Niedersächsischer Heimatbund legt „Rote Mappe“ vor: Kritik am Zustand des Nationalparks Wattenmeer- Persilschein der Landesregierung für Nationalparkverwaltung

Kitesurfer vertreiben Rastvögel aus strengster Schutzzone: Upleward, LK/Aurich

Jährlich erscheint die „Rote Mappe“ des Niedersächsischen Heimatbundes (NHB) u.a. zum Zustand der Natur, die der Landesregierung vorgelegt wird. Die antwortet darauf mit der „Weißen Mappe“, ein jahrzehntelanger Dialog-Pingpong ohne Folgen. In diesem Jahr wurde der Zustand des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer aufgegriffen, im Detail die fragwürdige Genehmigungspraxis der Nationalparkverwaltung bei der Genehmigung von Kitesurferflächen in den Zwischenzonen, wo die Verwendung von Drachen eigentlich ausdrücklich verboten (!) ist. Der Wattenrat hat seit Jahren auf diesen Missstand im Nationalpark hingewiesen   (Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Immer mehr Kitesurfer, Peterchens Irrfahrt im Weltnaturerbe )

Die Ostfriesen Zeitung greift dieses Thema nun auf, aber nur auf der Regionalseite Emden, obwohl die Kritik an der Nationalparkverwaltung eigentlich von landesweitem Interesse ist: „Daher fordert der NHB – wie auch seit langem schon Naturschützer – von der Landesregierung, die Genehmigung für die kritischen Gebiete, also auch Upleward, zurückzuziehen.“
Mit  „Naturschützer“ ist der Wattenrat gemeint, der die Missstände öffentlich machte, der aber mal wieder in der OZ  verschwiegen wird.

„Anders als der NHB hat die Landesregierung keine Bedenken gegen die Kitesurf-Genehmigung für Upleward. Es wird auf das Gutachten verwiesen, aus dem hervorgeht, dass dort Kitesurfen die Vogelwelt nicht erheblich beeinträchtigt (die OZ berichtete).Jeder Befreiungsantrag werde sorgfältig geprüft und sei verbunden mit Bestimmungen zur Markierung, Kontrolle, Überwachung und zum begleitenden Monitoring“, so die Berichterstattung.

Das „Gutachten“ wurde entgegen den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 34) nicht vor der Genehmigung, sondern nachdem die vollendeten Tatsachen geschaffen waren, von einem ehemaligen Mitarbeiter des NABU-Ostfriesland gefertigt, der wegen Verstößen gegen die Tierhaltung zu einer Geldbuße verurteilt und dann vom NABU entlassen wurde. Der „Gutachter“ kennt den Nationalparkleiter persönlich gut. Es liegt nahe, dass es sich um Gefälligkeitsgutachten gehandelt hat.  Der Landkreis Aurich als Untere Naturschutzbehörde kritisierte öffentlich die Ausweisung der Fläche in Upleward.

Der Wattenrat hat dagegen dokumentiert, das dort tatsächlich die Kiter zu erheblichen Störungen an den Brut- und Rastflächen in der strengsten Schutzzone auf der Muschelbank führen; zudem wurden an der gesamten niedersächsischen Nationalparkküste Kitesurferflächen von Cuxhaven bis Emden ohne die vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfungen ausgewiesen, nicht nur in Upleward im Landkreis Aurich. Eine Kontrolle findet eben nicht statt, 6 Ranger ohne Kompetenzen, Fahrzeuge oder Boote sollen fast 3.500 qkm Nationalparkfläche überwachen, ein hoffnungsloses Unterfangen. In Upleward gibt es keine Ranger, die „Kontrolle und Überwachung“ geschieht durch die Kiter selbst und durch Angestellte der Gemeinde, die den Surfspot bei der Nationalparkverwaltung beantragt hat.

