Eilert Voß war wieder unterwegs. Immer wenn er auf Tour im Watt ist, sieht er etwas, das es wert ist, veröffentlicht zu werden. Er ist unverzichtbar für die Wattenrat-Arbeit. Hier sein Bericht aus dem niederländischen Teil des Dollart, der Meeresbucht zwischen Emden und Delfzjil, Teilbereich des „Weltnaturerbes“ und ausgewiesenes Seehundschutzgebiet, vom 15. August 2010:
Seevermessung im Dollart
Seit dem 10. August 2010 beobachtet der Wattenrat im Dollart ein Wasserfahrzeug der Vermessungsfirma GEO- Ingenieurservice. Jeweils um die Hochwasserzeit befährt das Peilboot „GEOID“ (6,90 m lang, 115 PS-Außenbordmotor, 20 Kn Höchstgeschwindigkeit) die Hauptpriele des niederländischen Teil des Dollarts. Augenscheinlich wird eine Vermessung der Zuflüsse zur Aa durchgeführt. Am 11. August 2010 bemerkte ich auf den ungefähren Koordinaten 53 Grad17 Min. 26 Sek. (Nord), 7 Grad 6 Min. 28 Sek. (Ost) das extrem schnell fahrende Vermessungsboot „GEOID“ zwischen der Reider- und Heringsplaat.
Das Gebiet ist für jeglichen Sportbootverkehr gesperrt und deutlich mit Sperrgebietstonnen bezeichnet. Das Seehundschutzgebiet bildet einer der Kernzonen der UNESCO- Welterbefläche des Dollarts. In dieser Zone gebären Seehunde im Sommer ihren Nachwuchs. Um genau 17 Uhr 20 befährt das Peilboot, von Süden kommend, mit hoher Geschwindigkeit die Rinne östlich der Reiderplaat und nähert sich etwa 210 ruhenden Seehunden. Obwohl alle Seehunde die Köpfe heben, reduziert der Skipper der „GEOID“ die Geschwindigkeit nicht!
Vom Punt van Reide wurde zweifelsfrei beobachtet, dass ALLE Seehunde in Panik von der Sandbank flüchteten. Von den ungestörten Seehunden wurden wenige Minuten vor ihrer Vertreibung mehrere Bilder angefertigt. Zusätzlich gelangen von dem Vermessungsschiff und den flüchtenden Seehunden beweiskräftige Fotos, die den niederländischen und deutschen Behörden auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.
Nach meiner Einschätzung wäre die Störung vermeidbar gewesen, wenn die Besatzung der „GEOID“ rechtzeitig das Tempo gedrosselt oder im Nahbereich der Seehunde einen größeren Abstand gewahrt hätte. Es ist zu vermuten, dass die Mitarbeiter der Firma GEO- Ingenieurservice auf ihren besonderen Einsatz in einem Seehundschutzgebiet NICHT vorbereitet worden sind und man den unsensiblen „Rasern“ zur See keinen ortskundigen Ranger zur Beratung zuwies.
Der Wattenrat bittet die niederländische Genehmigungsbehörde, der Vermessungsfirma GEO- Ingenieurservice per sofort, das Befahren der Seehundschutzzone zu untersagen und für eine naturverträgliche Erfassung von Gewässerdaten zu sorgen.
Bilderserie von der heranrasenden „GEOID“:
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Nachtrag der Redaktion:
Das Gebiet wird vom niederländischen Landwirtschaftsministerium mit dem Überwachungsschiff „HARDER“ in unregelmäßigen Abständen kontrolliert. Die Schiffsführer sind als Umweltpolizisten befugt, Bußgeldbescheide auszustellen. Die „Harder“ wurde bis zu seiner Pensionierung vor einigen Jahren auch von John de Boer gefahren, der im Wattenrat mitarbeitet. Ein Porträt von ihm aus dem Jahr 2003 ist hier nachzulesen.
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edit, 17. Aug. 2010: Heute erhielten wir vom Geschäftsführer der Geo Ingenieurservice Group, Herrn Kipfmüller, die folgende Mail, zu der anzumerken ist, dass auch Aufträge „im öffentlichen Auftrag“ Naturschutzbestimmungen nicht außer Kraft setzen:
„Wir werden unsere Schiffsführer nochmals besonders unterweisen, dass mit entsprechender Rücksichtnahme zu manövrieren ist. Zu Ihrer Information: Die Vermessungsleistungen werden im öffentlichenAuftrag ausgeführt.“