Am 06. Februar 2014 endete die 12. trilaterale Wattenmeerkonferenz der drei Staaten Dänemark, Deutschland und der Niederlande in Tondern/Dänemark. Die noch vor zwei Jahrzehnten mit großer Medienbegleitung stattfindenden trilateralen Wattenmeerkonferenzen auf Regierungsebene sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Die 11. Konferenz 2006 unter deutschem Vorsitz auf Sylt ist auch am Wattenrat spurlos vorbeigegangen; sie wurde, weil völlig inhaltslos, gar nicht bemerkt. Ein Thema beschäftigte sich damals mit heißer Luft statt mit den tatsächlichen Problemen des Wattenmeerschutzes: „Gemeinsam mit den Kreisen und Gemeinden vor Ort werden wir Wege aufzeigen, die Wattenmeerregion spätestens bis 2030 zu einer CO2-neutralen Region zu entwickeln“, so die damalige schleswig-holsteinische Umweltministerin Dr. Juliane Rumpf (CDU) in ihrer Eröffnungsrede! Zuletzt berichteten wir über die 10. Wattenmeerkonferenz im November 2005 auf der niederländischen Insel Schiermonnigkoog.
Vergleicht man die gerade beendete 12. Konferenz im dänischen Tondern mit z.B. der 6. trilateralen Konferenz 1991 im dänischen Esbjerg, fehlen wesentliche Schutzabsichten und Forderungen von damals (die vollständig auch nie umgesetzt wurden!). Zum Beispiel verbesserter Salzwiesenschutz und -management (der Zustand vieler Salzwiesen ist desolat!), Öffnung von Sommerdeichen (nur in in sehr geringem Maße umgesetzt), Trassenführung von Pipelines (die Statoil-Europipe wurde nur wenige Jahre später durch die strengste Schutzzone im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer verlegt, eine echte Kompensation nie durchgeführt), Schutz der angrenzenden Flächen vor dem Ausbau der Windenergie (riesige ehemalige Rastgebiet an der Küste sind heute mit Wind“parks“ überbaut und werden als Rastflächen nicht mehr angenommen), Vermeidung der Ausweitung von Yachthäfen (es wurden zahlreiche Marinas erweitert), Einstellung der Jagd auf wandernde Tierarten (auf den Inseln und den angrenzenden EU-Vogelschutzbieten wird immer noch auf Wasservögel gejagt), Verbot von Bleischrot (Bleischrot wird immer noch statt Eisenschrot von Jägern an Gewässern zur Wasservogeljagd benutzt), ausreichende Betreuung und Aufsicht (immer noch nur sechs hauptamtliche „Ranger“ ohne Kompetenzen und Boote auf 3.500qkm Nationalparkfläche in Niedersachsen).
Stattdessen wird auf der 12. trilateralen Konferenz der sog. „nachhaltige Tourismus“ (und das „Miteinander“) beschworen, den es gar nicht gibt. Der Massentourismus mit ca. 37 Millionen Übernachtungen allein von Cuxhaven bis Emden ist ein wesentlicher Belastungsfaktor im „Weltnaturerbe“ Wattenmeer.
Die Tourismusindustrie unternimmt nichts zum Schutz von Seehund- oder Kegelrobbenliegeplätzen oder der rasant abnehmenden Brutplätze der Zwergseeschwalben, Sand- oder Seeregenpfeifer an den Stränden. Aber die Tourismusindustrie hat zusammen mit der Nationalparkverwaltung und dem Land Niedersachsen mehr als 20 Kitesurfspots im Nationalpark von Cuxhaven bis Emden eingerichtet, ohne die vorgeschriebene vorherige Verträglichkeitsprüfung nach dem Bundesnaturschutzgesetz in einem Natura-2000-Gebiet, in den eigentlich dafür verbotenen Schutzzonen (Zwischenzonen des Nationalparks); auch das geht wohl als das „Miteinander“ von Naturschutz und Tourismus durch.
