Windkraftprojektierer und Artenschutz: Was nicht passt, wird passend gemacht

Screenshot (Bildzitat): EnerPlan GmbH, http://www.enerplangmbh.com/WEA_Artenschutz.html,  18. Okt. 2013

 In der Zeitung „Neue Energie“ vom Oktober 2013 erschien auf S.14 die bemerkenswerte Anzeige eines Planungsbüros für Windenergie-Projektentwicklung.

Zitat Anzeigentext aus: „Neue Energie“, Oktober 2013, S.14:

„Sauberer Strom und Artenschutz… sind kein Widerspruch. Wir setzen Ihr Windenergieprojekt erfolgreich um, auch wenn es am Rotmilan oder an Fledermäusen zu scheitern droht oder wegen des Artenschutzes nicht umgesetzt werden konnte.

EnerPlan

Projektentwicklung GmbH

Dr.rer.nat Hartwig Schlüter

37073 Göttingen“

www.enerplangmbh.com

Damit hat sich ein promovierter Naturwissenschaftler und Projektentwickler als „Wunderheiler“ geoutet, der sich als Projektierer engagieren lässt, auch in vermeintlich hoffnungslosen Genehmigungsfällen. Nun weiß man endlich, was betreiberfinanzierte Planungen Untersuchungen wert sein können! Es ist nicht nur dreist, sondern auch professionell fragwürdig, wenn ein Projektierer unmissverständlich ankündigt, dass Windkraftprojekte trotz hinderlicher – gesetzlicher – Artenschutzauflagen dennoch umgesetzt werden können, gegen Bares von einem Auftraggeber.

Gerade das Gefährdungspotenzial verschiedener Fledermausarten durch Windenenergieanlagen haben Gutachter in den vergangenen Jahren häufig ignoriert oder vernachlässigt, zum Nutzen der Betreiber und für den hunderttausendfachen Tod von streng geschützten Fledermäusen. Der Anzeigentext in „Neue Energie“ ist sogar Programm des Büros und auf der WebSeite abrufbar.

Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim ist ein bekannter Kritiker der „innigen“ Verflechtungen von Politik, Ämtern, Wissenschaft und Wirtschaft. Sein Thema ist auch die grassierende versteckte Vorteilsnahme  im Lande, die in ihren Feinheiten oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen wird.

Zitat Hans Herbert von Arnim (Hrsg.), in:

Korruption, Netzwerke in Politik, Ämtern und Wirtschaft, München 2003, Kapitel Korruption in Politik und Verwaltung, Begriffe [der Korruption], S. 16 ff.: „Hierher gehören genauso Wissenschaftler, die den Meinungen ihrer Doktor- oder Habiliations´väter´ihre eigene Kreativität opfern oder sich an den Auftraggeber eines Gutachtens verkaufen […] bei diesem dritten Begriff geht es um die Fragen des Berufsethos des […] Wissenschaftlers, also um die Fragen, die alles andere als unwichtig sind.“

Der Inhaber von EnerPlan, Dr. Hartwig Schlüter, ist gleichzeitig für den Bundesverband Windenergie (BWE) aktiv, im Arbeitskreis Naturschutz und Windenergie.

[…] Der Arbeitskreis Naturschutz und Windenergie hat sich mit der Zielsetzung gegründet, die Branche über den aktuellen Erkenntnisstand zu informieren, Lösungsansätze zu diskutieren und zu bewerten, die Findung von Positionen zu unterstützen sowie Empfehlungen für politische und behördliche Entscheidungen zu formulieren. […]

