Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seiner Weisheit hat mal wieder beim Naturschutz am Problem vorbei geurteilt:
Heute berichten viele Tageszeitungen über die Abweisung der Klage der Insel Wangerooge gegen den Wind“park“ Nordergründe im Wattenmeer, 15 km von der Insel und nur 560 Meter vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Biosphärenreservat, EU-Vogelschutzgebiet und UNESCO-Weltnaturerbe entfernt. Eine Berufung gegen das Urteil sei nicht möglich. Im Wattenmeer sollen 18 über 180 m hohe Anlagen entstehen. Die Deutsche Energieagentur DENA berichtet von 25 Anlagen. Die Zugvögel des Wattenmeeres kennen keine vom Menschen gezogenen Grenzen eines Nationalparks. Kollisionen, gerade bei unsichtigem Wetter, sind also abzusehen.
Wangerooge befürchtet lediglich optische Beeinträchtigungen für den Tourismus und die nicht von der Hand zu weisenden Gefahr von Schiffskollisionen mit den Windkraftwerken, mit erheblichen Folgen für die Inselstrände und die Küste. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte aber bereits 2008 entschieden, dass Nachteile für den Tourismus nicht zu belegen seien. Auch sei ein Risiko von möglichen Schiffshavarien nicht dem Windpark zuzurechnen. Auch auf die EU-Vogelschutzrichtline könne sich die Gemeinde nicht berufen.
Nun gab es aber noch einen kleinen Hoffnungsschimmer: Der BUND Landesverband Niedersachen hatte eine Klage gegen den Bau des Wind“parks in der Außenweser eingereicht. Darüber war es in den letzten Jahren sehr still geworden. Ein dpa-Redakteur hakte nach und erhielt die folgende bemerkenswerte Aussage vom BUND, die in die dpa-Meldung vom 17. September 2010 einfloss:
„Wir versuchen, uns zu einigen. Der Prozess ist weit vorangeschritten, eine Einigung sei voraussichtlich zum Jahresende zu erwarten“, sagte Carla Juhre vom BUND in Hannover. Es seien noch nicht alle Fragen geklärt, sagte Cerstin Kratzsch vom Bremer Energiekontor.
Diese Nummer haben wir vom finanziell klammen BUND schön öfter gehört. Heißt das etwa verhandeln, bis Geld fließt und dafür auf die Klage verzichtet wird? An der Ems, beim Sommerstau der Meyer Werft, hat der BUND im letzten Jahr vorgemacht, wie man eine Klage innerhalb von wenigen Wochen zurückziehen kann. Wo bleibt eigentlich der Protest von vierzehn „anerkannten“ Naturschutzverbänden in Niedersachsen, zu denen auch die Jägerschaft und die „Sport“fischer gehören?
Auch der Wattenrat kam in der dpa-Meldung zu Nordergründe vor:
Naturschützer sehen nahe an der Küste gelegene Windparks wie Nordergründe vor Wangerooge oder Riffgat vor Borkum als besonders kritisch. Nordergründe sei nur einen halben Kilometer von den Grenzen des Nationalparks entfernt und gefährde viele Vögel, kritisierte der regionale Wattenrat in Ostfriesland. Die Behörden hätten Zahlen über gefährdete Sterntaucher in dem Gebiet schöngerechnet, sagte Wattenrat-Sprecher Manfred Knake. Er verwies zudem auf Gutachten, wonach das Gebiet eine große Bedeutung für den internationalen Vogelzug habe.
Nur gelang diese nicht in die Tageszeitungen an der Küste, es wurde den Lesern und Leserinnen einfach unterschlagen. Hintergrund sind die derben Manipulationen der Seevogelzahlen durch das niedersächsische Umweltministerium. Federführend ist dabei der Referatsleiter Naturschutz mit Stasi-IM-Hintergrund, Ministerialrat Bernd-Karl Hoffmann. Nur mit dem Schönrechnen der Seetaucherzahlen kann man Ärger mit EU-Kommission wegen der möglichen Verletzung der EU-Vogelschutzrichtlinie vermeiden, was nicht passte, wurde also manipulativ passend gemacht, Hauptsache, auf dem Papier stimmt alles. Auch die seit Jahren öffentlich bekannten Manipulationen hätten die Gerichte interessieren müssen, haben es aber nicht.
Bei der Kollision eines Tankers mit den künstlichen Riffen der Windkraftanlagen an einem Schifffahrtsweg wird vermutlich niemanden mehr die völlige Fehleinschätzung der Gerichte interessieren „auch sei ein Risiko von möglichen Schiffshavarien nicht dem Windpark zuzurechnen“, ja wem denn sonst? Vorher stand da nichts im Wege.
Aber die Welt kommt wieder in Ordnung: Zum zweiten Mal lädt die Nationalparkverwaltung zu Zugvogeltagen ein. Vom 9. bis 17. Oktober können Naturinteressierte auf fast 150 Veranstaltungen zwischen dem Dollart und Cuxhaven den Vogelzug hautnah erleben. Geboten werden Exkursionen, Vorträge, Filme, Kunst, Literatur und kulinarische Spezialitäten aus den Ländern des Vogelzuges. Das Programm steht unter www.zugvogeltage.de. Die durch Windkraftanlagen gefährdeten Zugvögel im Wattenmeer werden mit Sicherheit kein Thema sein.
Links:
* Offshore-WKA tödlich für Vögel, Forschungsergebnisse des Minos- Projekts http://www.wattenrat.de/wind/wind83.htm