Der „Gänseripper von Nüttermoor“ erlangte durch die Deutsche Presseagentur (dpa) bundesweite Bekanntheit. Am 27. Januar lief die Meldung über den Ticker und wurde von vielen Zeitungen in unterschiedlicher Länge gedruckt. Laut dpa ist der Gänseschießer von der Ems namentlich bekannt, das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) teilte mit, dass die Gänse das an Gewässern verbotene Bleischrot enthielten. Damit wurden die Vermutungen des Wattenrates bestätigt.
dpa/lni 27. Jan. 2014:
[…] Jäger und ein Mitglied des Naturschutzbundes Nabu hatten zunächst spekuliert, die Tiere seien vom Sturm in einen Zaun gedrückt oder von anderen Tieren getötet worden. Naturschützer des Wattenrates erkannten dagegen deutliche Schnittspuren. Sie vermuten, dass die geschossenen Tiere ausgeweidet und dann an dem Graben entsorgt wurden – in örtlichen Zeitungsberichten war die Rede von einem «Gänseripper». Das könnte eine Anzeige wegen Wilddieberei, unzulässiger Abfallbeseitigung und Gewässerverschmutzung nach sich ziehen.«Das ist sehr unglücklich gelaufen», sagte Kreisjägermeister Jan-Wilhelm Hilbrands auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der verantwortliche Jäger sei bekannt und werde demnächst einbestellt. Mit Sicherheit werde es auf ein Ordnungsgeld hinauslaufen.Beim Landkreis Leer sagte eine Sprecherin, in den vergangenen Jahren seien keine Jagdverstöße bekannt geworden. Allerdings hatten Gänseschützer mehrfach erfolglos Anzeigen erstattet und unter anderem nach Schüssen bei dichtem Nebel auf Gänse die Polizei gerufen. Die Beamten waren jedoch wegen fehlender Gummistiefel nicht ausgerückt. Ein Tierschützer, der Jagdverstöße mit seiner Kamera festhalten wollte, wurde später wegen Jagdstörung verurteilt. […]
Mit dem „Einbestellen“ und dem „Ordnungsgeld“ sollte es eigentlich nicht getan sein. Solch einem „Jäger“ gehört der Jagdschein entzogen! Es wäre bedenklich, wenn die Ehrengerichtsbarkeit der Jägerschaft es bei bei einem Ordnungsgeld und ein paar Schnäpsen bewenden lassen würde. Am 21. Januar erklärte Kreisjägermeister Hilbrands noch im „Weser-Kurier“ (Bremen): „Wenn sich der Verdacht bewahrheitet, droht dem betroffenen Jäger der Entzug des Jagdscheins.“
2000 Euro Strafe wegen „Jagdstörung, ersatzweise 20 Tage Haft
Unser Mitarbeiter Eilert Voß, der 2011 am Emsdeich bei einer Jagd ins Nebelhorn blies, wurde vergleichsweise zu einem Bußgeld von 2000 Euro oder ersatzweise 20 Tagen Haft vom Amtsgericht Emden verurteilt. Acht Jäger sagten gegen Voß, der alleine unterwegs war, aus. Der Emder Kreisjägermeister ist beim Amtsgericht angestellt. Alle Anzeigen von Voß gegen nachgewiesene Abschüsse von nichtjagdbaren Arten oder Jagd bei Dunkelheit und Nebel verliefen im Sande. Der Emder Kreisjägermeister stellte damals fest, dass an den Vorwürfen „nichts dran sei“.
Der Kreisjägermeister des Landkreises Leer, Jan-Wilhelm Hilbrands
Der Kreisjägermeister aus dem Landkreis Leer, Jan-Wilhelm Hilbrands, ist vor einigen Jahren selbst in einen Jagdskandal verwickelt gewesen. Er unterstützte 2005 das Projekt der Tierärztlichen Hochschule Hannover zur Bekämpfung der Rabenkrähen im Landkreis Leer. In Fallen wurden tausende Krähen gefangen und dann erschlagen; das sollte einen positiven Effekt auf den Niederwildbestand und die Wiesenvögel haben, hatte es aber nicht, weil für den Bestandsrückgang die industrialisierte Landwirtschaft verantwortlich ist. Nach heftigen Protesten von Fachwissenschaftlern wurde das Projekt eingestellt. Der verantwortliche Projektleiter und Leiter des Instituts für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule, Prof. Klaus Pohlmeyer, war seinerzeit auch der Präsident der Niedersächsischen Landesjägerschaft. 2010 wurden im Revier von Hilbrands an der Ems in einem Drahtkäfig eingesperrte Lockenenten gefunden, von denen mindestens einer Ente der Handflügel amputiert war. Die Jagd mit verstümmelten Tieren ist nicht zulässig. Hilbrands als Kreisjägermeister konnte keinen jagdrechtlichen Verstoß erkennen.
