Wir berichteten über die Schlickverflüssigung und Auswirkungen im Emder Hafen sowie die Preisverleihung „Ems-Award“ der Wattenschutzorganisation „Waddenvereniging“ und der BI „Rettet die Ems“ an einen Emder Unternehmer, zu früh, wie wir meinen. Nun griff auch die Ostfriesen Zeitung das Thema detaillierter auf, nachdem sie die Bedenken des Wattenrates in der dpa-Meldung vom 15. Oktober 2010 über die Preisverleihung einfach unterschlagen hatte.
Die Forderung, die Meyer Werft mit ihren Riesenschiffen vom binnenländischen Papenburg an die Küste zu verlagern und so tatsächliche Verbesserungen am Ems-System herbeizuführen statt ständig an den durch Meyer verursachten Symptomen herumzubasteln, nannte die OZ-Redakteurin ein „Totschlagargument“. Die Ems sei ohnehin eine Bundeswasserstraße, und dort müsse eben gebaggert werden. Was die Rechercheleistung der Dame überforderte: Die Ems ist zwar Bundeswasserstraße, aber die sukzessive Vertiefung der Ems bis schließlich auf offiziell 7,30 m für die riesigen Musikdampfer der Meyer Werft hat erst zu den enormen Schlickproblemen geführt. Der Schiffbau von Schiffen mit einem solchen Tiefgang gehört zweifelfrei an die Küste, nicht in einen Fluss! Dazu kommt das Ems-Stauwerk, das für den Aufstau der Ems nur für die Meyer Werft gebaut wurde, das aber zur Beruhigung der EU-Kommission im offiziellen Sprachgebrauch elegant als „Sperrwerk“ für den Küstenschutz umdeklariert wurde. Die Werft als Ursache bleibt also wieder einmal außen vor, als Anzeigenkunde ist Bernard Meyer eben König auch in der Presse. Woher die OZ-Redakteurin die Erkenntnis in ihrem Kommentar nimmt, manche Naturschützer lehnten die Methode von vornherein ab, bleibt ihr Geheimnis, von „Ablehnung“ war nie Rede.
Die Methode ist zudem seit Jahren als „Wasserinjektion“ bekannt, „bremenports“ benutzt dieses Verfahren seit langem in Bremerhaven. Dipl.Ing Rewert Wurpts vom Niedersächsischen Hafenamt Ems-Dollart veröffentlichte bereits 2003 in der Oktoberausgabe der Zeitschrift `Hansa ` einen Beitrag zu „fluid mud“: „Bestimmung der nautischen Sohle durch Anwendung rheologischer Parameter- 15 Jahre Erfahrung mit fluid mud“.
Es sollte aber nicht vergessen werden, dass alleine die Ingenieurssicht und technische Bewertung zu dem gegenwärtigen desolaten Zustand des Flusses Ems geführt haben, immer im Auftrag einer völlig verfehlten Politik, die aus einem Fluss einen Meyer-Kanal gemacht hat. Immer neue technische Reparaturen haben dem Fluss bisher nicht geholfen. Die Folge sind das Verschwinden vieler Fischarten, die enorme Fließgeschwindigkeit, die höheren Tidewasserstände, Sackungen an den Deichen und Schäden an Häusern; alles bezahlt aus Steuermitteln. Die veröffentlichte Wahrnehmung beschränkt sich im Wesentlichen auf einseitigste Berichterstattung über glitzernde Luxusliner und gaffende, überwiegend fehlinformierte Menschenmassen an den Emsufern; dass dafür ein Flusssystem zerstört wurde, bleibt nur Randnotiz.
Zweifel sind also erlaubt, ob dieses Verfahren an der viel befahrenen Ems, die durch die Ausbaggerungen eine Strömung von drei bis nun zu über fünf Knoten aufweist, praktikabel ist und dem Fluss hilft, nicht nur der Ausgabenreduzierung. Ähnliche Zweifel werden von der Wasserschifffahrtsdirektion (WSD) geäußert, die Schlickverflüssigung an der Ems befindet sich noch in einer kleinräumigen und wenig aussagekräftigen Testphase. Vor allem sind Zweifel angebracht, ob ausgerechnet eine Wattenschutzorgansisation und eine BI einem Emder Unternehmer mit einer Preisverleihung dazu verhelfen, an den Markt zu kommen.
