#edit: Inzwischen laufen polizeiliche Ermittlungen in der Sache, aber nicht wegen eines Jagdvergehens, das in diesem Falle strafbar wäre, sondern wegen „Tierquälerei“. Das ist zwar auch eine Straftat, hält aber fürs gute Image die Jagdstatistik sauber: .pdf Zeugenanhörung Nonnengans
Auf diesen Webseiten haben wir schon oft über Jagdverstöße von Hobbyjägern geschrieben, hier ein neuer Fall, der einen Straftatbestand darstellt: Unser Mitarbeiter Eilert Voß fand am 06. April 2011 unweit des Emsdeiches bei Terborg im LK Leer zusammen mit einem Begleiter eine flugunfähige stark verletzte Nonnengans. Die Gans wurde zur Untersuchung zu einem Tierarzt gebracht, der das Tier wegen des schlechten Allgemeinzustandes und eines offenen Flügelbruches einschläferte. Das Röntgenbild ergab eine Schussverletzung des linken Armflügelknochens mit einer deutlich sichtbaren Schrotkugel.
Der Landkreis Leer veranlasste eine zusätzliche Untersuchung beim Veterinärmedizinischen Untersuchungsamt in Oldenburg, das die Verletzungen bestätigte. Nicht geklärt wurde bisher, ob es sich bei der Schrotkugel um an Gewässern verbotenen giftigen Bleischrot oder um vorgeschriebenen Eisenschrot gehandelt hat.
Nonnengänse sind nach der Niedersächsischen Jagd- und Schonzeitenverordnung nicht jagdbar. Die Tat konnte zwar einem einzelnen Jäger nicht zugeordnet werden, wohl aber, dass die Verletzung aus der letzten winterlichen Jagdperiode bis zum 15. Januar 2011 stammte. Der Fall wurde der Polizei zur weiteren Strafverfolgung übergeben.
Der Schuss auf eine Nonnengans als geschützter Art nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie ist eine Straftat. Damit ist wieder einmal die Behauptung aus der Jägerschaft widerlegt, es gäbe keine Anzeigen zu angeblichen Jagdverstößen. Und diese angeschossene Nonnengans (oder andere nicht jagdbare Gänse) ist nur die Spitze des Eisberges: Die meisten widerrechtlich angebleiten Vögel werden nicht gefunden, es handelt sich stets um Zufallsbeobachtungen oder -funde!
Hier die weiteren dokumentierten Jagdvergehen an der Ems:
Oktober 2010: Eilert Voß dokumentiert die Verwendung von flugunfähig gemachten Stockenten, die zum Anlocken von wilden Enten an der Ems eingepfercht wurden.
Am 8.12.10 bemerkte Eilert Voß am Emsdeich von Petkum eine flügellahme Blessgans. Auch diese Gans wurde geröntgt. Zwar steckte kein Schrotkorn mehr im Flügel, doch der Knochen der Handschwinge war eindeutig zerschmettert und Metallabrieb sichtbar. Da Tage zuvor eine Gänsejagd stattfand, liegt die Vermutung nahe, dass die geschützte Blessgans wohl den zahlreichen „Kollateralschäden“ der Jagd zuzurechnen ist. Das Petkumer Vorland an der Ems ist Teil eines EU-Vogelschutzgebietes, daher dürfen Blessgänse dort nicht bejagt werden.
Am 7.10.06 gelang Eilert Voß ein bemerkenswertes Filmdokument. Mit einem Petkumer Bürger war er Zeuge, dass eine Jagdgesellschaft im Revier des ehem. Ortsbürgermeisters Hülsebus Nonnen- und Brandgänse unter Schrotfeuer nahmen. Mindestens eine Nonnengans fiel im Naturschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ tot zu Boden, ein Gänsejäger hob sie auf und trug sie unter dem Arm durch das Gelände. Die gleichen Jäger beschossen kurz darauf eine Brandgans. Sie torkelte durch die Luft, erholte sich kurz und stürzte dann am Ortsrand von Petkum ab. Leider brachte die Nachsuche mit der Polizei kein Ergebnis, doch wurde wegen der Tötung der Nonnengans polizeilich ermittelt und der Jagdpächter T. Hülsebus von der Auricher Staatsanwaltschaft vorgeladen. Immerhin lag ja der Videofilm mit dem Beweis vor, den ein Gutachter noch bestätigte. Die Ermittlungen gegen „Unbekannt“ (!) gingen aus wie das Hornberger Schießen. Hülsebus verweigerte die Aussage und schützte damit seine Jagdgäste, das Verfahren wurde eingestellt.
