Heute, am 24. Oktober 2012, wird Horst Stern 90 Jahre alt. Horst Stern war über 25 Jahre lang die herausragende Persönlichkeit, die das Thema Natur- und Umweltschutz vehement, unmissverständlich und politisch zielgerichtet über diesen Zeitraum tatsächlich „nachhaltig“ transportierte: Er redete und schrieb Klartext, kein nach allen Seiten offenes Beliebigkeitsgelaber, immer auf den Punkt, unbequem und „anstößig“ im weitesten Sinne des Wortes. Als Journalist und Publizist prägte und ermutigte er mit seinen Fernsehbeiträgen, Büchern und Zeitungsberichten eine ganze Generation von Naturschützern.
Die neue Generation dieser Spezies hat sich allem Anschein nach in den Weiten des „Umweltschutzes“ verloren, sei es der technische Umweltschutz, die „Rettung“ des Klimas oder die Propagierung von Windenergie als Symbol einer vermeintlich schöneren neuen Welt. Trotz (oder wegen?) des enormen Anstiegs von Mitgliederzahlen in den großen Naturschutzverbänden (häufig durch gewerbliche Drückerkolonnen an den Haustüren geworben) mit deren aufgeblähten und Geschäftsstellen, einer verbesserten europäischen und nationalen Naturschutzgesetzgebung und zahlreicher neuer Nationalparks hat sich die Situation für viele Tier- und Pflanzenarten und die der Landschaften in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Wer vermisst schon die Feldlerche, den Seeregenpfeifer, die Zwergseeschwalbe oder den Steinkauz, um nur einige zu nennen? Eine lesenswerte Würdigung von Horst Stern, der heute sehr zurückgezogen in Passau lebt, hat die „Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen“ verfasst. Mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde veröffentlichen wir deren Beitrag hier und bedanken und für die Überlassung. Und Herrn Stern gratulieren wir herzlich!
Naturschutz ist im öffentlichen Bewusstsein, sollte er dort einen Platz haben, eher mit Namen deutscher Umweltminister verbunden als mit Personen des beruflichen Naturschutzes. Das ist kein Ausweis für seine politische Emanzipation, sondern seines in jeder Hinsicht unzureichenden Profils und der fehlenden gesellschaftlichen Verankerung seiner Ziele.
Der Naturschutz wird nicht als eigenständiges Politikfeld, sondern als Teil des Umweltschutzes wahrgenommen, in welchen er sich ein- und unterordnet – so gegenwärtig in geradezu dramatischer Weise unter den als Umweltschutz deklarierten Ausbau der Stromwirtschaft aus regenerativen Quellen. Personen, die nach Position und Profil für die Sache des Naturschutzes stehen, kennt die deutsche Öffentlichkeit eher nicht. Dem Naturschutz fehlt es nicht allein an einem klaren Erscheinungsbild; es fehlen ihm auch die Personen und Persönlichkeiten, welche die Öffentlichkeit mit seinen Zielen zu verbinden wüsste.
Man muss in der Zeit zurückgehen, um auf eine solche Persönlichkeit zu stoßen: Horst Stern. Am 24. Oktober wird er 90 Jahre alt. Stern stand mit Beginn der 1970er Jahre wie kaum ein anderer für den Naturschutz in Deutschland. Stern war eine Orientierungsgestalt für eine ganze Naturschützer-Generation. Er verschaffte dem Naturschutz eine bis dahin ungekannte und nicht wiedererlangte Aufmerksamkeit – in der Hauptsache und heute unvorstellbar nur mit der Kraft des Wortes. In dieser Zeitspanne definierte der Naturschutz seinen Anspruch als ein alle Politik- und Wirtschaftsbereiche durchdringendes Handlungs- und Gestaltungsprinzip, vollzog sich die Professionalisierung des Naturschutzes in Verwaltung und Verbänden und nicht zuletzt die gesetzliche Absicherung seiner Ziele und Aufgaben.
Trotz dieser Errungenschaften ist die Bilanz des Naturschutzes in Deutschland ernüchternd. Die Lage von Natur und Landschaft verschlechtert sich dramatischer denn je. Gegenüber der inneren Ursache der Misere – einer von bloßer Gier und verantwortungsloser Freiheit getriebenen Ökonomisierung aller Lebensbereiche zu Lasten des Lebens überhaupt – ist der Naturschutz weithin kritik- und sprachlos geblieben. Es fehlt in den Organisationen des Naturschutzes an analytischer, konzeptioneller und strategischer Kompetenz, an der rechten Gewichtung der Probleme, an der Fähigkeit und Bereitschaft zum Konflikt, an Unabhängigkeit, moralischem Format, vielleicht nicht an Personen, aber – was so sonst nur von der FDP gesagt werden kann – an Persönlichkeiten.
Stern hat seine Wirkung eher gering veranschlagt. Zum Ende der 1990er Jahre hat er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sterns Platz ist unbesetzt geblieben. Stern muss damit rechnen, dass ihn die Spitzenorganisationen des Umwelt- und Naturschutzes aus Anlass des Geburtstages ehren und für eine Sicht auf die Dinge vereinnahmen könnten, die nicht seine ist. […]