Man lese und staune, die Naturschutzverbände in Rheinland-Pfalz haben etwas gemerkt, es dämmert wohl nun auch den hartnäckigsten Energieromantikern, was durch diese von oben verordnete „Energiewende“ auf Natur, Landschaft und Anwohner zukommt. Nur, die Geister, die seit Jahren von den Naturschutzverbänden laut herbeigerufen wurden, wollen nicht mehr zurück in die Flaschen. Von „Katastrophe für die Landschaft“ oder „Windkraftterror“ war die Rede in einer gemeinsamen Pressemitteilung von zehn (jawohl zehn!) Naturschutzverbänden aus Rheinland-Pfalz zur Umsetzung der „Energiewende“ im Lande. Zitat:“ Wenn die Standortentscheidungen den Kommunen überlassen werde, führe dies zu einer Verspargelung der gesamten Landschaft, weil sich die Windenergieanlagen gießkannenmäßig über das ganze Land verteilen.“ […] Wenn es keine klaren Vorgaben gibt, ist die Gefahr erheblich, dass überregionale Aspekte, wie Vogelzugkorridore oder naturnahe alte Wälder, bei Standortentscheidungen im Abwägungsprozess zu den Flächennutzungsplänen nicht ausreichend berücksichtigt werden, sagt Andreas Grauer, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. […]“
Der Vorsitzende des Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ist übrigens Dr.Wolfgang von Geldern, Staatssekretär a.D.. Von Geldern war bis 2008 im Vorstand der „Plambeck Neue Energien“ in Cuxhaven tätig, ein Windparkprojektierer. Er ist weiterhin für die Gesellschaft als Berater tätig.
Die Naturschutzverbände in Rheinland-Pfalz hätten sich schon vor Jahren in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein an den Küsten umsehen können um zu bemerken, was inzwischen aus der Kulturlandschaft am Meer geworden ist: Ein großflächiges rotierendes und industrialisiertes Propellerfeld, von dem nur wenige Betreiber profitieren, bereitwillig bereitgestellt von kommunalen Politklüngeln! Riesige Rastvogellebensräume von arktischen Zugvögeln kamen so unter die Windräder. Von den Naturschutzverbänden war kein nennenswerter Widerstand zu spüren. Der BUND-Niedersachsen ließ sich sein Klageverzicht gegen den Wattenmeerwindpark Nordergründe bei Wangerooge sogar gegen Bares vom Land Niedersachsen für die BUND- Stiftung „Stiftung Naturlandschaft“ abkaufen, 810.000 Euro sollen auf deren Konto gezahlt werden. Dieser Betrag wurde von den Naturschutz-Kompensationsmitteln abgezweigt, die eigentlich der Fachbehörde für Naturschutz des Landes Niedersachsen, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zustehen; im weitesten Sinne also staatlich bereitgestelltes Schweigegeld.
Auf das Wetter oder gar „das Klima“ (bis auf das Klima auf den Betreiberkonten) werde diese riesigen Stromgeneratoren übrigens keinen Einfluss haben. Zusätzliche Kohle- und Gaskraftwerke zur Regelung des nur unstet einspeisbaren Windstromes (dehalb heißt er so!) müssen auch noch gebaut werden, zusammen mit mehreren tausend Kilometern neuen Höchstspannungsleitungen. Es gäbe also noch viel zu tun für die Naturschutzverbände in Deutschland, nicht nur in Rheinland-Pfalz.
Pressemitteilung 24. Sept. 2012
Naturschutzverbände kritisieren Umsetzung der Energiewende in Rheinland-Pfalz Katastrophe für die Landschaft
Als planlos und mutlos kritisieren die Naturschutzverbände die Energiepolitik der Landesregierung. Erstmals fanden sich alle zehn anerkannten Verbände zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in Mainz zusammen. Statt die Windenergiestandorte an sinnvollen und naturverträglichen Standorten vorzugeben, überlasse die Landesregierung die Entscheidung weitgehend den Kommunen. Selbst das neue Vogelschutzgutachten des Landes lässt die Windenergienutzung auf 90% der Fläche der europaweit bedeutsamen Schutzgebiete zu. Dies führe zu einer ungesteuerten Entwicklung, die eine flächenhaft industriell überformte Landschaft als Ergebnis habe und für Mensch und Natur unverträglich sei. Stattdessen fordern die Verbände eine klare Lenkung der Energiewende durch das Land. „Wir wollen nicht weniger Windräder, aber wir wollen sie konzentriert an weniger Standorten“, erläutert Kurt Alexander Michael, Präsident des Landesjagdverbandes. Dies erfordere aber klare Vorgaben des Landes. Wenn die Standortentscheidungen den Kommunen überlassen werde, führe dies zu einer Verspargelung der gesamten Landschaft, weil sich die Windenergieanlagen gießkannenmäßig über das ganze Land verteilen.