Mit ihm im Arbeitskreis „wirken“ der Rechtsanwalt Jann Berghaus aus Aurich, der in der Region und darüberhinaus ein bekannter Anwalt von Windkraftbetreibern und der Herstellerfirma Enercon ist. So mancher Flächennutzungsplan wurde von ihm erfolgreich angefochten und für seine Windkraftklientel korrigiert, allerdings hat er auch einige Prozesse mit naturschutzrechlicher Relevanz verloren. Im Arbeitskreis dabei ist auch Günter Ratzbor, Inhaber des Planungsbüros Schmal und Ratzbor in Lehrte. Ratzbor war jahrelang Leiter der Kampagne „Umwelt- und naturverträgliche Nutzung der Windenergie an Land“ des Deutschen Naturschutzringes (DNR). Ratzbor setzt sich in Vorträgen für die Windkraftnutzung im Wald und die Erleichterung der Genehmigungspraxis für Windkraftanlagen ein. Allerdings: Seine fachlichen Bewertungen sind, so jedenfalls das Verwaltungsgericht Gera, “mit Vorsicht zu bewerten”. Eine Betreiberfirma aus Suhl klagte gegen die Stadt Jena wegen der Versagung einer Genehmigung für einen Windkraftstandort, und verlor. Die Verträglichkeitsstudie für das Windkraftprojekt wurde vom Büro Schmal und Ratzbor erstellt. Herrn Ratzbor wurde als Mitverfasser der Verträglichkeitsstudie im Urteil des Verwaltungsgerichtes Gera vom 18. März 2010 (Az: 5 K 1491/07 Ge) auf Seite 25 bescheinigt, dass er von seiner Ausbildung her nicht über biologische und spezifisch ornithologische Kenntnisse verfüge, dies die Brauchbarkeit vor allem seiner Stellungnahmen zur Bestandsentwicklung und zum Verhalten einer bestimmten Greifvogelart erheblich einschränke und es geboten sei, “sie mit Vorsicht zu bewerten”.

Der BWE agiert auch als Lobbyverband der Windbranche, wie eindeutig aus der Beschreibung der Tätigkeit des Arbeitskreises Naturschutz und Windenergie hervorgeht.

„[…] Die Ergebnisse verschiedener Forschungsvorhaben und Studien haben mittlerweile aber gezeigt, dass sich viele Befürchtungen zu negativen Auswirkungen von Windenergieanlagen nicht bestätigen. Dennoch sind bisherige Lösungsansätze und eine deutliche Unsicherheit in der Genehmigungspraxis keine gute Perspektive für den dringlichen Ausbau der Windenergie. Der Arbeitskreis Naturschutz und Windenergie hat sich mit der Zielsetzung gegründet, die Branche über den aktuellen Erkenntnisstand zu informieren, Lösungsansätze zu diskutieren und zu bewerten, die Findung von Positionen zu unterstützen sowie Empfehlungen für politische und behördliche Entscheidungen zu formulieren.“

Merke: Wo Naturschutz draufsteht, muss nicht immer Naturschutz drin sein. Es kann auch die  naturschutzcamouflierte Windenergiewirtschaft sein….

Link: Thüringer Allgemeine vom 01. August 2011:
Widerstand gegen Windkraft
Erfurt. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist von der Thüringer Regierungsspitze gewünscht, stößt aber inzwischen auf zähen Widerstand.Hartwig Schlüter baut mit seiner Firma EnerPlan aus Göttingen Windräder in Thüringen. Er betreibt vier Anlagen in der Gemeinde Vogelsberg bei Sömmerda. Der Unternehmer möchte gerne weitere Windmühlen in Keula im Kyffhäuserkreis aufstellen. Hier wird aber eine Anlage mit dem Verweis auf den kleinen Flugplatz Schlotheim-Obermehler nicht genehmigt. Schlüter hat sich schon häufiger mit Thüringer Behörden gestritten. […]

update Dezember 2014: Die Tageszeitung taz berichtete am 03. Dezember 2014 über den Projektierer Dr. Schlüter und seine von ihm veranlasste kostenpflichtige Abmahnung zu o.a. Wattenrat-Beitrag: Weiser Wind-Wundertäter