So wird wieder einmal in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, alles sei im Lot in diesem „Weltnaturerbe“ Wattenmeer, nur hat es mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Und man macht weiter wie bisher, bis zur nächsten „Roten Mappe“, die „Weiße Mappe“ ist dann wieder der Persilschein für die angeblich „saubere“ Natur“ in Niedersachsen.

Ostfriesen Zeitung, Online und Print, S.19 (nur Teil Emden!),
31.Mai2011
Heimatbund sorgt sich um NationalparkDie Genehmigung für den Trendsport wurde verlängert. Laut Gutachten ist er mit dem Schutzgedanken vereinbar.Von Ute KabernagelUpleward – Der Niedersächsische Heimatbund (NHB) kritisiert, dass Kitesurfen in dafür ausgewiesenen Revieren des Nationalparks Wattenmeer erlaubt wird. In der aktuellen Roten Mappe bemängelt der Dachverband der mit Heimatpflege tätigen Vereine und Institutionen die Genehmigungspraxis der Nationalparkverwaltung und geht dabei auch auf das Gebiet am Trockenstrand in Upleward ein. Die dortige Erlaubnis zum Kitesurfen wurde inzwischen verlängert, erklärte die Nationalverwaltung auf Anfrage.Laut NHB weicht das ursprüngliche Ziel der Nationalparkverwaltung,durch Ausweisung bestimmter Reviere den Sport in verträgliche Bahnen zu lenken, zusehens auf. Den Befreiungsanträgen von Kommunen, innerhalb der Wattenmeergebiete mit dem Schutzstatus „Zwischenzone“ Kitesurfen zuzulassen, werde regelmäßig stattgegeben, wenn auch mit Auflagen und in verringertem Umfang.

„Was anfangs noch als Lenkung der Nutzung in wenige störungsunempfindliche Nationalparkbereiche gedacht war, entwickelt sich mittlerweile zu einer breit gestreuten Umwandlung von Schutzzonenbereichen in ,vogelfreie Sportreviere“, urteilt der NHB in seiner Roten Mappe. Was ihm besonders missfällt: Auch für Gebiete, die als störungsempfindlich gelten, werden Anträge gestellt und genehmigt.


Als ein Beispiel dafür nennt der NHB Upleward mit der Muschelschillbank in der angrenzenden Ruhezone, die viele Rastvögel nutzen. Daher fordert der NHB – wie auch seit langem schon Naturschützer – von der Landesregierung, die Genehmigung für die kritischen Gebiete, also auch Upleward, zurückzuziehen. Die Einhaltung des Verbots sollte von der Nationalparkwacht und der Wasserschutzpolizei kontrolliert werden. Beide seien für die Aufgabe logistisch und personell auszustocken.
Anders als der NHB hat die Landesregierung keine Bedenken gegen die Kitesurf-Genehmigung für Upleward. Es wird auf das Gutachten verwiesen, aus dem hervorgeht, dass dort Kitesurfen die Vogelwelt nicht erheblich beeinträchtigt (die OZ berichtete).Jeder Befreiungsantrag werde sorgfältig geprüft und sei verbunden mit Bestimmungen zur Markierung, Kontrolle, Überwachung und zum begleitenden Monitoring. In der Antwort des Landes (Weiße Mappe) heißt es außerdem: Es muss sichergestellt sein, dass die Befreiungen jederzeit widerrufen werden können, wenn es aus Gründen des Naturschutzes zwingend erforderlich wird. Die Kitesurfzone in Upleward ist zunächst bis 2013 genehmigt. Dann soll für alle Reviere im Nationalpark Wattenmeer auf Grundlage des Monitorings und anderer Erfahrungen eine Gesamtbilanz gezogen werden. Ziel sei, zukünftig nur noch dort Kitesurfen zuzulassen, wo der Sport „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und nachweislich“ die Schutzgüter des Nationalparks nicht beeinträchtigt. Das könne auch bedeuten, dass bisher befreite Kitesurfzonen aufgrund neuer Erkenntnisse zukünftig keine neue Zulassung mehr bekämen.
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