Im NDR-Fernsehbericht „Gänsekrieg in Ostfriesland“ vom März 2013 „schoss“ Hilbrands in einer Inszenierung für den Kameramann eine bereits tote Graugans vom Himmel. Die Gans war entweder tiefgefroren oder bereits leichenstarr, bei Aufheben der Gans vom Boden standen die Beine waagerecht ab statt herunterzuhängen. Im aktuellen Falle der verstümmelten Graugänse von Nüttermoor stritt Hilbrands zunächst den Abschuss der Gänse und das Herausschneiden des Brustfleisches ab. Der Sturm hätte die Gänse in einen Zaun gedrückt und Tiere später das Brustfleisch gefressen. Hilbrands muss sich daher fragen lassen, ob er als Kreisjägermeister noch tragbar ist und er daher seine Position zur Verfügung stellen sollte.
Die Ostfriesen Zeitung
Bisher hatte die Ostfriesen Zeitung noch nicht über den „Gänseripper“ an der Ems berichtet, obwohl der Vorfall dort auch seit Wochen bekannt ist. Jetzt, wo auch dpa diesen Vorfall verbreitete, übernahm auch die OZ die Berichterstattung, und „verfremdet“ die dpa-Meldung enorm. Fakt ist, dass die Umweltinitiative „Dyklopers“ aus dem Rheiderland und ein Mitarbeiter des Wattenrates Ostfriesland, Eilert Voß (der auch das Bild zur Verfügung stellte) die unwaidmännisch zerstückelten und entsorgten Gänse fanden und daraufhin die Polizei informierten. Der Wattenrat ging damit auch an die überregionale die Presse. Das unterschlägt der OZ-Bericht einfach. Stattdessen wird der NABU in den Vordergrund gerückt, der sich noch nicht einmal an der „Gänsewacht“ (der jahrelangen Beobachtung der Gänsejäger in einem Schutzgebiet an der Ems bei jedem Wetter von November bis Januar durch einen Wattenrat-Mitarbeiter, unterstützt von den „Dyklopers“ und anderen) beteiligte. Ein NABU-Mitglied aus dem Rheiderland fiel noch im Januar 2014 den Findern der Gänse in den Rücken und erklärte, genau wie der Kreisjägermeister Hilbrands, in der Rheiderland Zeitung am 07. Januar 2014 Zitat: »Hier handelt es sich nicht um Tierquälerei, sondern um infolge Sturmböen verunglückte Graugänse, an deren Kadaver Rabenkrähen und vielleicht auch ein Bussard ihren Hunger gestillt haben. Dafür die Jägerschaft mit einem Märchen von geräucherter Gänsebrust als weihnachtliche Spezialität verantwortlich zu machen, treibt echten Naturschützern die Zornesröte ins Gesicht« Zitatende. Die Zornesröte müsste beim NABU eigentlich der Schamesröte weichen. Es wird aber anerkannt, das sich der NABU-Rheiderland nun auch deutlich gegen die Wasservogeljagd in Schutzgebieten positioniert und eine Bestrafung des Jägers fordert. Bemerkenswert bleibt aber die Wahrnehmung der Redaktion der Ostfriesen Zeitung, die den Wattenrat wieder einmal einfach totschweigt; aber auch das gehört zur „Freiheit“ der Presse.
Ostfriesen Zeitung, Leer, 28. Jan. 2014
Jagd auf Wildgänse am Emsdeich mit Bleimunition war illegal UMWELT Naturschützer sind erbost über Umgang mit Tieren Die bislang unbekannten Schützen hatten nur das Brustfleisch herausgeschnitten und die Kadaver zerstückelt zurückgelassen.
LEER /LNI/LÜP – Zerstückelte Gänsekadaver waren vor Weihnachten im Deichvorland an der Ems gefunden worden – bei den toten Tieren waren offenbar die Bruststücke herausgeschnitten worden. Der Rest war einfach liegengelassen worden, jetzt hat sich herausgestellt: Der Abschuss der Tiere war insofern illegal, als dabei Bleischrot eingesetzt wurde. […] Naturschützer in Ostfriesland sind erbost über den Tod der Gänse im EU-Vogelschutzgebiet. „Der Umgang mit den geschossenen Tieren im Deichvorland ist unakzeptabel“, sagte Hartmut Manning, Vorsitzender des Nabu Rheiderland, laut einer Pressemitteilung. Solch ein Umgang mit Wild könne nur noch als Aasjägerei bezeichnet werden. Der Nabu fühle sich in seiner Forderung nach einem ausnahmslosen Verbot der Jagd in Schutzgebieten bestärkt. Gleichzeitig fordert Manning die Verfolgung der bisher unbekannten Täter: „Die Jägerschaft wäre gut beraten, sich von solchen Revierinhabern, Jagderlaubnisscheininhabern oder Jägern kompromisslos zu trennen.“
Anzeige erstattet
Eilert Voß hat heute „Anzeige gegen Unbekannt“ wegen des Verstoßes gegen das Jagd- und Naturschutzgesetz erstattet. Die Verwendung giftiger Bleimunition ist laut niedersächsischem Landejagdgesetz an und über Gewässern verboten, die Kadaverentsorgung in einem Naturschutzgebiet und die damit verbundene Gefährdung einer geschützten Vogelart -ein Mäusebussard hatte einen Tag nach dem Fund der Gänse an einem Kadaver gefressen- ist ebenfalls unzulässig.
