Am 12. Mai berichteten wir über den Austritt von Enoch zu Guttenberg aus dem BUND, den er mit gegründet hatte. Anlass war seine Kritik an der Windkraftpolitik des Naturschutzverbandes. Zu Guttenberg begründete seinen Austritt u.a. mit diesen Worten:
“Den letzten Anstoß für meinen Entschluss mich vom BUND endgültig zu trennen, ist der bis heute, trotz aller Recherchen, nicht ausgeräumte Verdacht der Käuflichkeit unserer einmal uns alle einigenden Philosophie. Die Zurücknahme der Klage gegen den Windpark Nordergründe zum Preis von 800.000 € an eine dem BUND nahe stehende Stiftung und der Klageverzicht Ausbau Ems für nicht weniger als 9 Mio. € im gleichen Modell erschrecken mich zutiefst, trotz aller Versuche der zuständigen BUND-Verantwortlichen den jeweiligen Deal zu begründen. Die offensichtlichen Geschäfte mit der Windenergie halte ich erst recht nicht für vertretbar.”
Der BUND in Person seines Vorsitzenden Prof. Hubert Weiger reagierte mit Halb- oder Unwahrheiten, oder vielleicht nur aus reiner Unkenntnis auf diesen spektakulären Austritt des profilierten Naturschützers zu Guttenberg. Besonders aufschlussreich ist Prof. Weigers Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 04. Juni 2012: „Die Angriffe sind massiv – BUND-Chef Weiger über den Bruch mit Enoch zu Guttenberg“. Die Süddeutsche Zeitung hakte nicht nach und übernahm die Antworten ungeprüft.
Auf zu Guttenbergs detailliert vorgetragen Begründung geht Prof. Weiger mit keinem Wort ein und reduziert den Rücktritt von zu Guttenberg mit den Worten: „[…] er kritisiert uns wegen unseres Einsatzes für die Windkraft “. Prof. Weiger führte aus, und dokumentiert damit seine profunde Unkenntnis über die tatsächlichen Gefahren für Vögel durch Windkraftanlagen und Strommasten: „Natürlich gibt es Vogelschlag. Deshalb: Keine Windkraftanlagen in Hauptvogelzuggebieten und Vogelschutzgebieten. Es wird sich Vogelschlag gleichwohl nicht generell vermeiden lassen. Aber es gibt auch Stromtod durch Hochspannungsleitungen. Wenn man den Bau neuer Hochspannungsleitungen von Norden nach Süden vermeiden will – braucht es im Süden der Republik auch Windräder.“
Aber genau in einem Hauptvogelzuggebiet, nämlich dem Wattenmeer, soll östlich von Wangerooge der Wind“park“ „Nordergründe“ mit 18 riesigen Windkraftanlagen entstehen, nur ca. 560 m von den Grenzen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer entfernt. Gegen diesen Windpark hatte der BUND zunächst geklagt, dann aber die Klage zurückgezogen und soll dafür vom Land Niedersachsen 830.000 Euro für eine BUND-eigene Stiftung kassieren. Das Geld wurde von den vorgeschriebenen Kompensationsmitteln, die eine landeseigene Naturschutzverwaltung erhält, für den BUND abgezweigt und steht damit der Behörde für die Durchführung für Ersatzmaßnahmen nicht mehr zur Verfügung. Staatlich überwiesenes Schweigegeld? An andere Stelle schwieg der BUND völlig, als im Wybelsumer Polder bei Emden am Dollartwatt ein Windpark in einem faktischen Vogelschutzgebiet errichtet wurde.
Prof. Weiger erweckt den Eindruck, man könne den Bau von neuen Trassen für Höchstspannungsleitungen zur Einspeisung des Offshore-Windstromes dadurch begrenzen, indem man mehr Windkraftwerke im Süden der Republik errichtet, nur hat mit der Realität nichts zu tun: Der Bau neuer Höchstspannungstrassen von Nord nach Süd ist politisch beschlossene Sache, Stichwort „Energiewende“.
Diese Leitungen sind zumindest für den von Prof. Weiger erwähnten „Stromtod“ von Vögeln überhaupt nicht gefährlich, es sind die vielen Mittelspannungsmasten, die verheerend für Vögel sein können. Von diesen Masten stehen ca. 350.000 in Deutschland und fordern jährlich ungezählte Vogelopfer durch Stromschlag, von Eichelhähern über Waldkäuze, Uhus, Schwarz- und Weißstörche, um nur einige Arten zu nennen.
Das Bundesnaturschutzgesetz hat in §41 klar geregelt, dass diese Mittelspannungsmasten bis zum 31. Dezember 2012 baulich entschärft werden müssen, nur kommen die Energieversorger dieser Auflage nur sehr schleppen nach. Bis heute wurde nur ein Bruchteil dieser Masten umgerüstet.
BNatSchG, § 41
Vogelschutz an EnergiefreileitungenZum Schutz von Vogelarten sind neu zu errichtende Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind. An bestehenden Masten und technischen Bauteilen von Mittelspannungsleitungen mit hoher Gefährdung von Vögeln sind bis zum 31. Dezember 2012 die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag durchzuführen. Satz 2 gilt nicht für die Oberleitungsanlagen von Eisenbahnen.
Es ist nicht bekannt, dass der BUND, dem Prof. Weiger vorsteht, sich bisher „nachhaltig“ für die fristgerechte Umsetzung der Mittelspannungsmasten eingesetzt hat, die Frist läuft in sechs Monaten ab, und weiterhin werden Vögel zuhauf an diesen Leitungen umkommen.
Vehement eingesetzt hat sich dafür die kleine Naturschutzgruppe „Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen“ (EGE), die bereits mehrfach bundesweit die Entschärfung der Masten bei vielen Landesbehörden angemahnt und Öffentlichkeit hergestellt hat.
Vor diesem Hintergrund der offensichtlichen Ignoranz und blauäugigen Unterstützung einer „Energiewende“, die das Gesicht der deutschen Kulturlandschaft und möglichweise auch vieler Schutzgebiete ebenfalls „nachhaltig“ verändern wird, stellt sich die Frage, welcher Art die beitragszahlende Mitgliederklientel des BUND ist. Sind es die von Drückerkolonnen an der Haustür geworbenen oder die kritischen, sich mit Herzblut dem Naturschutz verpflichtet fühlenden Mitglieder, die dem BUND ihre Stimme geben? Wie viele namenlose Mitglieder haben dem Verband inzwischen ebenfalls den Rücken gekehrt?
Enoch zu Guttenberg hat dem Unmut einen Namen gegeben und öffentlich verbreitet, was von einem „Naturschutzverband“ wie dem BUND zu halten ist. Prof. Weiger ist es nicht annähernd gelungen, zu Guttenbergs Beweggründe zu entkräften. Prof. Weiger hat nur Nebeltöpfe gezündet, in dessen Schwaden weiterhin ohne erkennbare Naturschutzrichtung und mit nur geringer Faktenkenntnis gestochert wird.