Die Windenergienutzung in Deutschland ist entgegen weit verbreiteter Meinung nicht „ökologisch“. In Deutschland drehen sich derzeit ca. 25.000 Windkraftanlagen, in allen Landschaftsräumen von der Hochsee bis an die Alpen. Die Anlagen werden vorwiegend in bisher unbebauten Landschaftsteilen im „Außenbereich“ errichtet. Dadurch werden Lebensräume von Tieren, vor allem Vögel und Fledermäuse, z.T. erheblich beeinträchtigt. Nähmen die Verantwortlichen das Bundesnaturschutzgesetz oder die Umweltschadenhaftung ernster, wären viele Belastungen für Tiere (und Menschen als Anlieger) vermeidbar.
Im Landkreis Aurich wurde bereits 2011 vorgemacht, wie man z.B. die Gefährdung von brütenden Wiesenweihen, einer hochgradig bestandsbedrohten Greifvogelart, während der Brutzeit per Verfügung reduziert. Vorübergehend mussten insgesamt zwei Anlagen bis zum 01. August, dem Ende der Brut- und Aufzuchtzeit, von vier Uhr morgens bis 22 Uhr für zweieinhalb Monate abgeschaltet werden. Eine Anlage gehört der Touristik GmbH Krummhörn, einer Tochtergesellschaft der Gemeinde Krummhörn. Der Bürgermeister der Gemeinde Krummhörn, Johann Saathoff (SPD), machte damals umgehend finanzielle Einbußen von „geschätzten 60.000 Euro“ geltend, und unterlag 2011 im angestrengten Rechtsstreit gegen den Landkreis vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg.
Mit Beschluss vom 10. Juni 2011 (Az.: 5 B 1246/11,VG_Oldenburg_ Betriebseinschränkung WEA) hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
In einem anschließenden zivilrechtlichen Verfahren der Betreiber hat am 10. Mai 2013 auch das Landgericht in Aurich eine Klage der Anlagenbetreiber abgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung vor dem Oberlandesgericht wurde zugelassen.
Leider hatte die Abschaltung der Anlagen keine positive Auswirkung auf den Bruterfolg der Weihen, wie der Arbeitskreis Wiesenweihenschutz in Ostfriesland auf seiner Webseite berichtet:
Juli 2011 – Wiesenweihen-Bruten im Windpark abgebrochen
Die beiden Wiesenweihenbruten im Windpark Petjenburg/Groteland, zu deren Schutz zwei Windmühlen temporär stillgelegt wurden, sind leider ohne Bruterfolg zu einem Ende gekommen. Was ist passiert? Die Wiesenweihen-Männchen stellen die Versorgung der Familie mit Nahrung (meist Feldmäuse) sicher. Bei einem Brutpaar war seit der letzten Juniwoche das Männchen verschwunden, das Weibchen musste das einzige Junge allein versorgen. In Zeiten eines schlechten Mäuseangebots und längerer Regenperioden war es damit offenbar überfordert: Am 17.7. konnte nur der Tod des unterernährten Jungvogels festgestellt werden, in der Folge wanderte das Weibchen aus dem Brutgebiet ab. Vom zweiten Brutpaar im Windpark verschwand ebenfalls das Männchen (Anfang Juli). Im Nest dieses Paares wurden am 18.7. nur noch die abgebissenen Federreste zweier Jungvögel festgestellt. Die Spuren verrieten, dass sie offensichtlich einem Fuchs zum Opfer gefallen sind. Das Verschwinden von Männchen während der Brut sind eher seltene Ereignisse. Die Tatsache, dass von den 5 Bruten der Jahre 2010 und 2011 im Windpark vier Männchen spurlos abhanden kamen und eines definitiv durch Rotorschlag tödlich verunglückte, spricht eine deutliche Sprache.[…]
Die Wiesenweihen, denen von Windkraftbetreibern oder Landverpächtern auf andere Weise nachgestellt wird, haben mit dem Gerichtsurteil dennoch nicht „gewonnen“. In der Nähe der Stadt Norden wurden 2012 an einem Gewässerlauf Totschlagfallen für Greifvögel entdeckt, die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich setzte daraufhin Kleinsthubschrauber mit Kameras zur „Luftaufklärung“ und Entdeckung weiterer versteckter Fallen ein. In der Gemeinde Dornum verschwanden 2012 plötzlich die Wiesenweihen, die früher dort regelmäßige Brutvögel waren, und machten den Weg frei für weitere Windkraftanlagen. Aus dem Riepster Hammrich wurde 2012 berichtet, dass dort auf Wiesenweihen geschossen worden sein soll, auch dort laufen Windparkplanungen. Es gab dort bereits andere Übergriffe auf zwei Bruten. Die Schutzzäune um die Bruten wurden demoliert und insgesamt 6 vor dem Ausflug stehende Jungvögel entwendet (wahrscheinlich getötet).