Der angekündigte bessere Schutz der „Flyways“ von wandernden Vogelarten (28 Jahre nach Einrichtung der Wattenmeernationalparks in Deutschland!) wird durch den großflächigen Zubau der Rastgebiete an der Küsten mit Windindustrieflächen, die industrielle Landwirtschaft mit fehlendem Feuchtgrünland und vielen Maismonokulturen für Biogasanlagen, die Offshore-Windparks mit weiteren Planungen und durch die Vogeljagd ad absurdum geführt. Die großen Naturschutzverbände haben sich nie „nachhaltig“ gegen den Windkraftausbau an Land und auf See positioniert. Greenpeace, NABU und BUND treten gar als „Ökostromvermittler“ auf.
Immerhin, auf der Konferenz wurden „closed areas“ (fischereifreie Zonen) für die Fischerei im Wattenmeer thematisiert, also eine Neuauflage von alten Forderungen der in früheren Jahren im Wattenmeer sehr aktiven Naturschutzverbände. Wie und wann diese Zonen umgesetzt werden, ist nicht bekannt.
Von der Konferenz wurde wieder der zeitgeistige „Klimawandel“ diffus zelebriert, ohne genau sagen zu können, was damit gemeint ist („So far, no indication of accelerated sea level rise could be observed in the Wadden Sea“).
Eine wirksame Gegenposition der großen Naturschutzverbände ist nur ansatzweise in Presseerklärungen zu erkennen, die Belastungen durch den Massentourismus und die Windkraftnutzung werden von den Verbänden nicht thematisiert. Begrüßenswert, dass sich zumindest der NABU-Niedersachsen gegen die Zugvogeljagd ausgesprochen hatte; die Forderung fehlt in der Pressemitteilung des NABU-Bundesverbandes zur trilateralenWattenmeerkonferenz (Stand 07. Febr. 2014)
Eine echte Lobby für den tatsächlichen „nachhaltigen“ Wattenmeerschutz gibt es auch mit 15 „anerkannten Naturschutzverbänden“ allein in Niedersachsen nicht. Man darf sich fragen, ob die teilnehmenden Politikerinnen, Politiker und Verwaltungsbeamten eigentlich wussten, wovon sie redeten und ob sie sich über den tatsächlichen Zustand des Wattenmeeres und seiner angrenzenden Gebiete vorher kundig gemacht, sprich sich auch selbst vor Ort umgesehen haben. Das geschwurbelte unverbindlich absichtsreiche Konferenzenglisch aus dem Common Wadden Sea Secretariat der drei Anrainerstaaten, das die trilaterae Wattenmeerkonferenz vorbeitete (CWSS, im selben Gebäude wie die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven untergebracht) sagt mit vielen Worten wenig über tatsächliche wirksame und vor allem überprüfbare Verbesserungen des Wattenmeerschutzes. Ohne Bezug zur Wirklichkeit klingt das Ergebnis dieser Konferenz schon reichlich kafkaesk.
Link: Trilateral Governmental Conference 2014
dpa/dpa-Hamburg Schleswig-Holstein, vom 04. Februar 2014
Trilaterale Wattenmeerkonferenz beginnt in Tønder
Kiel/Tø Zukunftsstrategien für das Wattenmeer stehen für knapp zwei Tage im Mittelpunkt der zwölften Trilateralen Wattenmeerkonferenz. Neben Gastgeber Dänemark kommen auch Vertreter der Niederlande und Deutschlands in die süddänische Grenzstadt Tønder (deutsch: Tondern). […] Einer der wichtigsten Punkte wird eine Strategie für nachhaltigen Tourismus in der Wattenmeer-Region sein. „Zwischen Naturschutz und Tourismus hat sich ein echtes Miteinander entwickelt, geprägt von Wertschätzung und Respekt“, schrieb Habeck in einem Gastbeitrag für „Schleswig-Holstein am Sonntag“. Dies münde in die gemeinsame Unterzeichnung der Strategie. Außerdem soll es um den Schutz der Vogelflugrouten gehen. Auch die Folgen des Klimawandels für das Wattenmeer stehen auf der Agenda. Ebenso wollen die Teilnehmer über Perspektiven für nachhaltige Fischerei beraten. […]