25 Jahre Nationalpark Wattenmeer: „Tunnel am Ende des Lichts“, Reiner Schopf zu den Versäumnissen der Naturschutzverbände

Nationalpark Wattenmeer als „Abenteuer“-Spielplatz für Touristen? Bensersiel, Strandportal, Juli 2011

Im Mai-Heft 2011 des Ostfriesland Magazins (Verlag Soltau-Kurier Norden) wurde über das 25 jährige Bestehen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ausführlich berichtet. Als Kritiker der Entwicklung im Nationalpark gerierte sich der BUND, Landesverband Niedersachsen in Person von Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler als Landesgeschäftsführer und Multifunktionär des BUND. Das Ostfriesland Magazin druckte dazu die Pressemitteilung des BUND vom 30. Dezember 2010 ab (s.u.).

Ausgerechnet Kritik vom BUND, der jahrelang zu den Missständen im Nationalpark geschwiegen oder diese sogar noch mit unterstützte, z.B. die Zustimmung zur Verlegung von Kabeltrassen für Offshore-Wind“parks“ durch den Nationalpark, Untätigkeit bei der Ausweisung von Kitesurferzonen in eigentlich verbotenen  Bereichen durch die Nationalparkverwaltung oder der dubiose Klageverzicht „gegen Bares“ beim Wattenmeer-Wind“park“ Nordergründe bei Wangerooge, nur wenige hundert Meter vom Nationalpark und „Weltnaturerbe Wattenmeer“ entfernt.

Reiner Schopf, bis 2003 mehr als 30 Jahre lang Inselvogt und Vogelwart der Insel Memmert und Mitarbeiter im Wattenrat, hat die Heuchelei der großen Naturschutzverbände am Beispiel des 25- jährigen Jubiläums des Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer in einem umfangreichen Leserbrief im Ostfriesland Magazin (7/2011) zur  Darstellung des BUND auf den Punkt gebracht, die Verlinkungen wurden zusätzlich eingefügt. Auf der WebSeite des Wattenrates ist ganz oben auf der Leiste eine Verlinkung zu Artikeln zur Insel Memmert eingefügt.

Wir danken Reiner Schopf für die klaren Worte und die Überlassung des Leserbriefes.

Erschienen im Ostfriesland Magazin, Norden, Heft 7/2011:

Zum Bericht „Spurensuche im Watt“, 25 Jahre Nationalpark
Niedersächsisches Wattenmeer“, erhielten wir folgende Leserpost:

BUND sieht untätig zu

Der Geschäftsführer des BUND Niedersachsen, Bodenstein-Dresler, kritisiert zu recht die fehlende Aufsicht im Nationalpark. Die Duldung von Fun-Sport in geschützten Gebieten und die Kabelanbindung der Offshore-Windräder quer durch angeblich strikt geschützte Bereiche. Dabei hat der BUND zusammen mit NABU und WWF der Kabelanbindung auch durch strengste Schutzzonen zugestimmt.

Die Genehmigung der Kite-Surf-Gebiete per „Befreiungen“ der Nationalpark -Verwaltung sind weder mit den gesetzlichen Regelungen des Nationalpark- Gesetzes und des Bundesnaturschutzgesetzes, noch mit naturschützerischer Vernunft zu vereinbaren. Der BUND als klagebefugter Naturschutz verband hätte dagegen klagen können, ja, wenn er seine Satzung ernst nehmen würde, dagegen klagen „müssen“.

Aber der Bund zog es mal wieder vor untätig zuzusehen, wie die Schutzziele einer vermeintlichen „Harmonie“ zwischen Schutz und Nutzungen geopfert werden. Gegen den Windpark „ Nordergründe“ bei Wangerooge, der mittels Zahlenspiele über die dort vorkommenden geschützten Vogelarten genehmigungsfähig gerechnet wurde, hatte der BUND zunächst geklagt, dann aber gegen Bares für eine BUND-Stiftung die Klage zurückgezogen.

Nun stellt Bodenstein- Dresler seinen Verband wieder als „Anwalt der Natur“ dar und leidet offenbar an dem von Politikern bekannten Black-out-Syndrom was den eigenen Anteil an den Defiziten betrifft. Es wäre ein Wunder, wenn das Meer der Freizeithungrigen von nun an „sanft“ mit der Natur umgehen könnte. Längst sind empfindliche Vogelarten in existentielle Bedrängnis geraten. Die Abnahme der Regenpfeifer, der Zwergseeschwalben und anderen Arten, die noch vor wenigen Jahren häufig waren, zeigt das deutlich. Die drohende Ausrottung wird dann mit Sätzen wie: „Die Population hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert“ verharmlost.

Statt kompetenter Ranger sollen es sogenannte „Junior- Ranger“ richten.   Naturschutz im Nationalpark ist also Kinderkram. Als Betreuer vom Memmert habe ich erlebt, dass die Verwaltung mit Hinweisen auf Missstände sehr „kreativ“ umgeht und illegale Zustände oft durch Ausnahmeregelungen legalisiert. Das Anlanden von Sportbooten an geschützten Gebieten, frei laufende Hunde, Eiersammler, Drachensteigen in sensiblen Bereichen, Tiefflüge von Segelfliegern, Feuerwerk in Badeorten im Nationalpark, Fun-Sport usw. müssten die Funktionäre von BUND, NABU und WWF längst alarmieren. Stattdessen wird „Harmonie“ mit allem und jedem demonstriert und der eigene Anteil an den Missständen unter den Teppich gekehrt.

