier haben die Dunumer im ausgeprägten Eigennutzdenken freischwebend mit dem Vorsitzenden des Regionalverbandes Ostfriesland des Bundesverbandes Windenergie, Wilhelm Wilberts, auf gar nicht dargestellten Flächen geplant, völlig an der Potenzialstudie vorbei! Warum also lassen eigentlich Kommunen sehr teure Potenzialstudien von Planungsbüros erstellen -vom Steuerzahler bezahlt-  wenn sich hinterher einzelne Kommunen aus reiner Renditeerwartung gar nicht daran halten? Das ist Wildwest! Das subventionierte Geschäftsmodell „Erneuerbare Energien Gesetz“ mit der Aussicht auf das schnelle Geld von allen Stromkunden und lukrative Pachten für die Landwirte, die ihre Flächen bereitstellen, macht es möglich und lässt alle Schamhüllen fallen.

Der Landrat des Landkreises Wittmund, Matthias Köring, hat sich bereits öffentlich gegen den Windpark im Landschaftsschutzgebiet positioniert („nicht genehmigungsfähig“), s.u., „Klares Nein zu einem weiteren Windpark – Landkreis gegen Pläne in Dunum“ Berichterstattung im „Anzeiger für Harlingerland“, 19. Februar 2014 und 20. Februar 2014, s.u..

Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass die Windparkplanungen im Landschaftsschutzgebiet in Dunum schon sehr weit unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgeschritten sind und man nun die politische Schiene bis in den rot-grünen Niedersächsischen Landtag hinein nutzen wird. Man wird sich Schliche und Tricks einfallen lassen, um das Projekt dennoch durchdrücken zu können, es wäre nicht das erst Mal. Es hat den Anschein, dass durch die vom Erneuerbare Energien Gesetz geschürte Gier nach Teilhabe an 20 Jahren garantierter EEG-Rendite aus dem Blickfeld gerät, dass Ratsmitglieder und Verwaltungsbeamte  ihren Wählern und Wählerinnen oder Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet sind, und nicht ihrem privaten Bankkonto. Es sind stets Repräsentanten des Bundesverbandes Windenergie, selbst aus Politik und Verwaltung kommend, die die Gemeinderatsmitglieder mit großen Renditeversprechungen anfixen, um auf ihrem Gebiet neue WKA zu installieren; in diesen Gremien wird schließlich über die alles entscheidenden Flächennutzungspläne entschieden. In der Warteschleife steht der Windkrafthersteller Enercon aus Aurich, der gerne weitere Aufträge annimmt.

Dunum und Esens sind kein Einzelfall, diese Netzwerke gibt es in vielen Kommunen, die mit der Windernergie liebäugeln:  Das windige Netz: „Bürgerwindparks“ als Geschäftsmodell – kommunale Selbstverwaltung oder Selbstbedienung?

Dazu der Journalist Hans Leyendecker im Zusammenhang mit der eindeutig zu beobachtenden politischen Selbstbedienungsmentalität: „[Wenn…] Zugriffsdenken an die Stelle politischer Verantwortung tritt, ist [das] gemein, eigennützig“. Oder korrupt.

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 1 und 4, 19. Februar 2014

Klares Nein zu einem weiteren Windpark ENERGIE Landkreis gegen Pläne in Dunum

WITTMUND/DUNUM/MH – In Dunum soll ein großer Bürgerwindpark entstehen. Doch die Pläne stoßen auf ein klares Nein beim Landkreis

Wittmund. Grund: Die beplante Fläche liegt in einem Landschaftsschutzgebiet. In dem rund 1500 Hektar großen Areal ist es nicht erlaubt, das Landschaftsbild zu verunstalten oder die Natur zu schädigen. „Die Errichtung von Windenergieanlagen in der vorgesehenen Dimension stellt für uns eine erhebliche  Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar“, sagte Landrat Matthias Köring auf Anfrage. Überdies besitze der Bereich eine regionale Bedeutung als Brutgebiet für Wiesenvögel, so der Landrat. […] Seite 4

Seite 4:

[…] Als nicht genehmigungsfähig stuft er allerdings die Pläne für den Windpark Dunum ein

DUNUM/OSTBENSE/MH – Für zwei zukunftsweisende Projekte wollen die Kommunalpolitiker in der Samtgemeinde Esens in dieser Woche die Weichen stellen: „Bürgerwindpark in Dunum“ und „Golfplatz Süd Ostbense“. Im Fachausschuss am Donnerstag geht es um diese Themen (Seite 1). Der geplante  Bürgerwindpark ist nach Ansicht des Landkreises nicht genehmigungsfähig. Denn er läge in einem Landschaftsschutzgebiet, das sich über die Gemeinden Moorweg, Stedesdorf, Dunum und die Stadt Wittmund erstreckt. Landrat Matthias Köring lehnt den Windpark ab, ein entsprechender Bescheid liegt der Samtgemeinde Esens vor. „In einem Landschaftsschutzgebiet dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden, die das Landschaftsbild verunstalten oder die Natur schädigen“, sagt Köring. Besonders der erste Punkt greife in diesem Fall. Das Landschaftsbild werde „total überprägt“. Aber auch aus Gründen des Naturschutzes könne man dem Plan nicht zustimmen, erklärt Köring.