Umstrittene Energiewende-Projekte

Weiser Wind-Wundertäter

Mit einer „Kultur der reflektierten Zahl“ möchte der Windparkplaner Enerplan aus Göttingen Projekte umsetzen, die naturschutzfachlich gescheitert sind.

von Thomas Schumacher

LEER/OSTFRIESLAND taz | Manfred Knake von der ostfriesischen Umweltgruppe Wattenrat hat versucht, Enerplan-Geschäftsführer Hartwig Schlüter ein „o“ für ein „ö“ vorzumachen. Das soll er nun büßen. Knake wettert auf der Wattenrat-Website gegen eine Anzeige der Göttinger Firma in der Zeitschrift Neue Energie: „Wir setzen ihr Windenergieprojekt erfolgreich um, auch wenn es am Rotmilan oder an Fledermäusen zu scheitern droht oder wegen des Artenschutzes nicht umgesetzt werden konnte.“

In seiner Wut machte Knake einen Fehler. Statt „konnte“ lästerte er, diesen Satz zitierend, mit „könnte“. Pech, könnte man sagen, liegt doch das „o“ auf der Tastatur des PCs schräg über dem „ö“. Da können sich die Finger schon verirren.

Schlüter, ein promovierter Physiker, möchte es aber korrekt und schickte Knake ob des Tippfehlers eine Abmahnung. Knake musste sich einen Anwalt nehmen und dafür 550 Euro bezahlen. „Der Wattenrat arbeitet ehrenamtlich. Jeder Euro Kosten tut jedem Mitglied weh“, sagt Knake. Als Jäger einen Gänseschützer des Wattenrates verklagten und der vom Gericht eine Geldbuße aufgebrummt bekam, wurde bundesweit gespendet. Später bekam der Mann einen Umweltschutzpreis.

Hauptvorwurf des Wattenrates gegen Enerplan ist: Wirbt jemand damit, naturschutzfachlich abgeschmetterte Windanlagen doch noch bauen zu können, müsse er „freundliche“ Gutachter haben. Das treibt wiederum den Enerplan-Geschäftsführer auf die Palme.

Gegenüber der taz bemängelt Schlüter „fehlende wissenschaftliche Standards“ bei der Genehmigung von Windanlagen. Darunter müssten Anlagenplaner und Anleger unnötig leiden. Deswegen zieht er häufiger vor Gericht. Zur Zeit läuft zum Thema Genehmigung von Windmühlen seine Klage vor dem Verfassungsgericht.

An vielen Standorten werden Windanlagen nicht genehmigt, weil sie Fledermäuse oder geschützte Vögel gefährden. Schlüter sagt, die Zahlen der verendeten Tiere stimmten nicht. Die Statistiken seien wissenschaftlich nicht aussagefähig. Es fehlten Vergleichsgrößen. Außerdem gebe es bauliche Möglichkeiten, die schädliche Wirkung von Windrädern zu verringern. Bei Atomkraft respektiert er kein Restrisiko, bei Windkraft schon.

Würden „wissenschaftliche Standards“ bei der Genehmigung von Windanlagen berücksichtigt, dann wäre der Bau von viel mehr Windanlagen möglich, behauptet Schlüter. Er nennt sein Konzept die „Kultur der reflektierten Zahlen“. Diesen Begriff leiht er sich von einem Staatswissenschaftler und meint, damit Statistiken zum Totschlag von Vögeln durch Windmühlen außer Kraft setzen zu können.

Wolfram Axthelm, Sprecher des Bundesverbandes Windenergie, sieht das kritisch: Wenn einer mit einem Projekt werbe, das an Naturschutzgründen gescheitert ist, sei das nicht optimal. „Anlegern einzureden, man könne es trotzdem umsetzen, das geht nicht“, findet er. Die baulichen Möglichkeiten seien bekannt. Kein Unternehmen könne für sich ein Sonderwissen in Anspruch nehmen.

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