Wiesen- und Kornweihen sind äußerst bestandsbedrohte Greifvogelarten in Deutschland. Sie sind Bodenbrüter, die im Gras oder Getreide versteckten Nester oder Jungvögel werden leicht von Fahrern landwirtschaftlicher Maschinen übersehen und so häufig vernichtet. Seit einigen Jahren kommt als neue Gefährdung der Zubau der Landschaft mit Windkraftanlagen hinzu, in deren Rotoren die Altvögel geraten können oder durch das „Barotrauma“, den unterschiedlichen Luftdruck vor und hinter dem Rotor durch einen Lungenriss zu Tode kommen können. Verunglückt ein Altvogel, ist die Brut verloren, weil nicht genug Futter herangeschafft wird. Im Landkreis Aurich, wo sich mehr als fünfhundert Windkraftanlagen drehen, gibt es mehrere dokumentierte Fälle von Weihen als Anflugopfer. Schon im letzten Jahr kam an der gleichen Stelle eine Wiesenweihe ums Leben.
In der Krummhörn im Landkreis Aurich wurde jetzt von der Unteren Naturschutzbehörde verfügt, dass eine Anlage, in deren Nähe eine Wiesenweihe brütet, vorübergehend bis zum 01. August nachts von vier Uhr morgens bis 22 Uhr abgeschaltet wird. Das führte erwartungsgemäß zu Protesten des Betreibers. Die Anlage „Hof Groteland“ gehört der Touristik GmbH Krummhörn, einer Tochtergesellschaft der Gemeinde Krummhörn. Der Bürgermeister der Gemeinde Krummhörn, Johann Saathoff (SPD), machte umgehend finanzielle Einbußen von „geschätzten 60.000 Euro“ geltend.
Bürgermeister Saathoff betrachtet Naturschutzbelange in seiner Gemeinde offensichtlich als überflüssig: Er setzte sich bereits 2009 in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung über das geltende Nationalparkgesetz hinweg. In seiner Gemeinde wurde in Upleward in der Zwischenzone des Nationalparks trotzt des eindeutigen gesetzlichen Verbotes eine Kitesurferzone eingerichtet, über eine „Befreiung“ von den Vorschriften des Nationalparkgesetzes, in unmittelbarer Nähe einer bedeutenden Rast- und Brutfläche für Watvögel!
Damals meldete sich der Landkreis Aurich als Untere Naturschutzbehörde mit seinem stellvertretenden Landrat Puchert öffentlich zu Wort und argumentierte ebenfalls mit erhebliche naturschutzfachliche Gründen gegen den Kiterstandort in Upleward und den die zu erwartenden weiteren Genehmigungen in den Schutzzonen im Landkreis Aurich an. Darüber setzte sich die Nationalparkverwaltung hinweg. Kurz darauf besuchte die SPD-Kreistagsfraktion Aurich die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven und erklärte zusammen mit dem Auricher Landrat Theuerkauf (SPD), dass man die Kiterfläche in Upleward entgegen der Auffassung der eigenen Unteren Naturschutzbehörde für „unbedenklich“ halte. Theuerkauf ist, man höre und staune, Vorsitzender des Nationalparkbeirates.
Das „Jahrzehnt der Biodiversität“ ist in der Gemeinde Krummhörn sowie in der SPD nach wie vor ein Fremdwort, es geht um Bares, im wahrsten Sinne des Wortes ohne Rücksicht auf Verluste.
Ostfriesen Zeitung, online, 26. Mai 2011
Krummhörn
Vogel stoppt Windrad in der Krummhörn Der Landkreis verfügt die Abschaltung, weil seltene Wiesenweihen von der Anlage bedroht sein sollen. Zwei Pärchen dieser vom Aussterben bedrohten Greife brüten in unmittelbarer Nähe der Mühle, die der Gemeinde gehört. Bürgermeister Johann Saathoff beziffert den Verlust auf geschätzte 60 000 Euro. […]