Für Verwunderung, nicht nur beim Landrat, sorgt die Tatsache, dass im Fachausschuss am Donnerstag (19 Uhr, Haus der Begegnung) ein Vortrag von Wilhelm Wilberts vorgesehen ist. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und zugleich Geschäftsführer der Windparkprojektierer „WEA Windenergie- Agentur GmbH“. „Ich halte es für sehr ungewöhnlich, dass vor einem Ratsgremium, das unabhängig über Standortplanungen für Windkraftanlagen entscheiden soll, ein ausgewiesener Lobbyist mit ausschließlich wirtschaftlichen Interessen möglicherweise beratend tätig wird“, schreibt Manfred Knake vom Wattenrat Ostfriesland. […] [Anmerkung MK: Wilberts sagte nach dieser Presseveröffentlichung seien Besuch ab, nichts stört wohl mehr als die öffentliche Beobachtung!]

Auszug aus der Sitzungsvorlage am 20.02.2014 in Esens:

[…] Seit mehreren Jahren versuchen Landwirte aus Dunum einen Windpark zu realisieren. Mit Unterstützung der AgRo & WEA Projekt GmbH Co. KG aus Norden (Herr Wilberts) haben die Landeigentümer die Windpark Dunum Projektentwicklungs UG & Co. KG gegründet. Im Bereich des Falstertiefs ist der Bau von maximal sechs Windenergieanlagen des Typs Enercon E 101 mit einer Nabenhöhe von 135 m geplant, wobei eine Windenergieanlage auf dem Gebiet der Gemeinde Stedesdorf liegt. […] Herr Wilberts sieht aufgrund von Veränderungen im Landschaftsschutzgebiet Möglichkeiten, um eine notwendige Befreiung von den Schutzvorschriften des Landschaftsschutzgebietes zu erhalten und weist in diesem Zusammenhang auf die neueste Rechtsprechung hin, wonach Windenergieanlagen auch in Landschaftsschutzgebieten möglich sein sollen. […] Herr Wilberts wird die Planungen in einer viertelstündigen Präsentation im Bauausschuss vorstellen. […]

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Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 1, 20. Februar 2014

Auf Bedenken hingewiesen

WINDPARK Buß: Es gibt keine Empfehlung

ESENS/DUNUM/MH – Die Samtgemeinde Esens wird zum Thema „Bürgerwindpark Dunum“ keine Beschlussempfehlung abgeben. Wie berichtet, befasst sich der Fachausschuss heute Abend, 19 Uhr, im Haus der Begegnung in Esens mit dem Thema. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, so Samtgemeindebürgermeister Jürgen Buß, als ob die Verwaltung sich bei diesem Thema bereits festgelegt habe. Buß: „Wir haben in unserer Beschlussvorlage darauf hingewiesen, dass der Landkreis gegen das Vorhaben wegen der Schutzvorschriften in dem Landschaftsschutzgebiet seine Bedenken hat.“ Landrat Matthias Köring lehnt, wie berichtet, den Windpark ab, weil er eine „erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes“ darstelle. – Seite 4

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Buß: „Es macht Sinn, dass der Planer sein Projekt vorstellt“

ENERGIE Geplanter Windpark in Dunum soll nach „neuester Rechtsprechung“ möglich sein

ESENS/DUNUM/MH – Die Gemeinde Dunum hat sich eindeutig für den Bau eines Bürgerwindparks ausgesprochen, den Landwirte dort realisieren wollen. Heute, 19 Uhr, befasst sich der Fachausschuss der Samtgemeinde im Haus der Begegnung mit dem Thema (wir berichteten). Ob es ein Ja zu dem Vorhaben geben wird, ist völlig offen. Die Verwaltung der Samtgemeinde – so Bürgermeister Jürgen Buß – habe in der Sitzungsvorlage auf die Bedenken des Landkreises gegen das Vorhaben eindeutig hingewiesen. Die Dunumer Landeigentümer haben mit Unterstützung der „AgRo & WEA Projekt GmbH Co. KG“ aus Norden die „Windpark Dunum Projektentwicklungs UG & Co. KG“ gegründet. Im Bereich des Falstertiefs sollen maximal sechs Windenergieanlagen des Typs Enercon E 101 errichtet werden. Die Flächen liegen im Landschaftsschutzgebiet „Benser Tief“. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Wittmund hat sich dazu unmissverständlich positioniert: „Aus naturschutzfachlicher Sicht kann der vorgesehenen Planung nicht zugestimmt werden.“ Eine notwendige Befreiung von den Schutzvorschriften in einem Landschaftsschutzgebiet könne nicht in Aussicht gestellt werden, heißt es. In einer Umweltverträglichkeitsstudie der Sielacht Esens zum Hochwasserschutz sei unter anderem festgestellt worden, dass dieser Bereich eine regionale Bedeutung als Brutgebiet für Wiesenvögel besitze. Windenergieanlagen dürften nur in einem Abstand von 1200 Metern zu diesem Bereich errichtet werden. Der geplante Windpark stelle zudem eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar, so die Behörde. […]

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