Eemshaven/NL: Baugenehmigung für RWE-Kohlekraftwerk am Dollartwatt kassiert

Kraftwerksbau im "Energy Park" Eemshaven/NL, Juli 2009

Der „Raad van State“ (Staatsrat, die Abteilung Verwaltungsrechtsprechung fungiert als höchstes allgemeines Verwaltungsgericht des Landes) in Den Haag hat die Genehmigung für das 2009 begonnene Kohlekraftwerk der RWE in Eemshaven/NL zurückgezogen. Die Verwaltungsrechtsabteilung des Staatsrates fungiert auch als Rechtsmittelgericht für Rechtsmittel von Bürgern gegen Entscheidungen der Exekutive. (#edit: Ein Baustopp ist damit nicht verbunden!).

 

Gegen den Bau des Kohlkraftwerkes am Wattenmeer des Dollarts lagen zahlreiche Klagen aus den Niederlanden und Deutschland vor, die zunächst vom Europäischen Gerichtshof zurückgewiesen wurden. Das Gericht mit Sitz in Luxemburg wies noch im Mai 2011 die Beschwerde gegen die Bau- und Betriebsgenehmigung in Eemshaven ab. Der Wattenrat begrüßt die Entscheidung des niederländischen Gerichts, weil gerade der Kraftwerksbau am Dollart und am Weltnaturerbe Wattenmeer durch die notwendige Kühlwasserentnahme mit erhebliche Schäden für die Fischfauna gerechnet werden muss, die jetzt schon durch bestehende Kraftwerke im Bereich Delfzjil-Eemshaven nachweisbar sind.

Der Raad van State unterband  am Mittwoch ebenfalls die Pläne zur Vertiefung der Außenems, auch dagegen lagen Klagen aus Deutschland vor. Die Vertiefung wird unter anderem zum Transport der Kohle für das Kraftwerk auf dem Seewege nötig. Allerdings, so das  Gericht, können die beanstandeten Pläne aber vom Betreiber RWE nachgebessert werden. Das derzeitige Verbot wird vom Wattenrat ausdrücklich begrüßt, weil die tiefgreifenden Sedimentveränderungen durch die Baggerarbeiten im Ästuar ebenfalls schwere Schäden an der Fauna des Flusses hervorrufen.

Gegen das RWE-Kraftwerk hatte unter anderem die niederländische Sektion der Umweltschutzorganisation Greenpeace protestiert und die Baustelle besetzt. „Jedes Kohlekraftwerk, das heute noch gebaut wird, zementiert eine falsche Energiepolitik“, sagte die Energieexpertin von Greenpeace Deutschland, Anike Peters, der Nachrichtenagentur Reuters.

Kraftwerksbau im "Energy Park" Eemshaven/NL, Juli 2011

Allerdings, so der Wattenrat Ost-Friesland, fordert gerade Greenpeace Deutschland den Ausbau der Nordsee mit riesigen Windparks zu Lasten der Meeresfauna und der Zugvögel. Der zunehmende Windkraftausbau macht aber gerade zusätzliche Regelkraftwerke wie Kohle- oder Gaskraftwerke zur Netzregelung der nur unregelmäßig  einspeisenden Windkraft erforderlich, die ohne stabilisierende Wärmekraftwerke im Netz nicht funktioniert. Zudem ist Greenpeace-Energy selbst Windstromanbieter und damit in diesem Geschäftsbereich ebenfalls auf Wärmekraftwerke angewiesen; das wird der Öffentlichkeit und den Spendern verschwiegen. Damit ist Greenpeace als vermeintlicher Kämpfer gegen die Kohlekraftwerke unglaubwürdig.

Eemshaven/NL: Kraftwerkbau am "Weltnaturerbe" Wattenmeer

edit 25. August 2011, 21:45:

Schon einen Tag nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des Raad van State in den Niederlanden, die Baugenehmigung des Kohlekraftwerks für ungültig zu erklären, berichtet dpa heute über die Äußerungen des niederländischen Wirtschaftsministers Verhagen „er gehe davon aus, dass einer Neuerteilung der vom Staatsrat gekippten Genehmigungen für das Kraftwerk in Eemshaven nichts im Wege stehe“. Das Wirtschaftsministerium in Den Haag rechne zwar mit Verzögerungen bei dem Kraftwerksprojekt, gehe allerdings davon aus, dass es Umweltbeeinträchtigungen für die deutschen Inseln im Wattenmeer ebenso wenig gebe, wie dies bereits für die niederländischen Inseln festgestellt worden sei. Über einen möglichen Baustopp bis zur Erteilung neuer Genehmigungen müssen die Provinzen Groningen und Friesland entscheiden. Die Entscheidung darüber soll am 26. August 2011 fallen.

edit 27. Aug. 2011: Wie der heutigen Tagespresse zu entnehmen ist, hat die Versagung der Baugenehmigung durch den Raad van State keine Auswirkungen auf die weitere Bautätigkeit.

Ostfriesen Zeitung, online, 27. Aug. 2011:

[…] Wie die Provinz Groningen gestern mitteilte, kann RWE die vom Gericht bemängelten Unklarheiten in Bezug auf den Umweltschutz bei einer erneuten Beantragung der Genehmigungen nachbessern. Es gebe keinerlei Auswirkungen auf die Umwelt, die im Moment einen Baustopp rechtfertigten. Die Niederlande sehen in dem Bau des Kraftwerks einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung und wollen, dass es gebaut wird, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium in Den Haag. Der Bau hatte 2009 begonnen. […]

 

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