Zehn weitere Fälle von „Aasjägerei“ im Rheiderland
Der NABU-Landesverband Niedersachsen veröffentlichte heute eine sehr deutliche Pressemitteilung zur Gänsejagd (s.u.). Darin werden zehn weitere Fälle von getöteten Gänsen im Heinitzpolder/Dollart genannt, denen auch nur das Brustfleisch von sog. „Aasjägern“ herausgeschnitten wurde.
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NABU Niedersachsen – P R E S S E D I E N S T — 29. Januar 2014
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NABU: Gänsetod bei Nüttermoor kein Einzelfall
Zwei Vorgänge müssen geahndet werdenHannover, Leer – Anlässlich der vorliegenden LAVES-Bestätigung zur Verwendung von Bleischrot bei der Jagd auf Wildgänse am Emsdeich (Deichvorland bei Nüttermoor, Landkreis Leer) hat der NABU Niedersachsen nochmals seine langjährige Forderung unterstrichen, nordischen Wildgänsen auch künftig sichere Rastgebiete zu garantieren und fordert eine umfassende Aufarbeitung der beiden Vorfälle.
Es muss auch ein weiterer Fall im Landkreis Leer im Heinitzpolder, noch nach dem ersten bekanntgewordenen Fall in Nüttermoor, am 11. Januar 2014, um 8:30 Uhr der Bejagung von Wildgänsen am Deich durch Jäger aufgeklärt werden. Am darauffolgenden Tag konnten hier im Deichvorland 10 verstreut liegende Gänsekadaver festgestellt werden, denen wiederum nur das Brustfleisch entnommen worden war.
Der NABU Niedersachsen fordert den Landkreis Leer mit dem vorliegenden Untersuchungsergebnis und vor dem Hintergrund, dass es sich nicht um einen Einzelfall , sondern um eher gängige Praxis handelt, auf, gegen die ordnungswidrige Jagdausübung im Nüttermoor-Fall energisch vorzugehen, und im Zuge einer strafrechtlichen Verfolgung den Entzug des Jagdscheins anzuordnen. Nachweislich waren im Schutzgebiet Graugänse mit Schrotkugeln getötet worden, obwohl dies nach der Niedersächsischen Jagdzeitenverordnung in dem Vogelschutzgebiet ‚Emsmarsch von Leer bis Emden‘, wie auch in sieben weiteren niedersächsischen Vogelschutzgebieten, unzulässig ist. Auch dem Vorfall im Heinitzpolder muss nachgegangen werden.
Zudem wurde nachweislich mit Blei geschossen, was in Gewässernähe verboten ist und aus Sicht des NABU gänzlich aufgrund der Umweltgefährdung abgeschafft gehört. Der NABU Niedersachsen betont, dass darüber hinaus die Gänsejagd in Niedersachsen dringend landesweit eingeschränkt werden muss.
Der NABU Niedersachsen ruft dringend dazu auf, die Diskussion um Gänsejagd, Gänsezahlen und etwaige Gänseschäden zu versachlichen. Leider werden immer wieder Gänsezahlen präsentiert, die weder eine wissenschaftliche noch eine andere Basis hätten. Es wird zudem vergessen, dass man eigentlich nicht von „den Gänsen“ sprechen kann, da es tatsächlich um acht Arten geht, die teilweise ganz unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum haben, unterschiedliche Fraßverhalten und Häufigkeiten.
„Hier wird aus unserer Sicht oft eine Mücke zum Elefanten gemacht. Hiermit muss endlich Schluss sein. Auf sachlicher Basis sind wir weiterhin gesprächsbereit“, erklärte NABU-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann. Eine Jagd auf nordische und arktische Gänsearten dürfe es weder im Naturschutzgebiet Petkumer Deichvorland und dem Vogelschutzgebiet Emsmarschen von Leer bis Emden noch in anderen geschützten Rast- und Brutgebieten in Niedersachsen, wie beispielsweise dem Rheiderland, geben.