Bekennerschreiben aus Langeoog: Nun wird alles besser im Inselnaturschutz

Naturerlebnis auf Langeoog

In Ostfriesland dauert bekanntlich alles etwas länger, aber auch hier haben Desinformation und Propaganda als Standardform der modernen Kommunikation Einzug gehalten: Nach fast 27-jähriger Geltungsdauer des Nationalparks schafft es die Verwaltung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, eine „Kooperationsvereinbarung“ mit dem Rat der Gemeinde Langeoog zu unterzeichnen.

Der eloquente Nationalparkleiter Peter Südbeck

Es geht um nichts anderes als ein „klares Bekenntnis zum Nationalpark und Weltnaturerbe“. Heißt das etwa, dass in den letzten 27 Jahren ab 1986 die Nationalparkverordnung und ab 2001 das Nationalparkgesetz auf Langeoog außer Kraft waren, die Regeln hier bisher nicht galten? Den Eindruck kann man beim Blick in die Naturschutzgeschichte auf der Insel gewinnen:

Das erwähnte Wegekonzept wurde schon seit Bestehen des Nationalparks 1986 erarbeitet, und stieß immer wieder auf den Vermarktungswiderstand auf allen Inseln. Das inzwischen besser markierte Schutzgebiet „Flinthörn“ im Westen von Langeoog wurde und wird stark belaufen, auch außerhalb der Markierung, zum Schaden der hier u.a. brütenden Zwergseeschwalben. Ein Golfplatz wurde zunächst illegal mit Duldung des Landkreises Wittmund und der Nationalparkverwaltung in einer Schutzzone des Nationalparks angelegt, und später nach öffentlichem Druck vor allem durch den Wattenrat später verlegt. Insulare Eierdiebe plünderten ganze Vogelkolonien aus, Kitesurfer wurden in einer eigentlich dafür verbotenen Zwischenzone zugelassen. Die touristische Vermarktung des 2009 eingerichteten „Weltnaturerbes“ läuft auf Hochtouren, mit Hilfe der Nationalparkverwaltung und des Landes Niedersachsen. Nicht fachlicher Naturschutz in einem Nationalpark, sondern Rechtsbeugung unter aktiver Beteiligung der Nationalparkverwaltung war und ist an der Tagesordnung. Nationalparkleiter Südbeck nennt das wie zum Hohn „einen Höhepunkt in der gemeinsamen Arbeit zum Schutz des Wattenmeeres“.

Sechs hauptamtliche „Nationalparkwarte“ sollen eine Nationalparkfläche von ca. 3.500 Quadratkilometern überwachen, alle ohne Kompetenzen, Fahrzeuge oder Boote, gerade mal einer davon arbeitet auf Langeoog. Langeoog verzeichnet mehr als 1,5 Millionen Tourismusübernachtungen jährlich, mit einem zusätzlichen Heer von Tagestouristen, mit oder ohne Hunde. Zum Vergleich die Wohnbevölkerung auf Langeoog: ca. 2000!

Illegal angelegter Golfplatz auf Langeoog (2001)

Das nachfolgende Harmoniegeschwätz in der Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung klingt wie aus einem Tourismusprospekt entnommen und verkleistert nur die immer noch gravierenden Aufsichtsmängel und Missstände durch den Massentourismus im Nationalpark, nicht nur auf Langeoog. Diese „Kooperationsvereinbarung“ ist die Generalabsolution für die bisherigen Versäumnisse und Verstöße im Inselnaturschutz. Südbeck vergisst, dass auch die Naturschutzhistorie nachvollziehbar dokumentiert ist, u.a. hier:

* Strafanzeige gegen Golfer und Eierdiebe (2006)

* Golfplatz auf Langeoog: Natur zwar mit Gesetzen geschützt, aber trotzdem ohne Schutz Generalstaatsanwalt in Oldenburg stellt Verfahren ein, „denn auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt ist grundsätzlich wirksam“! (2007)

* Kitesurfer: Nun beantragt auch Langeoog (2010)

Bis vor wenigen Jahren gab es also noch kein erkennbares „klares Bekenntnis zum Nationalpark und Weltnaturerbe“. Es stellt sich die Frage, ob es auf Langeoog oder anderswo überhaupt zusätzlicher „Kooperationsvereinbarungen“ bedarf, um Naturschutzrecht anzuwenden und durchzusetzen. Die Frage lässt sich deutlich mit einem Nein beantworten. Auch Verkehrsteilnehmer müssen sich ohne „Kooperationsverträge“ an die Verkehrsregeln halten, weltweit. Es geht wieder einmal nur um billige positive öffentliche Selbstdarstellung der Nationalparkverwaltung ohne tatsächliche Inhalte: Wir sind mal wieder aktiv, wie ist eigentlich egal.

