Vor etwas mehr als einem Jahr luden die Grünen der Stadt Emden den damaligen landwirtschaftlichen Sprecher der niedersächsischen Landtagsfraktion der Grünen zu einer Informationsveranstaltung zur Wasservogeljagd in Schutzgebieten an der Ems ein. Der Wattenrat berichtet seit Jahren über die Jagd auf Zugvögel in Natur- und EU-Vogelschutzgebieten an Ems, wo auch bei Nacht, Nebel und Schneetreiben mit an Gewässern verbotener Bleischrotmunition geschossen wird. Damals, bei dem Pressetermin in Petkum an der Ems, hatten alle Beteiligten den Eindruck, Christian Meyer würde sich für die Abschaffung der Jagd in Naturschutzgebieten einsetzen. Nun ist Christian Meyer Landwirtschaftsminister in Niedersachsen. Umso überraschender war daher die Nachricht in der Hannoverschen Allgemeinden Zeitung, Meyer sei kein Gegner der Jagd in Naturschutzgebieten. Diese Äußerungen fielen bei seinem Antrittsbesuch bei der Niedersächsischen Landesjägerschaft am 03. März 2013 in Bergen bei Celle.
HAZ, online, 03. März 2013
Agrarminister Christian Meyer reicht Jägern die Hand
Von Klaus von der Brelie
[…] „Manchmal, etwa in Naturschutzgebieten, sei sogar mehr Jagd erforderlich. Er selbst sei kein Vegetarier, sondern esse „durchaus auch Wild“. Bei seinem ersten Auftritt als Minister vor Jägern rückte der Grünen-Politiker ab von Äußerungen seiner Parteifreunde im Wahlkampf, zugleich schmeichelte er den Weidmännern, dankte ihnen für engagierte Naturschutzarbeit und rief sie zu einem Dialog über die Neugestaltung des Jagdrechts auf. […]
dpa/lni, 03. März 2013: […] «Jagd muss sich neu orientieren», kündigte Meyer an, doch schlug er weit moderatere Töne an. «Es geht uns nicht um das Ob, sondern um das Wie», betonte er etwa zur Zukunft der Fallenjagd. «Es wird keine landesweite Waffensteuer geben», versprach er. Viel Unsinn sei im Wahlkampf verbreitet worden. Auch beim Wolfsmanagement sehe er die Jägerschaft als Partner – vor der Wahl hatte manch Grüner den Jägern die Zuständigkeit für das Wolfsmonitoring nehmen wollen. Meyer dankte der als Naturschutzverband anerkannten Landesjägerschaft für Projekte etwa beim Biotopschutz bei Hecken- und Blühstreifenprogrammen. Auch eine drastische Kürzung der Liste jagdbarer Tiere werde es nicht geben, versprach Meyer. Anstehende Einschränkungen sollten gemeinsam mit den Jägern diskutiert werden, fertige Pläne oder gar Listen gebe es nicht. Dazu gehöre etwa die Jagd auf nordische Gänse. […]
Auch das Wolfsmonitoring in Niedersachsen, das im Dezember 2011 vom damaligen Umweltminister Sander an die Landesjägerschaft Niedersachsen statt an wissenschaftliche Institutionen vergeben wurde, führte zu heftigem Widerspruch gerade des damaligen grünen Landtagsabgeordneten Christian Meyer, der nun als Minister eine andere Position vertritt. Es waren immer Jäger, die für die vielen Fehlabschüsse des Wolfes in Deutschland verantwortlich sind!
Die Gänsewacht und der Wattenrat nahmen den offensichtlichen Kurswechsel zum Anlass, Klarheit vom Minister zu fordern:
Pressemitteilung
03. März 2013
Umwelt/Naturschutz/Jagd
Jagd in Naturschutzgebieten: Gänsewacht und Wattenrat Ostfriesland irritiert über Äußerungen von Landwirtschaftsminister Meyer (Grüne) Die Gänsewacht, eine Initiative zum Schutz durch Jagd bedrohter Vogelarten mit Sitz in Duisburg, und der Wattenrat Ostfriesland in Esens äußern ihr Befremden über den neuen niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne), der am vergangenen Samstag in Bergen bei Celle seine Antrittsbesuch bei der Niedersächsischen Landesjägerschaft machte. Meyer äußerte sich dahingehend, dass sogar „mehr Jagd, etwa in Naturschutzgebieten“, erforderlich sei. Dadurch, so Gänsewacht und Wattenrat, legt Landwirtschaftsminister Meyer die Koalitionsvereinbarungen mit der SPD, die gerade auf Anregung der Grünen eine „zeitgemäße und naturnahe Jagd“ fordert und die Jagd in EU-Vogelschutzgebieten „thematisieren wolle“, sehr eigenwillig aus. Minister Meyer sind die Vorgänge bei der Zugvogeljagd in Schutzgebieten aus eigener Anschauung bekannt. Im Januar 2012 luden die Emder Grünen den heutigen Minister Meyer ein, um sich vor Ort ein Bild von den unhaltbaren Verhältnissen der Wasservogeljagd an der Ems in einem Naturschutz- und EU-Vogelschutzgebiet zu machen. Von Mitarbeitern der Gänsewacht und des Wattenrates erfuhr Meyer Details zur Wasservogeljagd auch bei Nebel und Dunkelheit, bei der auch nichtjagdbare Wasservogelartengetötet oder schwer verletzt wurden. Bei der Wasservogeljagd wird auch immer noch der an Gewässern verbotene Bleischrot verwendet. Meyer sagte damals zu, sich für die Einstellung der Jagd in Schutzgebieten zu verwenden. Seine aktuellen Äußerungen als Minister zur Jagd in Naturschutzgebieten lassen allerdings Zweifel an seinen damaligen Absichtserklärungen aufkommen. Gänsewacht und Wattenrat fordern Minister Meyer auf, sich unmissverständlich zur Einstellung der Wasservogeljagd in Schutzgebieten zu äußern, um sich nicht dem Vorwurf des Wählerbetruges auszusetzen.
S. 74 Koalitionsvereinbarung Grüne-SPD in Niedersachsen
Zeitgemäße und naturnahe Jagd
Zeitgemäße und naturnahe Jagd muss sich an ökologischen Prinzipien ausrichten und den Erfordernissen des Tierschutzes gerecht werden. Daher wird die rot-grüne Koalition das Jagdrecht novellieren und dabei auch die Jagd in EU-Vogelschutzgebieten thematisieren. Es soll ein konstruktiver und fachlich orientierter Dialog mit allen Betroffenen und Beteiligten beginnen.
Kontakt:
Gänsewacht – Initiative zum Schutz durch Jagd bedrohter Vogelarten
Werner Hupperich, Arnimstr. 4, 47169 Duisburg
Tel. +49 203 317 48 17, Fax +49 203 317 48 28