Ostfriesen Zeitung, S.13, 23. Oktober 2010
Schlick: Suche nach dem Stein der Weisen
VERKEHR Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest testet in der
Außenems Sedimentverflüssigung
Die Ablagerungen müssen nicht mehr verklappt werden, sondern bleiben an Ort und Stelle. Nach Berechnungen des Emder Unternehmers Dr. Norbert Greiser lassen sich mit dieser Methode die Baggerkosten halbieren.
VON MARION LUPPEN
OSTFRIESLAND – 15 bis 20 Millionen Euro kostet es den Bund Jahr für Jahr, die Fahrrinne der Ems zwischen Papenburg und Borkum vom Schlick zu befreien. Baggerschiffe saugen die Ablagerungen vom Emsgrund und bringen sie auf Spülfelder oder zur Verklappung in die Außenems. Eine Sisyphus- Arbeit, denn schon mit der nächsten Flut kommt neuer Schlick
in die Ems. Die Emder Firma Sediment Management Consulting (SMC) kennt eine bessere Methode: Sedimentverflüssigung.
[…] Statt den Schlick mit hohem Aufwand zu entfernen, lässt man ihn an Ort und Stelle und verflüssigt ihn, so dass er schiffbar wird und nicht mehr stört. […] „Wir setzen uns sehr ernsthaft mit dieser Möglichkeit auseinander“, sagte auf Anfrage der OZ Wilfried Rodiek, Leiter des Dezernates „Regionales Management“ bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Nordwest in Aurich. Man habe das Verfahren in Zusammenarbeit mit der Firma SMC seit dem vergangenen Jahr in einem kleinen Abschnitt der Außenems im Emder Fahrwasser getestet. Die Auswertung laufe noch. Die Methode wird zwar seit Jahren im Emder Hafen angewandt, doch in der Außenems herrschen andere Strömungsverhältnisse. Die entscheidende Frage sei, so Rodiek, ob der verflüssigte Schlick tatsächlich an Ort und Stelle bleibt. „Der Schlick soll sich nicht auf Wanderschaft begeben.“ Noch in diesem Jahr will die WSD Nordwest mit dem Bundesverkehrsministerium entscheiden, ob es sich lohnt, die Methode im großen Stil zu testen. Für eine abschließende Beurteilung sei das jetzige Testgebiet nicht groß genug, erklärte Rodiek – „nur wenige hundert Meter“. Erst nach einem größeren Test zeige sich, ob die Methode eine echte Alternative zur Baggerei ist. […]
S. 14 KOMMENTAR
VON MARION LUPPEN
Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Die Emder Firma SMC kennt ein Verfahren, mit dem man das Schlickproblem der Ems in den Griff bekommt und die Hälfte der Baggerkosten spart: Schlickverflüssigung. […] Doch statt die Ergebnisse der Tests abzuwarten, lehnen manche Naturschützer die Methode von vornherein ab und sprechen von Herumdoktern an Symptomen. Um das Schlickproblem von Grund auf zu lösen, müsse die Überführung von Kreuzfahrtschiffen der Papenburger Meyer-Werft über die Ems gestoppt werden. […] Die Ems muss als Bundeswasserstraße ohnehin eine bestimmte – unnatürliche – Tiefe haben. Nicht nur für Meyer-Schiffe.
#edit 05. Dez. 2010:
Völlig unabhängig vom Wattenrat befürchten auch die Stadtwerke Leer erhebliche Probleme mit dem Schlickkonditionierungsverfahren:
Ostfriesen Zeitung, Seite 21, 25. November 2010, Teil Leer
Leer: Keine Sedimentverflüssigung in der Ems
Eine Emder Firma hatte dieses Verfahren vorgeschlagen, um Baggerkosten zu sparen.
VON GERWIN GRÄFE SCHIFFFAHRT Die Stadtwerke befürchten eine Zunahme des Schlamms im Hafen
LEER – Es klang wie der Stein der Weisen: Kein Ausbaggern mehr, sondern freie Fahrt auf der Ems auch für Ozeanriesen. Das Zauberverfahren heißt Sedimentverflüssigung (die OZ berichtete). Aus der Sicht von Stadtwerkechef Claus-Peter Horst ist die Methode jedoch ein Irrweg: „Unserer Hafen würde noch mehr verschlicken.“ Wie berichtet, kostet es den Bund pro Jahr 15 bis 20 Millionen Euro, die Fahrrinne der Ems zwischen Papenburg und Borkum auszubaggern. Langanhaltenden Erfolg zeitigte dieses Verfahren nicht. Mit der nächsten Flut wurde wieder neuer Schlick in die Ems geschwemmt. […]