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 Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Wilhelmshaven

 http://www.nationalpark-wattenmeer.de/node/1952

 14.12.2012

Klares Bekenntnis zum Nationalpark und Weltnaturerbe  Gemeinde Langeoog schließt Kooperationsvereinbarung mit der Nationalparkverwaltung – Einstimmiger Ratsbeschluss

In einem feierlichen Akt und unter reger Beteiligung von Nationalpark-Watt- und Gästeführern, Nationalpark- Partnern und Vertretern des Rates und der Gemeinde haben am Mittwoch Langeoogs Bürgermeister Uwe Garrels und der Leiter der Nationalparkverwaltung Peter Südbeck ihre Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Darin erklären sie ihre gemeinsame Verantwortung für den Erhalt der Wattenmeernatur, zur Besucherinformation und -lenkung sowie zur Schutzgebietsbetreuung. Gemeinsames Ziel ist eine nachhaltige Entwicklung zum Nutzen und Wohl der Insulaner und gleichrangig zum Schutz von Natur und Landschaft. Ein erstes gemeinsames Arbeitsprogramm für 2013 wurde gleichzeitig verabschiedet.

Der Ratsvorsitzende Sigurd Uecker hob hervor, dass „der Gemeinderat der Inselgemeinde Langeoog diesem Text einstimmig zugestimmt hat. Langeoog ist damit eine der ersten Gemeinden, die eine derartige Kooperationsvereinbarung schließt. Sie dokumentiert damit endgültig, dass Nationalpark und Gemeinde ein gemeinsames Interesse verfolgen und wir die Weltnaturerbelandschaft mit ihren außergewöhnlichen Tier- und Pflanzengesellschaften unbedingt erhalten und für ihren langfristigen Schutz sorgen wollen.“

Authentizität ist für eine auf Urlaub, Erholung und Gesundung in einer naturorientierten Umgebung ausgerichtete Gemeinde das Kernelement. Langeoog-Erlebnisurlaub und Nationalpark gehören zusammen. Gemeinsam entwickeln Gemeinde und Nationalparkverwaltung ein Wegekonzept, setzen Natur- und Artenschutzmaßnahmen um, ermutigen und qualifizieren die Akteure vor Ort, den Inselbesuchern diese Naturqualität nahe zu bringen und gleichzeitig den Erhalt der einzigartigen Natur sicher zu stellen.

Uwe Garrels erinnerte daran, wie die Nationalparkverwaltung anfangs, vor über 25 Jahren, misstrauisch von den Insulanern beäugt oder sogar abgelehnt wurde. „Die Insulaner wollten nicht kontrolliert und nicht ins Reservat zurückgedrängt werden.“ Doch der Flächenschutz mit einem abgestuften Zonierungskonzept habe zu einer „Koexistenz zum beiderseitigen Vorteil geführt“. Inselurlaub ohne die großartige Landschaft des Weltnaturerbes Wattenmeer – auch ein Alleinstellungsmerkmal – sei längst nicht so attraktiv. „Die Akteure auf beiden Seiten können das heute deutlich unverkrampfter und damit viel kreativer betrachten als vor 25 Jahren“.

Für den Leiter des Nationalparks Peter Südbeck stellt „die Kooperationsvereinbarung zwischen der Inselgemeinde und der Nationalparkverwaltung – nach wechselvoller Geschichte – einen Höhepunkt in der gemeinsamen Arbeit zum Schutz des Wattenmeeres dar. Ein qualitativ hochwertiges und umweltfreundliches Naturerleben im Wattenmeer ist Voraussetzung dafür, dass sich Einheimische und Gäste für die Natur begeistern und sich für ihren Schutz einsetzen. Dies ist der Mehr-Wert für Mensch und Natur gleichermaßen. Hierauf zielt die Kooperationsvereinbarung in besonderer Weise ab.“

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