Mit der Moral ist es wie mit dem Problembewusstsein: Es geht auch ohne. Bei so viel Heuchelei, Herzlosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Tieren und der Landschaft muss man kein Pessimist sein, um beim Wattenmeerschutz den Tunnel am Ende des Lichts zu sehen. Zumal, da BUND und Co. in schönster Harmonie mit Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) und Peter Südbeck von der Nationalpark-Verwaltung die Vermarktung der Wattnatur zu ihrer „Herzensangelegenheit „  machen. Das Wohlverhalten der Verbände wird mit Projektförderungsmitteln aus der Landeskasse und Stiftungsgeldern belohnt. Also tun sie „besorgt“, aber sorgen für sich selbst.
Reiner Schopf
18442 Jakobsdorf

 

 

Pressemitteilung des BUND, LV-Niedersachsen, 30. Dez. 2010

25 Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Viele Schutzziele immer noch nicht erreicht

Der BUND Landesverband Niedersachsen e.V. gratuliert zum 25-jährigen Bestehen des „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ am 1. Januar 2011. Der Umweltverband erkennt an, dass in diesen vielen Jahren einiges erreicht wurde, um das sensible Ökosystem zu schützen. „Positiv zu bewerten ist auch die Auszeichnung als UNESCO-Weltnaturerbe. Sie muss in Zukunft dazu beitragen, dass der Schutz des Wattenmeeres mit noch mehr Ernsthaftigkeit verfolgt wird“, sagt Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen.

Natur hat im Nationalpark gesetzlichen Vorrang. Grundlage dafür ist das Bundesnaturschutzgesetz: „Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten.“ (§ 24 Abs. 2)

Der BUND kritisiert, dass es immer noch viele Defizite beim Schutz dieses einzigartigen wertvollen Wattenmeer-Lebensraums gibt.

1. Zu wenig Personal: Die Betreuung des Nationalparks vor Ort ist laut BUND nicht ausreichend. Es gibt nur vier hauptamtliche Nationalparkwarte ohne hoheitliche Rechte, die auf Juist, Langeoog und im Land Wursten im Einsatz sind. „Es bedarf einer personellen und finanziellen Aufstockung, um den Schutz des Wattenmeeres zu gewährleisten“, erklärt Bodenstein-Dresler. Besonders kritisch sieht der BUND deswegen auch die Kürzungen bei der Wasserschutzpolizei. „Die wenigen Kräfte reichen nicht aus, um Verstöße gegen das Nationalparkgesetz zu ahnden“, so der BUND-Geschäftsführer. „Dabei ist es in diesem sensiblen Naturraum besonders wichtig, dass die Rechtsvorschriften eingehalten werden.“

  1. Tourismus: Die starke Zunahme des Tourismus – in 2011 wird wohl die Marke von 40 Millionen Übernachtungen überschritten – führt laut BUND zu Problemen. Denn viele Touristen missachteten wissentlich oder unwissentlich die Vorschriften im Nationalpark, dadurch komme es zu Störungen vieler Tiere in der Brut-, Setz- und Rastzeit. Des Weiteren führe der erhöhte Bedarf an Trinkwasser vor allem in den Sommermonaten zu Problemen, und Golfplatz-Planungen, der Flugverkehr auf einigen Inseln sowie der vermehrte Schiffsverkehr schadeten dem sensiblen Ökosystem.
  2. Trendsportart Kitesurfen: Der BUND sieht derzeit Probleme durch Kitesurfer. Die Zonierung des Nationalparks werde mehr und mehr aufgeweicht durch das Ausweisen von Kitesurf-Bereichen in der Zwischenzone, in der das Steigenlassen von Drachen verboten ist. „Viele Kitesurfer geraten zudem in dafür nicht zugelassene Zonen und schrecken Ruhe suchende Vögel und andere Tiere auf“, erläutert Bodenstein-Dresler.
  3. Offshore-Windparks: Zur Anbindung von Offshore-Windparks darf es nach Ansicht des BUND keine weiteren Kabeltrassen durch das Wattenmeer geben außer der schon bestehenden Norderney-Trasse. „Auf gar keinen Fall darf eine Einzelanbindung für einen Windpark in der 12-Seemeilen-Zone durch ein Seegat gebaut werden“, warnt Bodenstein-Dresler. Die Kabeltrassen müssten gebündelt werden unter bestmöglicher Ausnutzung der Übertragungskapazität. Und mehrere Windparks müssten eine Kabeltrasse gemeinsam nutzen. „Außerdem sind bislang die Auswirkungen einer Vielzahl von Offshore-Windparks noch nicht erforscht, und die Akkumulationswirkungen einzelner Störungen zum Beispiel auf den Vogelzug im Nationalpark werden unterschätzt“, erklärt der BUND-Geschäftsführer.

5.   Fischerei: Probleme sieht der BUND vor allem bei der Muschel-Fischerei. Denn trotz eines Miesmuschel-Managementplans sei die Fischerei immer noch nicht klar geregelt und begrenzt. „Generell darf es insbesondere im Wattenmeer, der Kinderstube der Fische, auf gar keinen Fall zu Überfischung kommen“, warnt Bodenstein-Dresler.

Der BUND fordert zum 25-jährigen Jubiläum des Nationalparks die Nationalpark-Verwaltung auf, Bilanz zu ziehen und zu analysieren, welche Schutzziele schon erreicht wurden und welche nicht. In den kommenden 25 Jahren müsse verstärkt dafür Sorge getragen werden, dass der Ablauf der Naturvorgänge im Wattenmeer ungestört in natürlicher Dynamik gewährleistet ist – wie es das Gesetz vorschreibt.

 

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