Die „Zeiger“ Mühle in Bensersiel: Wer entsorgt das Fundament?

Das alte Fundament der versetzten Mühle (Hintergrund) rottet seit 1998 immer noch vor sich hin

Diese Mail erhielt heute der Wattenrat:

… am Mittwoch war ich bei Hermann Zeiger, um das Fundament der alten „Zeiger-Mühle“ zu fotografieren. Das Fundament ist auch jetzt (ca. 10 Jahre nach Versetzen der Anlage) immer noch da. Wenn jemand von Rückbau-Verpflichtung spricht, zeige ich immer gern auf dieses Fundament. Beim Bauamt der Stadt Esens sagte man mir, daß Esens nicht zuständig sei der Kreis sei Genehmigungsbehörde. Beim Kreis Wittmund (Bauamt Herr Janßen) ist man der Meinung, daß auch der Kreis keine Handhabe hat, das Fundament beseitigen zu lassen. Genehmigt worden sei diese „Altanlage“ durch das Gewerbeaufsichtsamt. Also – keiner zuständig. […]

Einige werden sich an die sog. „Zeiger“-Windkraftanlage in Oldendorf/Bensersiel erinnern, die 1998 nach jahrelangem Rechtsstreit versetzt werden musste, weil sie nur 170m vom Wohnhaus der Familie Zeiger genehmigt und betrieben wurde. Es gab erhebliche und unerträgliche Lärm- und Schattenwurfprobleme im Hause der Zeigers. Die Geschichte ging durch ganz Deutschland, in Printmedien, im Rundfunk und im Fernsehen wurde berichtet. Gertrud Zeiger verstarb über den vierjährigen zermürbenden Rechtsstreit. Ein damaliger Richter des VG Oldenburg rügte die Genehmigungspraxis bei einem Ortstermin im Beisein vom heutigen Ehrenlandrat Henning Schultz, der als damaliger Hauptverwaltungbeamter des LK Wittmund für diese skandalöse Gefälligkeitsgenehmigung für einen Landwirt mitverantwortlich war, aufs Schärfste. So etwas sei ihm in seiner ganzen Berufslaufbahn noch nicht vorgekommen, so der Richter.

Schließlich musste die WKA nach einem Gerichtsbeschluss mit einem Kostenaufwand von ca. 300.000 DM um 547 m auf ein neues Fundament versetzt werden, mitten in ein EU-Vogelschutzgebiet hinein! Das alte Fundament ist aber auch nach 13 Jahren seit der Mühlenversetzung immer noch nicht beseitigt, es fühlt sich keiner zuständig.

Was auch die windkraft-geneigte Presse interessieren sollte: Was geschieht eigentlich mit den hunderten riesigen Mühlenfundamenten in Ostfriesland (oder den über zwanzigtausend in Deutschland), wenn die Anlagen in wenigen überschaubaren Jahren abgängig sein werden? Was geschieht mit den Fundamenten jetzt, die „repowert“ werden sollen? Bleiben die Grundstückseigentümer auf den beträchtlichen Entsorgungskosten sitzen?

Die Stahlbeton-Altlasten von morgen spielen den Betreibern heute riesige Gewinne über das Erneuerbare Energien Gesetz ein, zu Lasten aller Stromkunden über die Zwangsabgabe aus dem EEG, da müsste doch eigentlich die Entsorgung alter Fundamente mit von den  Betreibern als Verursacher komplett übernommen werden, eigentlich!

Landwirte, Kommunen und Betreiber bekommen bei Windkraftanlagen glitzernde Euro-Zeichen in den Augen. Landwirte wegen der Pacht, Kommunen wegen der Gewerbesteuer und die Betreiber sowieso. Wenn eine Betreibergesellschaften mit 25.000 Euro Einlage ein GmbH gründet, ist sie mit diesem Geld aus dem Schneider, haben aber Millionen zu Lasten der Allgemeinheit (und der Landschaft) gescheffelt. Bleiben dann die Raffkes aus Landwirtschaft und Kommunen auf den Kosten für die Fundament-Entsorgung sitzen oder werden während der Laufzeit der WKA vertraglich vereinbarte Rücklagen zur Entsorgung gebildet? Das Beispiel der „Zeiger“-Mühle stimmt nicht gerade optimistisch.

