„Gänsekrieg“ an der Ems: RA Storr zur zurückgewiesenen Berufung des Landgerichts Aurich wegen „Jagdstörung“

Vorbesprechung im LG Aurich: Eilert Voß, RA Dominik Storr (v.l.)

Rechtsanwalt Dominik Storr

D-97845 Neustadt am Main / OT Erlach, den 30. August 2011

– Pressemitteilung –

„Gänsekrieg“ an der Ems

Urteilsbegründung des Landgerichts Aurich liegt vor

Seit Monaten wird deutschlandweit in Presse und Fernsehen über den „Gänsekrieg“ an der Ems berichtet. Der Vogelschützer Eilert Voß ist seit Jahren bei Wind und Wetter im ostfriesischen Naturschutzgebiet »Petkumer Deichvorland« an der Ems unterwegs, um Jagdverstöße bei der Gänsejagd zu dokumentieren. Akribisch notiert er Schuss für Schuss und macht Fotos von Jagdfreveln im europäischen Vogelschutzgebiet, die nicht nur in Publikationen des Natur- und Vogelschutzes, sondern auch in renommierten Zeitungen und Magazinen veröffentlicht werden. Und er bringt die Jagdfrevel im Naturschutzgebiet zur Anzeige. Zwar sahen sich die zuständigen Behörden bisher noch nicht veranlasst, die Verstöße zu ahnden, aber viele Zeitungen haben darüber berichtet. Kein Wunder also, dass Eilert Voß den Gänsejägern ein Dorn im Auge ist. Um den unbequemen Beobachter vom Ort des Geschehens fern zu halten, zogen die Jäger vor das Zivilgericht und klagten auf Unterlassung – wegen angeblicher Jagdstörung.

Gänsefreund unterliegt vor dem Amtsgericht Emden

Das Amtsgericht Emden gab den Jägern Recht und gab Herrn Voß auf, die angebliche Jagdstörung im Revier der Kläger zu unterlassen. Obendrein brummte das Amtsgericht dem Gänsefreund ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000 Euro auf.

Gänsefreund legt Berufung ein

Der Gänsefreund legte daraufhin Berufung beim Landgericht Aurich ein. Die Berufung wurde von seinem Anwalt umfangreich damit begründet, dass die einstweilige Verfügung der Jäger bereits unzulässig sei, da weder aus ihrem Tenor noch aus der gesamten Gerichtsakte der räumliche Geltungsbereich des vom Amtsgericht Emden aufgegebenen Verbots hinreichend genug hervorgehe. Zudem wurde ausgeführt, dass der von Herrn Voß angeblich gestörte Jäger die Jagd in mehrerer Hinsicht rechtswidrig und sogar ordnungswidrig ausgeübt habe. So führte der Jäger bei der Gänsejagd keinen Gebrauchshund mit, was nach dem niedersächsischen Jagdrecht eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Sogar Laien müsste klar sein, dass die Zivilrechtsordnung, auf die sich die Jäger hier berufen, nicht dazu dienen kann, eine rechtswidrige Jagdausübung zu schützen.

Landgericht Aurich schürt Hoffnung und lobt Umweltschützer

Der Präsident des Landgerichts Aurich hat auch sodann in der am 05.08.2011 stattgefunden mündlichen Verhandlung vor zahlreichen Prozessbeobachtern und der versammelten Presse darauf hingewiesen, dass das Landgericht durchaus auch Erfolgsaussichten für den Gänsejäger sähe, da es andernfalls die Berufung mit Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen hätte. Zudem lobte der Präsident des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung die Umweltschützer, indem er darauf verwies, dass es in Japan keine Atomkatastrophe gegeben hätte, wenn man dort auf die Umweltschützer gehört hätte. Der Präsident des Landgerichts Aurich ließ somit nicht nur bei Herrn Voß und dessen Anwalt, sondern auch bei den zahlreich anwesenden Vogelschützern Hoffnung aufkeimen.

Landgericht Aurich weist Berufung überraschend zurück

Am 26.08.2011 folgte dann völlig überraschend das niederschmetternde Urteil. Das Landgericht Aurich wies die Berufung des Vogelschützers zurück. In der Zwischenzeit liegen die Urteilsgründe vor. Rechtsanwalt Dominik Storr, der den Vogelschützer in beiden Instanzen vertreten hat, hält das Urteil für juristisch nicht vertretbar. Die Urteilsbegründung erschöpfe sich nahezu in der Begründung des Amtsgerichts Emden, die ebenfalls juristisch nicht haltbar sei.

Diente die Berufungsverhandlung vor allem als „PR-Veranstaltung“ für das Landgericht?

„Dem Urteil des Landgerichts Aurich ist ganz klar zu entnehmen, dass es zu keiner Zeit eine Chance für Herrn Voß in dem Berufungsverfahren gegeben hatte“, so Rechtsanwalt Storr. Das juristisch oberflächliche und für die Jäger einseitige Urteil erwecke vielmehr den Eindruck, dass der Präsident des Landgerichts die mündliche Verhandlung vor allem dazu genutzt hat, um den Ruf der ostfriesischen Gerichtsbarkeit, der nach dem Urteil des Amtsgerichts Emden in der Presse sehr gelitten hatte, wieder herzustellen. „Bei einer so oberflächlichen Urteilsbegründung, die das erstinstanzliche Urteil letztlich in allen Punkten bestätigt, wäre es Usus gewesen, dass das Berufungsgericht die Berufung mit Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückweist. Der Vorwurf etlicher Prozessbeobachter, das Landgericht habe die mündliche Verhandlung in diesem öffentlichkeitswirksamen Verfahren nur als eigene „PR-Veranstaltung“ genutzt, um den Ruf der ostfriesischen Gerichtsbarkeit wiederherzustellen, ist daher nicht so leicht von der Hand zu weisen“, so der Anwalt.

Gänseschützer fühlt sich einer „unbefangenen Instanz“ beraubt

In dem „Gänsekrieg“ vor der ostfriesischen Gerichtsbarkeit kam es auch zu einem verfahrensrechtlichen Kuriosum. Die Jäger reichten ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nämlich zunächst beim Landgericht Aurich ein. Dieses erklärte sich jedoch für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Amtsgericht Emden. Das Amtsgericht Emden berichtigte aber den in seinem Urteil zunächst auf 2.000 Euro festgesetzten Streitwert nachträglich auf „Anregung“ der Jäger auf 5.000 Euro. Ein Cent mehr und das Landgericht Aurich wäre für die erste Instanz zuständig gewesen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass über die Berufung des Gänsejägers das Oberlandesgericht entschieden hätte und nicht das offenbar eher jägerfreundliche Landgericht Aurich. Und das Oberlandesgericht hätte sich mit Sicherheit intensiver mit dem Sachverhalt und den Rechtsfragen beschäftigt. Herr Voß kann daher zu Recht behaupten, dass er sich im „Gänsekrieg“ einer „unbefangenen Instanz“ beraubt fühlt.

„Gänsekrieg“ geht weiter

Das Hamburger Abendblatt titelte daher am 26.08.2011 völlig zu Recht: „Verlierer im »Gänsekrieg« kämpft weiter für Vögel“. Denn Eilert Voß wird seinen Einsatz für die Gänse im europäischen Schutzgebiet mit Sicherheit weiterführen.

 

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