Die Gerichtsverfahren und die Urteile machen zweierlei deutlich: Die Windlobby ist bemerkenswert klagefreudig, wenn es um ihre Interessen und ihr leicht verdientes Geld geht. Kein Wunder, dort sitzt das Geld, es wird „erwirtschaftet“ aus der Zwangsabgabe und der garantierten Subvention aus dem Erneuerbare Energien Gesetz, die alle Stromkunden zusätzlich zum Strompreis für die „Erneuerbaren“ zahlen müssen. Das Urteil macht aber auch deutlich, dass engagierte Mitarbeiter von Naturschutzbehörden, wenn sie denn nicht vom jeweiligen Landrat und der politischen Gemengelage ausgebremst werden, durchaus dem Naturschutzrecht zur Geltung verhelfen können. Von der zielstrebigen Vorgehensweise dieser Auricher Naturschutzbehörde könnten viele ängstliche, träge, wenig kenntnisreiche oder anderweitig gehemmte Naturschutzbehörden lernen, von den „anerkannten“ Naturschutzverbänden ganz zu schweigen. Es gäbe viel zu tun…
Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, S. 19, 11. Mai 2013
Wiesenweihe behält Vorrang
Beschluss Landkreis Aurich muss Anlagenbetreibern keine Entschädigung zahlen
[…] Aurich/Krummhörn/HEI– Es war ein bundesweit einmaliger Fall, der nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch die Gerichte beschäftigte:Ende Mai 2011 untersagte der Landkreis Aurich den Betrieb einer Windkraftanlage in der Krummhörn, Ende Juni kam noch eine zweite hinzu. Die Rotoren durften sich nicht mehr drehen, weil die vom Aussterben bedrohte Wiesenweihe ein Areal in der Nähe der Anlage zum Brüten ausgesucht hatte. Gut zweieinhalb Monate standen die Windkraftanlagen still, tagsüber zwischen 4 Uhr morgens bis 22 Uhr am Abend. Gegen die Verfügung zogen die Betreiber, darunter die Touristik GmbH Krummhörn-Greetsiel, vor das Verwaltungsgericht – und unterlagen. In einem neuerlichen, zivilrechtlichen Verfahren hat nun gestern auch das Landgericht in Aurich eine Klage der Anlagenbetreiber abgewiesen. […] Der Landkreis Aurich sieht sich nach den Worten von Puchert [ Anmerkung Wattenrat: Erster Kreisrat des Landkreises Aurich] nach dem Richterspruch in seiner Einschätzung bestätigt, dass in diesem besonderen Fall der Schutz des bedrohten Greifvogels Vorrang vor der Windkraft haben musste. Der Weiterbetrieb der Windkraftanlagen hätte die lokale Population der Wiesenweihe erheblich gefährdet. Gerade mal etwa 100 Brutpaare gibt es aktuell in Niedersachsen. Das Gericht habe dem Landkreis eine „pflichtgemäße Ausübung des Ermessens“ attestiert, so Puchert. […]