Fundament Enercon E-66 im Wind"park" Westerholt: Außendurchmesser 16,2 m, Höhe 4 m, Betonmenge 460 cbm, Stahl 33 t

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, 13. Juni 1998

Zeiger-Mühle in einem Stück transportiert – Ende des vierjährigen Kampfs als Medienereignis
EUJ- Oldendorf. Als „Zeiger-Mühle“ machte das Windkraftwerk in Bensersiel bei Oldendorf bundesweit Schlagzeilen. Als es gestern von seinem Standort abtransportiert wurde und damit ein vierjähriger Kampf der Familie Zeiger gegen die Anlage vor ihrem Haus zu Ende ging, war das auch ein Medienereignis.
Der NDR und Sat 1 waren mit Kamerateams vertreten, als die Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 35 Metern, in einem Stück an einem gewaltigen Raupenkran hängend „auf Wanderschaft“: quer durchs Land zu ihrem neuen Standort ging. Dazu setzte die Oldenburger Firma Wittrock einen·Kran ein, dessen Ausleger auf 156 Meter hoch ausgefahren werden kann. Er hatte mit der Windkraftanlage 70 Tonnen zu heben. Zentimeterweise ging die Fahrt über 547 Meter zum neuen Standort, der 640 Meter vom Haus der Zeigers entfernt liegt.
Folkmar Lüpkes, einer der vier Betreiber der Windkraftanlage, bezifferte die Kosten für die Versetzung auf 300.000 Mark, die wahrscheinlich die Betreibergesellschaft aufbringen muß. Zwar will man versuchen, den Landkreis Wittmund in Regreß zu nehmen. Viel Hoffnung haben die Betreiber aber selbst nicht.

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund,  13. Juni 1998

Transport der Zeiger-Mühle eine Meisterleistung
Starker Wind und nasser Boden bereiteten der Versetzung gestern erhebliche Probleme
Einspruch auch gegen den neuen Standort
-EUJ- Oldendorf. Es war schon eine technische Meisterleistung, die das Team der Oldenburger Firma Ulferts & Wittrock unter der Leitung von Rolf Diebel gestern bei der Versetzung der als Zeiger-Mühle bundesweit bekannt gewordenen Windkraftanlage in Oldendorf bei Bensersiel vollbrachte.
Vor allem der nasse Boden und gestern zusätzlich starker Wind bereiteten erhebliche Probleme. Der Termin konnte jedoch nicht verschoben werden, weil die Kräne nur jetzt zur Verfügung standen.

Nach einem Tag Vorbereitung, wobei ein gewaltiger Raupenkran und drei zusätzliche Teleskopkräne aufgefahren und für deren Standfestigkeit Stahlplatten bis zu 15 Zentimeter Dicke ausgelegt wurden, dauerte es gestern bis zum Mittag, bevor der Wind soweit abgeflaut war, daß die Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 35 Metern au den Raupenkran gehängt werden konnte, ohne ins Schaukeln zu geraten. 80 Schrauben mußten gelöst werden, bevor der Kran die Mühle in einem Stück aus der Verankerung vom Fundament hob.

Dann ging die Reise Zentimeter für Zentimeter über 547 Meter zum neuen Standort. Alle paar Meter mußten die zusätzlichen Kräne die Stahlmatten nach vorn transportieren, um dem Raupenkran eine feste Fahrbahn über die nasse Weide zu gewährleisten. Zahlreiche Zuschauer verfolgten das Spektakel. Theo Stielfsen aus Holtgast sorgte mit seinem „Schlemmergrill“ dafür, daß fast so etwas wie Volksfestatmosphäre aufkam. Sicherlich nicht bei den Betreibern, die mit Kosten von immerhin 300.000 Mark rechnen.

Und auch nicht bei der Familie Zeiger, auf deren erfolgreiche Klage hin durch Urteilsspruch des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg die Versetzung durchgeführt wurde. Vier Jahre kämpften die Zeigers gegen die 170 Meter von ihrem Haus entfernt stehende Anlage, deren Geräusche, Schattenwurf und Lichtblitze ihnen das Leben vergällte. Freude wollte bei ihnen auch gestern nicht aufkommen. „Vier Jahre gekämpft, das sitzt in den Knochen. Und optisch behalten wir die Mühle vor Augen“, meinte Hermann Zeiger. Die Zeigers haben denn auch Widerspruch gegen den neuen Standort eingelegt, auch aus Gründen des Naturschutzes,
wie sie betonen. Das läßt Georg Taddigs, Verpächter des neuen Standorts allerdings nicht gelten. Gerade aus Naturschutzgründen sein der neue Standort außerhalb des Oldendorfer Hammers ausgewählt worden. Der neue Standort, ehedem intensiv genutztes Ackerland, war zunächst als Ausgleichsfläche zur Verfügung gestellt worden. Die Ausgleichsfläche wurde inzwischen in den Oldendorfer Hammer verlegt.

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