„In zehn Jahren wird es bei dieser Politik keine Sichtperspektive ohne Windräder geben“, beurteilt Wolfgang Wenghoefer, Vorsitzender der Landesaktionsgemeinschaft Natur u. Umwelt die Entwicklung. „Der vom Land vorgeschlagene Ausschluss von Windenergie in historischen Kulturlandschaften, wie dem Ahrtal reicht bei weitem nicht aus.
Großflächige Erholungslandschaften sind für Mensch und Natur wichtig“, ergänzt Dr. Peter Keller, Vorsitzender der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz.
Besonders ärgerlich sei, dass das Land die bisherigen Vorgaben für die Lenkung der Windenergie durch die Verwaltungsvorschrift aufgehoben habe, ohne neue Regelungen zu erlassen. „Wenn es keine klaren Vorgaben gibt, ist die Gefahr erheblich, dass überregionale Aspekte, wie Vogelzugkorridore oder naturnahe alte Wälder, bei Standortentscheidungen im Abwägungsprozess zu den Flächennutzungsplänen nicht ausreichend berücksichtigt werden, sagt Andreas Grauer, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.
Stattdessen würden diese Entscheidungen immer mehr aus reinen Renditegesichtspunkten getroffen, lockten die Windkraftbetreiber doch mit jährlichen Zahlungen von bis zu 100.000 Euro pro Windrad. „Aus dieser Goldgräbermentalität heraus vergessen viele Kommunen die berechtigten Bedenken gegen Windkraftstandorte“, bemerkt Hans-Wolfgang Helb, Präsident der Pollichia.
Wenn die Entwicklung so weitergehe, hätten Landschaften ohne Windräder in Rheinland-Pfalz bald Seltenheitswert. „Diese Politik ist auch in höchstem Maße unsozial, denn einkommensschwache Familien können diesem Windkraftterror nicht einfach mit einem Urlaub in ferne Regionen entfliehen“, merkt Rudolf Ahrens-Botzong von den Naturfreunden an.
„Wir brauchen auch weiterhin optisch unzerschnittene und industriell nicht überprägte Naturerlebnis- und Erholungslandschaften wie den Pfälzerwald ohne weithin sichtbare Windräder, um unseren Bürgern und hunderttausenden von Urlaubern und Erholungssuchenden ein attraktives Landschaftserleben zu ermöglichen“, ergänzt Bernd Wallner vom Landesverband der Wandervereine. „Dies wird bei der jetzt eingeschlagenen Politik aber kaum mehr möglich sein.“
Dass in einem Rundschreiben des Umweltministeriums ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Windkraftanlagen auch in Gewässernähe genehmigt werden können, kritisiert Heinz Günster, Präsident des Landesfischereiverbandes: In der Nähe von Gewässern haben Windenergieanlagen nichts zu suchen“.
Für die Energiewende würden ca. zwei Prozent der Landesfläche benötigt. „Dennoch plant das Land nach dem jüngst vorgestellten Gutachten nur 10 % der Fläche des europaweiten Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 pauschal windkraftfrei zu lassen“, sagt Dr. Holger Schindler, Vorsitzender des BUND. „Es ist uns völlig unverständlich, warum das Land selbst Vogelschutzgebiete von europaweiter Bedeutung nicht pauschal von Windenergie ausschließen möchte. So gibt es nicht mal für ein einziges der Hauptverbreitungsgebiete des Rotmilans und Schwarzstorchs eine Ausschlussempfehlung – hier wird der Artenschutz geopfert“, sagt Schindler. „So haben wir uns die von uns mit erkämpfte Energiewende nicht vorgestellt und werden sie auch nicht akzeptieren.“
Dass es die Energiewende nicht zum ökologischen Nulltarif geben kann, ist den Verbänden klar, sie wollen aber eine Minimierung der Beeinträchtigungen. „Nur durch eine planvolle Lenkung mit einer starken Konzentration der Windenergieanlagen lässt sich eine flächendeckende Verspargelung vermeiden und die Belastungen von Menschen, Natur und Landschaft vermindern“, ist sich Siegfried Schuch, Vorsitzender des NABU sicher.
Die Vorschläge der Landesregierung zur Umsetzung der Energiewende werden von allen Verbänden einheitlich abgelehnt. Dass gerade eine Landesregierung mit der Beteiligung der Grünen so wenig Rücksicht auf Natur und Landschaft nimmt, haben sie sich nicht vorstellen können. Sie unterstützen die Energiewende, werfen der Regierung aber vor, Natur- und Umweltschutzerfordernisse völlig unnötig dem Ausbau der regenerativen Energien zu unterwerfen.