Einschüchterungsversuche
Zweifelsfrei stuft Hülsebus die kritische Beobachtung seiner Jagdgesellschaften als Belästigung ein. Die Gänsewacht ist ihm ein Dorn im Auge, vor allem auch die akribischen Dokumentationen von Eilert Voß den verbotenen Wasservogeljagden bei Dunkelheit, Nebel oder Schneetreiben, bei denen Hülsebus aktiv beteiligt war. Hülsebus erwirkte 2010 zunächst eine „Einstweilige Verfügung“ des Amtsgerichtes Emden gegen Voß wegen „Jagdstörung“, die zur offensichtlichen Einschüchterung mit 250.000 Euro (zweihundertfünfzigtausend!) bewehrt war, dann strengte er 2011 gegen Eilert Voß ein Gerichtsverfahren wegen Verletzung der Verfügung an, in dem Voß zu 2000 Euro Strafgeld, ersatzweise 20 Tage Hafte verurteilt wurde. Der Kreisjägermeister der Stadt Emden ist als Amtsrat beim Amtsgericht in Emden beschäftigt. Vor diesem Hintergrund ist das gegen Eilert Voß angestrengte Gerichtsverfahren ein durchsichtiges Manöver zur Ruhigstellung von Voß.
Voß (und der Wattenrat) hatten diese Jagdverstöße angezeigt, ohne dass behördlich gegen die Jäger vorgegangen wurde. Alle Anzeigen verliefen im Sande, aber Voß wurde verurteilt! Und wie sagte doch noch gleich der Bezirksvorsitzende der ostfriesischen Jägerschaft, Wilke Siebels gegenüber der Presse (dpa vom 29. März 2011): „Wir müssen uns gegen ungesetzliche Störungen wehren. Wir haben als Selbstkontrolle ein Ehrengericht, um Vorwürfe zu prüfen.“ Da muss wohl bei so viel „Ehre“ einiges übersehen worden sein, die betroffenen Jäger jedenfalls gingen stets straffrei aus.
Beobachtung von Jagdverstößen seit mehr als zwanzig Jahren
Seit den späten achtziger Jahren, lange vor Bestehen der Gänsewacht, suchte Eilert Voß schon für die
„Konferenz der Natur- und Umweltschutzverbände Ostfrieslands“ und dem daraus hervorgegangenen späteren Wattenrat regelmäßig die Spülsäume von Ems und Dollart ab und förderte dabei unglaubliche Tatsachen ans Licht: Gänsejäger ließen erschossene oder verletzte geschützte Gänsearten in den Vorlandbereichen liegen. Aus Angst ertappt zu werden traten sie die Tiere oft mit dem Stiefelhacken in den Schlamm, um die Jagdverstöße zu vertuschen. Bei erhöhten Wasserständen trieben die „Kollateralschäden“ an die Deiche und machten den Skandal sichtbar.
An der Ems leben wenige jagdbare Gänse- und Entenarten auf engstem Raum zusammen, immer in Gesellschaft mit nicht jagdbaren und seltenen Watvogelarten. Die Gefahr versehentlicher Abschüsse ist erheblich, von der Vertreibung der Vögel durch das Begehen, die Hunde und den Schussknall ganz zu schweigen.
In einer wissenschaftlichen Publikation, den „Beiträgen zur Naturkunde Niedersachsens“ 45. Jahrgang, Heft 1/1992, wurde darüber detailliert mit abgebildeten Röntgenbefunden berichtet; 19 lange Jahre also , in denen sich an der Tragweite des Problems nichts änderte. 19 Jahre, in denen die Jägerschaft mehr oder weniger erfolgreich versucht, den Abschuss geschützter Vogelarten in den EU- Schutzgebieten der Ems unter den Teppich zu kehren. Damit muss Schluss sein, zumal Jäger des Ökologischen Jagdvereins Niedersachsen-Bremen (ÖJV) sich klar von den unwaidmännischen Jagdmethoden der Wasservogeljagd distanzieren und ein sofortiges Verbot der Gänsejagd an der Ems fordern. Auch der ÖJV ist es leid, dass eine Schar unverbesserlicher Vogelschießer das Image der gesamten Jägerschaft ruiniert. Die Jagd an sich wird in einer aufgeklärten Gesellschaft nur dann toleriert, wenn sie sich „allen“ Zielen des Naturschutzes „unterordnet“. Daher gibt es zwischen dem Wattenrat und dem ÖJV keinen Dissens bei der Beurteilung der Zugvogeljagd an der Ems.
Der Prozess gegen Eilert Voß indes geht am 05. August 2011 vor dem Landgericht in Aurich in die zweite Runde, dann findet die Berufungsverhandlung statt. Wir weisen daher noch einmal auf das Spendenkonto zur Unterstützung von Eilert Voß hin:
Konto: Sparkasse Emden, BLZ 28450000
Kontoinhaber: Eilert Voß
Kontonummer: 121036313
Stichwort: „Gänsewacht/ Wattenrat“